Wirbel um Gloria von Thurn und Taxis hält an
Adel meets Homophobie
Festspielzeit in der Regensburger Schlossanlage St. Emmeram. Gloria von Thurn und Taxis mischte sich als Hausherrin unter die Gäste. Schlagzeilen macht sie zurzeit aber auf politischer Ebene.
Von: Ute Wessels, dpa
Gloria Fürstin von Thurn und Taxis gilt als Rebellin. Einst sorgte sie mit Punkfrisuren für Furore, dann mit tief konservativem Katholizismus. In jüngerer Vergangenheit werden ihr Nähe zu Rechtsextremen und Homophobie vorgeworfen. Die 64-jährige Unternehmerin weist dies in Interviews von sich. Über die AfD sagte sie der Deutschen Presse-Agentur: Die grossen Parteien seien besorgt, weil die AfD so viele Menschen anspreche. «Deshalb wird die Nazi-Keule geschwungen.»
Am Freitag mischte sich die 64-Jährige zur Eröffnung der Thurn und Taxis Schlossfestspiele unter die Gäste. Als Hausherrin ist sie traditionell beim Auftakt des sommerlichen Musikspektakels dabei. Die Aufführung der Oper «Carmen» wurde dann allerdings wegen eines Gewitters abgesagt. Proteste gegen von Thurn und Taxis – wie es sie zuletzt mehrfach gegeben hatte – blieben aus. Knapp eine Woche zuvor hatten Demonstrant*innen Plakate an Bäumen im Schlosspark aufgehängt.
Schloss St. Emmeram ist der Sitz der Familie von Thurn und Taxis. Diese begründete einst das Postwesen und legte damit den Grundstein für ihren wirtschaftlichen Aufstieg. Heute zählen die von Thurn und Taxis zu den grössten privaten Waldbesitzer*innen Deutschlands.
Im März dieses Jahres gab es vor dem Anwesen eine Kundgebung unter dem Motto «Gloria Einhalt gebieten – Rechte Seilschaften zerschlagen!». Die Regensburger Initiative gegen Rechts warf von Thurn und Taxis Kontakte zu «diversen extrem rechten» Akteuren vor und forderte: «Ihr Wort darf kein Gewicht mehr haben».
Die Unternehmerin teilte Radio Charivari in Regensburg bezüglich dieser Kundgebung mit, sie bedauere «den verunglimpfenden Vorwurf, rechtsextreme Äusserungen getan zu haben». Ihre «gut dokumentierte Vita beweist einen sehr vielfältigen (heute sagt man diversen) Freundes- und Kulturkreis». Leider sei heute jeder, der keine explizit linken Positionen vertrete, automatisch dem Vorwurf des Rechtsextremismus ausgesetzt. «Dies trivialisiert jedoch den wahren und sehr gefährlichen Rechtsextremismus, wie z.B. der furchtbare Antisemitismus, der dieser Tage auf erschreckende Weise auf unseren Strassen zu sehen ist.»
Hintergrund der Kritik ist unter anderem ein durch Recherchen von t-online.de, Süddeutscher Zeitung (SZ), NDR und WDR bekanntgewordenes Treffen der sehr konservativen Werteunion mit Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maassen im Juli 2023 im fürstlichen Schloss. Ein Teilnehmer dieser Veranstaltung soll wiederum Ende November bei dem durch das Medienhaus Correctiv bekanntgewordenen Treffen radikaler Rechter in Potsdam anwesend gewesen sein.
Nachvollziehen kann sie die Diskussionen rund um die Veranstaltung in ihrem Schloss «nicht wirklich», wie von Thurn und Taxis der dpa mitteilte. «Die Werteunion ist doch die konservative kleine Schwester der Union.»
SZ, NDR und WDR zufolge stellte die Unternehmerin im Sommer 2023 nach eigener Aussage Räumlichkeiten für die Veranstaltung mit Maassen bereit, der ein guter Bekannter sei. Um Teilnehmerlisten bei Veranstaltungen in ihrem Schloss habe sie sich demnach nie bemüht. «Ihre Fragen könnten vielleicht eine Anregung sein, diese bisherige Praxis zu überdenken», wird von Thurn und Taxis von den Medien weiter zitiert.
Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sagte Thurn und Taxis im Juli 2023: «Im Übrigen ist es totaler Quatsch, wenn die Leute immer sagen, ich sei nach rechts abgedriftet. Wahr ist, ich war immer schon wertekonservativ und streng katholisch sowieso.»
Angesprochen auf ihr «Der Schwarze schnackselt gern»-Zitat von 2001 bezüglich der Aids-Thematik in Afrika sagte sie der «FAZ»: «Mein Gott, danach ging es aber zur Sache. Ich war völlig perplex. Ich bin ja alles andere als eine Rassistin. Und wenn ich eine Rassistin wäre, dann eine positive, denn ich mag die afrikanischen Amerikaner und die Afrikaner lieber als die Weissen, weil die mehr Humor haben und die netteren Menschen sind.»
Im «SZ»-Bericht verweist sie auf ihre Kindheit in Afrika: «Ich war noch nie rassistisch. Diese Haltung ist mir fremd, zumal ich als Kind viele Jahre in Afrika in Togo und Somalia leben durfte. In der Schule waren wir, meine Schwester und ich, die einzigen ‹weissen› Kinder. Ich habe erlebt, wie es sich anfühlt, Minderheit zu sein. Für uns Katholiken sind alle Menschen vor Gott gleich.»
Und wie sieht sie aktuell die AfD? Der dpa sagte sie: «Mir kommt es so vor, als ob die AfD im Osten wirtschaftspolitisch eher SPD-nah und im Westen eher liberal unterwegs ist. Familienpolitisch eher konservativ.» Mit Blick auf die AfD-Politiker Maximilian Krah und Björn Höcke sagte sie, die Interviews mit den beiden, «die ich gesehen habe, weisen keine rechtsradikalen Inhalte auf».
Bei der Festivaleröffnung in Regensburg waren jedenfalls viele Blicke und Kameras auf die Hausherrin gerichtet. Beim Sommerempfang des Bayerischen Landtages auf Schloss Schleissheim wird sie dagegen fehlen. Ob sie den Eindruck hat, dass sich Teile der Politik und der Gesellschaft von ihr distanzieren?
Was den Sommerempfang betrifft, meine ich, dass es das gute Recht der Gastgeberin ist, einzuladen, wen sie möchte
Dazu sagte Gloria von Thurn und Taxis: «Es gibt Menschen, die mit mir nichts anfangen können. Das geht, glaube ich, jedem so. Wir alle gewinnen, verlieren aber auch Freunde im Laufe des Lebens. Was den Sommerempfang betrifft, meine ich, dass es das gute Recht der Gastgeberin ist, einzuladen, wen sie möchte. Ich war jetzt 40 Jahre dabei und deshalb mache ich gerne Platz für meinen Sohn.»
Eine Landtagssprecherin teilte der dpa mit, dass Gloria von Thurn und Taxis keine Einladung für den Sommerempfang erhalten habe. Der Einladungsverteiler werde jedes Jahr neu erstellt, «damit im Laufe der Zeit möglichst viele Menschen in Bayern die Chance haben, dabei zu sein». Ausserdem sagte die Sprecherin: «Ihr Sohn, Fürst Albert, war eingeladen, da er die Geschäfte des Hauses Thurn und Taxis leitet, hat jedoch abgesagt.»
Das lateinische Wort omni bedeutet «ganz», «jeder» oder «alles». So hat der britische Musiker Douglas Dare sein neues Album betitelt. Und tatsächlich hat die Platte etwas Allgegenwärtiges, Weltenumspannendes (MANNSCHAFT+).
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