Ehemaliger Vatikan-Escort wollte «Kreuzzug gegen Heuchelei» führen

Francesco Mangiacapra hat die «Heuchelei» der Priester satt. (Bild: Facebook)
Francesco Mangiacapra hat die «Heuchelei» der Priester satt. (Bild: Facebook)

Francesco Mangiacapra, der sieben Jahre als Callboy in Rom gearbeitet hat, wollte mit seiner spektakulären Outing-Aktion katholischer Priester Anfang März „keinen Kreuzzug gegen sie als Schwule oder als Priester führen, sondern gegen die Heuchelei”. Das sagt Mangiacapra in der am Mittwoch erscheinenden Ausgabe des stern.

In einem 1233 Seiten starken Dossier hatte Mangiacapra eindeutige Chatverläufe, Zahlungsbelege und explizite Fotos der betroffenen Prieser gesammelt und diese an Crescenzio Kardinal Sepe, dem Erzbischof von Neapel, weitergereicht. Schon Anfang des Monats hatte er erklärt, er wolle nicht zuletzt die Scheinheiligkeit der katholischen Kirche aufzeigen.

Im stern spricht er nun in einem ausführlichen Interview über seine Beweggründe. Mangiacapra, der selbst vor zehn Jahren aus der Kirche ausgetreten ist, sei nach und nach erst bewusst geworden, dass seine geistlichen Kunden eine Art Netzwerk gebildet hätten, in dem sie sich untereinander Callboys vermittelt hätten, berichtet er. „Es sind nicht einzelne verirrte Seelen, die ihre sexuelle Not befriedigen, sondern es hat System.” Zum Outing der etwa 40 – 50 betroffenen Priester entschloss er sich, nachdem er permanent mit der Doppelmoral seiner Klienten konfrontiert gewesen sei.

Ich habe jedes Recht der Welt, diese Doppelmoral öffentlich zu machen.

„Priester sind Leute, die sich eine moralische Funktion zuschreiben, auf ihren Kanzeln stehen und ein Weltbild predigen, gegen das sie selbst verstoßen”, sagt Mangiacapra. Er beansprucht aufklärerische Ziele für seine Aktion. „Ich weiß, das klingt immer seltsam, wenn ein Prostituierter sich als sozialer Vorkämpfer präsentiert, aber das ist meine Motivation. (…) Ich bin homosexuell und weiß, was es für die LGBT-Community bedeutet, dass unsere Gesellschaft von den Wertvorstellungen der Kirche geprägt ist. Es betrifft mich ganz persönlich, und ich habe jedes Recht der Welt, diese Doppelmoral öffentlich zu machen.”

Francesco Mangiacapra musste sich seine sexuelle Freiheit erkämpfen Als besonders unangenehm habe der 37-jährige Callboy es empfunden, mit welcher Überheblichkeit die Priester sich ihm gegenüber rechtfertigten. „Sie sind eher der Ansicht, dass ihnen das zusteht”, so Mangiacapra. „Das hat mich eben so zornig gemacht, schließlich musste ich mir meine sexuelle Freiheit erkämpfen. Sie nehmen sich das Recht aus einer Überheblichkeit heraus, obwohl sie es bei anderen verdammen.”

Trotz anonymer Drohungen und enormer Einbußen in seinem Geschäft, bereut Mangiacapra seine Aktion nicht. Dass Papst Franziskus auf Homosexuelle zugegangen ist, will Mangiacapra nicht anerkennen. „Dann hören Sie bitte genau hin: Er richtet nicht über Homosexuelle – solange sie keinen Sex haben. Nein danke, das ist kein Fortschritt.”

Der Vatikan entliess 2015 den polnischen Priester Krzysztof Charamsa, nachdem er sich als schwul geoutet hatte.

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