Ehe für alle ist durch den Ständerat – ohne Verfassungsänderung
Der Entscheid gegen die Verfassungsänderung fiel knapp mit 22 gegen 20 Stimmen
Der Ständerat sagt knapp Ja zur Ehe für alle ohne Verfassungsänderung. Nun geht die Vorlage zurück in den Nationalrat.
Mit 22 zu 15 Stimmen bei 7 Enthaltungen segnete der Ständerat die Ehe für alle ohne Verfassungsänderung ab. Aufgrund einer Verschärfung bei der Regelung des Elternrechts bei lesbischen Ehepaaren muss die Vorlage zurück in den Nationalrat, der voraussichtlich Anfang Jahr darüber befinden wird. Das dürfte jedoch nur eine Formsache sein.
Mit 22 zu 20 Stimmen sprach sich der Ständerat knapp gegen eine Verfassungsänderung aus. Bei einer Pattsituation hätte die Stimme des Ständeratspräsidenten Alex Kuprecht entschieden, die traditionellerweise zugunsten der Mehrheit der Rechtskommission ausfällt – in diesem Falle also für eine Ehe für alle auf Gesetzestufe. Der SVP-Mann liess vor der Abstimmung jedoch durchsickern, dass er gemäss seiner «persönlichen Überzeugung» abstimmen werde. Roman Heggli, Geschäftsführer von Pink Cross, hatte bereits im Vorfeld einen knappen Ausgang vorhergesagt (MANNSCHAFT berichtete).
Das Zünglein an der Waage spielte die FDP, notabene mit zwei Enthaltungen. CVP und SVP stimmten für die Verfassungsänderung.
Die Frage der Verfassungsänderung wurde durch ein Gutachten der Gegner*innen der Ehe für alle eingebracht. Geschichtlich gesehen sei das Institut der Ehe ausschliesslich für heterosexuelle Paare geschaffen worden, so die Argumentation der Juristin Isabelle Häner. In einer Medienmitteilung kritisierte das Komitee «Ehe für alle», dass das juristische Gutachten nur einseitig die historische Auslegung der Verfassung berücksichtige (MANNSCHAFT berichtete). Andere, gleichwertige Methoden der Verfassungsauslegung werden ausser Acht gelassen.
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Die Diskussion im Ständerat war lang und dauerte über zweieinhalb Stunden. Das von Artikel 14 der Bundesverfassung gewährte Recht auf Ehe und Familie reiche nicht, um die Ehe auf Gesetzesstufe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen, so der Ständerat Stefan Engler (CVP). «Die Ehe für alle gehört explizit in die Bundesverfassung geschrieben», sagte er.
Die Befürworter*innen – darunter Vertreter*innen von SP, Grüne und FDP – betonten, dass das Recht auf Ehe in der Bundesverfassung bewusst offen formuliert worden sei. Grund dafür seien unter anderem auch die Kirchen gewesen, die im 19. Jahrhundert geweigert hätten, Paare unterschiedlicher Konfessionen zu vermählen, so der Genfer Ständerat Carlo Sommaruga (SP).
Gegenüber der Version des Nationalrats sprach sich der Ständerat jedoch für eine präzisere und differenziertere Regelung des Zugangs zur Samenspende für lesbische Ehepaare und dessen Auswirkungen auf das Kindesverhältnis ausgesprochen. Die neue Formulierung umfasst den Parlamentsdiensten zufolge auch die nötigen Anpassungen im Fortpflanzungsmedizingesetz und möchte dem Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung besser Rechnung tragen, indem die Vermutung der Mutterschaft der Ehefrau nur bei der Samenspende und nicht generell eingeführt wird. Zudem soll die Anfechtungsklage bei der Samenspende ausgeschlossen werden.
Das Komitee «Ehe für alle» kritisiert die Verschärfung, da dadruch weiterhin viele Kinder rechtlich schlecht abgesichert seien. «Dass jedoch der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin in der Schweiz geöffnet wird und das so gezeugte Kind von Anfang an zwei Elternteile hat, darüber sind wir erleichtert», sagt Maria von Känel vom Komitee «Ehe für alle» in einer Medienmitteilung. «Zudem wird das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung sichergestellt und der Samenspender vor einer Vaterschaftsklage geschützt. Wir verlangen jedoch weitere Regelungen, so dass keine Kinder ohne rechtliche Absicherung ihr Leben beginnen müssen, seien ihre Eltern nun gleich- oder verschiedengeschlechtlich.»
Das Komitee «Ehe für alle» fordert nun das Parlament auf, die Differenzbereinigung noch in dieser Session vorzunehmen: «Es ist Zeit, dass wir LGBTIQ-Menschen Gleichberechtigung und Anerkennung erfahren. In der Mitte der Gesellschaft sind wir angekommen. Nun muss auch das Parlament dies auch in Gesetz verankern.»
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