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Erdoğan verteidigt Austritt aus Konvention zum Schutz von Frauen

Diskriminierung wegen sexueller Orientierung blendet der Präsident offenbar aus

Erdoğan
Erdoğan im Olympiastadion in Baku (Foto: Mcm/Turkish Presidency/dpa)

Trotz internationaler Kritik hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan den Austritt aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen verteidigt. Im März hatte es geheissen, das Abkommen sei von Menschen vereinnahmt worden, «die versuchten, Homosexualität zu normalisieren».

Er kündete am Donnerstag in Ankara zudem einen entschlossenen Kampf gegen Gewalt an Frauen an, den er persönlich unterstütze. Manche Kreise versuchten, den Rückzug aus der Konvention, der nun «offiziell» sei, als «Rückschritt» darzustellen, kritisierte Erdogan. «Unser Kampf gegen Gewalt an Frauen hat nicht mit der Istanbul-Konvention angefangen und endet auch nicht mit dem Rückzug aus dieser Konvention.»

Mit einem sogenannten «Aktionsplan» wolle man die Sensibilität der Gesellschaft für Gewalt gegen Frauen erhöhen. Erdogan erklärte, die Türkei habe ohnehin schon ein effektives Gesetz gegen Gewalt, ohne Unterschiede etwa in Religion, Geschlecht oder Rasse zu machen. Diskriminierung wegen sexueller Orientierung liess der Präsident aber in dieser Aufzählung aus.

Ankara am 29. Juni 2021: Ein Demonstrant wurde bei einer Kundgebung verletzt (Foto: Tunahan Turhan/SOPA Images via ZUMA Wire/dpa)

Unterdessen wurden bei der Pride Parade in der Hauptstadt Ankara am Dienstag mindestens 15 Menschen festgenommen, wie Reuters-Aufnahmen zeigten – wenige Tage nachdem Dutzende festgenommen worden waren, nachdem Behörden bei einer grösseren Parade in Istanbul mit Tränengas interveniert hatten (MANNSCHAFT berichtete).


Videoaufnahmen zeigten, wie Polizisten die Teilnehmer*innen des Marsches zerstreuten, von denen einige Regenbogenfahnen schwenkten, Transparente trugen und sangen, während sie durch die zentralen Strassen gingen.

Erdogan hatte im März per Dekret den Austritt aus der Konvention verkündet, der mit dem 1. Juli vollzogen wurde. Als Grund gab die türkische Führung an, das Abkommen sei von Menschen vereinnahmt worden, «die versuchten, Homosexualität zu normalisieren». Eine Klage gegen das Dekret hatte das Oberste Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

Die Istanbul-Konvention war 2011 vom Europarat ausgearbeitet worden. Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, Gewalt gegen Frauen zu verhindern und zu bekämpfen und dazu einen Rechtsrahmen zu schaffen. Erdogan selbst hatte die Konvention in Istanbul – dem Ort der finalen Einigung – unterschrieben, damals noch als Ministerpräsident. Später wurde sie in der Türkei ratifiziert.



Bettina Böttinger

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