Ehe für alle: Gott soll beim Referendum helfen
Zur Halbzeit der Referendumsfrist fehlt dem Nein-Komitee noch mehr als die Hälfte der benötigten Unterschriften
Das Unterschriftensammeln gegen die Ehe für alle geht nur schleppend voran, unter anderem wegen Lockdown und Corona-Massnahmen. Das rechtskonservative Referendumskomitee beklagt «Schikanen und Sabotageakte». Pink Cross warnt vor verfrühter Freude.
In einer Hinsicht kann die LGBTIQ-Community vom Lockdown profitieren: Die Corona-Massnahmen machen den Gegner*innen der Ehe für alle «ernsthaft zu schaffen», wie der Blick berichtet. Bis April hat das Nein-Komitee Zeit, 50’000 Unterschriften zu sammeln, damit das Referendum zustande kommt und das Schweizer Stimmvolk an der Urne über die Ehe für alle befinden muss. Schafft es das Komitee nicht, so können gleichgeschlechtliche Paare voraussichtlich ab 1. Januar 2022 heiraten und lesbische Ehefrauen erhalten Zugang zur Fortpflanzungsmedizin (MANNSCHAFT berichtete). Das Parlament hatte die Ehe für alle im Dezember 2020 verabschiedet.
Mit etwas Glück bleibt der Schweizer Community ein zäher Abstimmungskampf erspart und die Eheöffnung kann bereits im Frühling gefeiert werden. Wie das Referendumskomitee in einem Hilferuf an seine Unterstützer*innen schreibt, sei man im Unterschriftensammeln «deutlich im Rückstand». Die 100-tägige Referendumsfrist ist bereits zur Hälfte um, die 50-Prozent-Marke der benötigten Unterschriften noch nicht geknackt.
Zum gegnerischen Referendumskomitee zählen Politiker*innen aus EDU, SVP und vereinzelt auch aus der Mitte. Gegenüber dem Blick will EDU-Präsident Daniel Frischknecht keine Angaben über die Anzahl gesammelter Unterschriften machen. «Ich bin aber nach wie vor zuversichtlich, dass wir es schaffen», sagt Frischknecht. Das Komitee fordert die Anhänger*innen dazu auf, vollen Einsatz zu zeigen und stets Bögen bei sich zu tragen, um bei Freund*innen, in der erweiterten Familie und an Sitzungen und Gottesdiensten Unterschriften zu sammeln. Ausserdem sollen sie für das Zustandekommen des Referendums beten.
Präsidentin verlässt überraschend das Komitee «Ehe für alle»
Zudem beschwert sich das Referendumskomitee in seinem Schreiben über «systematisches Totschweigen», «überall» werde ihnen «Steine in den Weg gelegt». So soll es bei der Kontoeröffnung Schikanen und Sabotageagte bei der Unterschriftensammlung gegeben haben.
Roman Heggli freut sich, dass im gegnerischen Lager die Unterschriftensammlung stockt. «Solange beten ihre einzige Kampagnenstrategie ist, müssen wir uns keine Sorgen um den Abstimmungskampf machen», sagt der Pink-Cross-Geschäftsleiter auf Anfrage von MANNSCHAFT. Es sei jedoch noch zu früh, um sich zu freuen. «Die Referendumsfrist läuft bis am 10. April und die meisten Unterschriften werden in den letzten Wochen gesammelt. Wir müssen also damit rechnen, dass sie es noch schaffen – aber kaum dank göttlicher Hilfe.»
Im Januar sorgte das Bistum Chur für Schlagzeilen, nachdem es allen Priestern, Diakonen und kirchlichen Mitarbeiter*innen ein Engagement für das Referendum gegen die Ehe für alle – in seinen Worten «Fake-Ehe» – nahegelegt hatte (MANNSCHAFT berichtete).
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