Zahlreiche schwule Abgeordnete im neuen Bundestag
Gleich am Morgen nach ihrem Einzug in den Bundestag hat die AfD (12,6%) schon mit dem ersten Eklat gesorgt: Bei der Bundespressekonferenz kündigte Parteichefin Frauke Petry an, nun die Regierungsübernahme im Jahr 2021 vorzubereiten. Danach teilte sie mit, der AfD-Fraktion im Bundestag nicht angehören zu wollen – und verließ die Bundespressekonferenz. „Ich missbillige dieses Verhalten“, schimpfte der Leiter der Pressekonferenz. Der Co-Chef der AfD Meuthen reagierte irritiert und sagte: „Das war nicht mit uns abgesprochen und ich entschuldige mich bei der Bundespressekonferenz.“
Was der Einzug der AfD ins Parlament für LGBTI-Rechte praktisch bedeutet, muss man abwarten. Vor der Wahl hatte die Partei angekündigt, in Karlsruhe gegen das Gesetz zur Eheöffnung zu klagen. Das kann sie allerdings auch nach der Wahl nicht. Antragsberechtigt sind nämlich nur die Bundesregierung, ein Land (das CSU-regierte Bayern prüft dies noch) oder zumindest ein Viertel des Bundestages.
Zu den AfD-Abgeordneten, die im neuen Bundestag sitzen, gehört neben der lesbischen Spitzenkandidatin Alice Weidel (Wahlkreis Bodensee) u. a. auch Stefan Brandner aus Thüringen. Er hatte vor der Wahl angekündigt, die Öffnung der Ehe rückgängig zu machen – dafür fehlen freilich die Mehrheiten. Auch dass Homosexuelle Familien gründen, ist ihm ein Dorn im Auge. Denn er bezweifelt, dass ein schwules Paar gut erziehen könne.„Da wächst ein Problem heran, wo wir uns in 20 Jahren sagen werden: Warum haben wir das zugelassen, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder erziehen? Brandner glaubt, das werde „so auf Dauer nicht funktionieren“.
Als AfD-Landtagsabgeordneter hat er bereits diverse Ordnungsrufe kassiert. Nach etlichen Beleidigungen wurde das ehemalige CDU-Mitglied im Frühjahr 2016 aus dem Erfurter Landtag geworfen. Nicht in den Bundestag geschafft hat es wohl sein schwuler Parteifreund Frank Christian Hansel aus Berlin, der als Neuköllner Direktkandidat der AfD antrat: Er holte lediglich 10,7 %.
Andere schwule und lesbische Abgeordnete haben erfolgeich ihren Wahlkreis verteidigt: Stefan Kaufmann (CDU) für Stuttgart I sowie Jens Spahn (CDU): Das Präsidiumsmitglied holte zum fünften Mal in Folge seinen Bundestagswahlkreis Steinfurt I – Borken I im Münsterland. Auch Johannes Kahrs (SPD) vereidigte seinen Wahlkreis Hamburg Mitte. Die bisherige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) verpasste das Direktmandat in Kleve, kommt aber über die Landesliste ziemlich sicher wieder in den Bundestag.
Ex-Daimler-Manager im Bundestag
Über die bayerische FDP-Landesliste ist auch Thomas Sattelberger der Einzug in den Bundestag gelungen. Der frühere Daimler-Manager und Telekom-Vorstand ist 68, seit zweieinhalb Jahren Mitglied der FPD und trat im Wahlkreis 219 in München-Süd an. Für die deutsche Wirtschaft ist er das, was Hitzlsperger im Profi-Fußball ist: Der Manager outete sich erst, als seine Karriere vorüber war, im September 2014.
Außerdem ziehen für die Grünen in den Bundestag ein: der Kölner Sven Lehmann, langjähriger NRW-Landesvorsitzender, der im Wahlkreis von Volker Beck antrat, der 39-jährige Essener Kai Gehring, und die 51-jährige Ulle Schauws Krefeld II – Wesel II.
Für die Linke zieht über die Landesliste Sachsen-Anhalt der 42-jährige Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn in den Bundestag ein. Der Brandenburger Harald Petzold dagegen, queerpolitischer Sprecher seiner Partei, gehört dem Parlament nicht mehr an.
Ebenfalls nicht geschafft hat es Bernd Fabritius von der CSU. Der offen schwule Politiker, der in seiner Partei für die Ehe für alle gekämpft und am 30. Juni mit Ja gestimmt hat, hat mit Listenplatz 28 kaum Aussichten auf einen Einzug ins Parlament.
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