Expert*innen des Europarats kritisieren Ungarns Gesetz gegen LGBTIQ

Es trage dazu bei, ein «bedrohliches Klima» für schwule, lesbische oder trans Kinder zu schaffen

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Foto: John Thys/AFP Pool/AP/dpa)
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Foto: John Thys/AFP Pool/AP/dpa)

Verfassungsexpert*innen des Europarats halten das ungarische Gesetz zur Einschränkung von Informationen über LGBTIQ für unvereinbar mit den Menschenrechten.

Es schütze nicht vor Diskriminierung, sondern trage dazu bei, ein «bedrohliches Klima» für schwule, lesbische oder trans Kinder zu schaffen, erklärte die Venedig-Kommission des Europarats am Montagabend. In diesem Klima seien die Kinder und Jugendlichen Gesundheitsrisiken und Mobbing-Gefahren ausgesetzt.

In Ungarn dürfen Kinder keinen Zugang zu Informationen über nicht-heterosexuelle Lebensformen haben – sei es im Schulunterricht oder über Publikationen. Dies regelt ein Gesetz, das auf Betreiben der rechtsnationalen Regierung im Juni beschlossen wurde (MANNSCHAFT berichtete). Auch ist Werbung verboten, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil der Normalität erscheinen. Begründet wird das Verbot unter anderem mit dem Schutz von Kindern. Die EU-Kommission erwägt wegen dieses Gesetzes rechtliche Schritte gegen Ungarn.

Da das Verbot sich nicht auf pornografische oder obszöne Darstellungen beschränke und generell sehr weit gefasst sei, könne es auch die legitime Abbildung von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität verhindern, erklärten die Verfassungsexperten der angesehenen Venedig-Kommission. Gender, als Teil der persönlichen Identität, und Homosexualität seien von der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt. Staatliche Stellen dürften sie daher nicht als Verstösse gegen die Moral ansehen.

Ausserdem stehe das Gesetz im Widerspruch zum Menschenrecht auf Privatleben und auf Bildung. Es ebne einseitiger und tendenziöser Lehre den Weg und öffne Stigmatisierung und Diskriminierung von LGBTQI-Personen Tür und Tor. Die Venedig-Kommission berät die 47 Mitgliedstaaten des Europarats in verfassungsrechtlichen Fragen.

Kürzlich fanden in Budapest die MTV Europe Music Awards (EMA) statt. Geehrt wurde als Preisträgerin des MTV EMA Generation Change Award 2021 u.a. Viktória Radványi aus Ungarn (MANNSCHAFT berichtete). Die junge Aktivistin wurde dafür ausgezeichnet, sich mit Mut und Entschlossenheit für ihre Community einzusetzen und sich gegen gewaltsame Homophobie und Transphobie zu wehren,

Im kommenden Jahr wird in Ungarn gewählt. Die dortige LGBTIQ-Community hofft, dass sich die Lage für sie danach verbessert. Wir haben mit queeren Exil-Ungar*innen in Wien gesprochen.

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