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Beschlossene Sache: Der HIV-Heimtest kommt!

Im Der HIV-Selbsttest wird zahlreiche Aids-Erkrankungen und HIV-Infektionen verhindern, glaubt man bei der Deutschen AIDS-Hilfe.

Ab Oktober werden in Deutschland HIV-Selbsttests frei verkäuflich sein. Der Bundesrat hat am Freitag einer Änderung der Medizinprodukteabgabeverordnung zugestimmt. Die Deutsche AIDS-Hilfe hat sich lange für die Einführung des HIV-Selbsttests eingesetzt und begrüsst die Entscheidung von Bundesgesundheitsministerium und Bundesrat.

Dazu erklärt Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe: „Der HIV-Selbsttest wird zahlreiche Aids-Erkrankungen und HIV-Infektionen verhindern. Die freie Verfügbarkeit senkt die Hemmschwelle und ermöglicht so mehr Menschen eine frühe Diagnose und damit eine Behandlung. Unter Therapie ist HIV auch nicht mehr übertragbar.“

Der Selbsttest kann so dazu beitragen, ein dringendes Problem zu lösen: Rund 13.000 Menschen in Deutschland wissen nichts von ihrer HIV-Infektion. Etwa die Hälfte aller HIV-Diagnosen in Deutschland erfolgt erst nach Jahren und damit deutlich zu spät. Mehr als 1.000 Menschen erkranken jährlich an Aids oder einem schweren Immundefekt, weil sie jahrelang nichts von ihrer HIV-Infektion wussten.


Manche Menschen scheuen jedoch den Gang in eine Arztpraxis oder Teststelle

Diese Erkrankungen sind mit einer rechtzeitigen Diagnose vermeidbar. Menschen mit HIV haben heute eine fast normale Lebenserwartung und können leben wie alle anderen Menschen. Um den bestmöglichen Effekt zu erzielen, sollte eine HIV-Infektion so früh wie möglich behandelt werden. Manche Menschen scheuen jedoch den Gang in eine Arztpraxis oder Teststelle. Sie schämen sich zum Beispiel oder fürchten, für ihr sexuelles Verhalten verurteilt zu werden. Andere schieben den Test vor sich her.

Und auch das Thema Stigmatisierung geht man jetzt an: Im Gesundheitswesen kommt es häufig zu Benachteiligung und Zurückweisung von Menschen mit HIV, aber auch von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans und inter Menschen, auch mit vielfältigen kulturellen und sprachlichen Hintergründen. Das Projekt Praxis Vielfalt der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) fördert ab sofort eine diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung. Wie die DAH mitteilt, bietet es „ein attraktives Fortbildungscurriculum für Ärzt*innen und Praxisteams“. Teilnehmende Praxen und Ambulanzen erhalten ein Gütesiegel. Die ersten Plaketten, erworben in der Pilotphase des Projektes, werden am Freitag bei einer Auftaktveranstaltung in Berlin verliehen.

Benachteiligung oft durch Unwissenheit und Unsicherheit
„Offenheit und Wertschätzung sind eine notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung. Wenn Menschen im Gesundheitssystem benachteiligt werden, sind oft Unwissenheit und Unsicherheit der Grund. Wir vermitteln Wissen und Fähigkeiten für eine respektvolle und fachgerechte Versorgung. Teilnehmende Praxen setzen ein Zeichen, das signalisiert: Bei uns bist du willkommen, deine Bedürfnisse sind uns wichtig“, sagt Winfried Holz vom Vorstand der DAH. (Andernorts führen auch religiöse oder kulturelle Unterschiede zu Diskriminierung.)


Das kompakte Curriculum soll Kenntnisse zu den Lebenswelten und speziellen Angeboten für die genannten Gruppen vermitteln sowie das Wissen, wie sich eine offene Atmosphäre schaffen lässt. Dazu gehörten auch Grundregeln und Tipps zur Gesprächsführung, zum sensiblen Umgang mit Diagnosen und Daten sowie der Umgang mit Sprachbarrieren und verschiedenen kulturellen Hintergründen. Durch E-Learning, in Webinaren und Gruppengesprächen werde das nötige Wissen leicht verständlich und praxisnah vermittelt.

„Menschen mit HIV werden in Deutschland in aller Regel in spezialisierten Praxen gut versorgt“, teilt die DAH mit. Beim Besuch von anderen Praxen und medizinischen Einrichtungen käme es aber oft zu Problemen: Angst vor Infektionsrisiken, Unerfahrenheit und veraltetes Wissen führten oft zu Diskriminierung, zum Beispiel übertriebene Hygienemassnahmen oder Verletzung der Schweigepflicht. Nicht selten bekämen HIV-Positive keinen Termin oder nur den letzten am Tag, zum Beispiel in vielen zahnärztlichen Einrichtungen.

Auch queere Menschen seien immer wieder mit Unsicherheit, Vorurteilen und Zurückweisung konfrontiert. Dies mindere die Qualität der Versorgung und könne die Gesundheit beeinträchtigen.

„Das Gütesiegel bietet Praxen eine hervorragende Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln und die Behandlungsqualität weiter zu verbessern. Dem gesamten Praxisteam vermittelt es Handlungssicherheit“, erklärt die DAH. „Das Gütesiegel Praxis Vielfalt nutzt Behandelnden wie Behandelten. Es trägt zu einem vertrauensvollen Miteinander, besseren Behandlungsergebnissen und einem guten Ruf der teilnehmenden Praxen bei. Wir hoffen, dass nun viele Praxen teilnehmen. Denn unser Ziel ist eine respektvolle Versorgung für alle Menschen überall“, so DAH-Vorstand Holz.

Praxis Vielfalt ist ein Projekt der Deutschen AIDS-Hilfe, das durch Mittel des AOK-Bundesverbandes finanziert wird. Entwickelt wurde es gemeinsam mit allen relevanten Gruppen: Menschen aus den genannten Communitys ebenso wie Fachverbände und –kräfte aus dem Gesundheitswesen.


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