Volker Beck drängt auf Auslieferung von Attila Hildmann
2020 hatte eine Androhung der Todesstrafe durch «Eier-Treten» für Aufsehen gesorgt
Volker Beck (Grüne) drängt auf die Auslieferung von Attila Hildmann. Dieser hatte vor zweieinhalb Jahren eine Todesdrohung gegen den schwulen Politiker ausgesprochen.
Der in der Türkei untergetauchte rechtsradikale Verschwörungserzähler Attila Hildmann wird seit längerem per Haftbefehl gesucht. Kürzlich wurde bekannt, dass er keine türkische Staatsbürgerschaft besitzt, er könnte also ausgeliefert werden. Im Herbst wurde er in der türkischen Stadt Kartepe aufgespürt.
Ausgeliefert wurde er aber noch nicht. Volker Beck (Grüne) griff bei Twitter einen Artikel des Stern auf und drängte u.a. seine Parteifreundin, Aussenministerin Annalena Baerbock, zu mehr «Engagement».
Nachdem der Stern den von Interpol gesuchten Antisemiten Hildmann im Oktober in Kartepe aufgespürt hatte, hätte dieser eigentlich von der Türkei direkt festgenommen und ausgeliefert werden müssen. Dies besagten internationale Verträge. Doch es spreche laut Stern einiges dafür, dass Hildmann einen Deal mit der Regierung von Recep Tayyip Erdoğan gemacht habe.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit längerem gegen Hildmann, der sich selbst als «ultrarechts» und einen Verschwörungsprediger bezeichnet, wegen Volksverhetzung, des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und des Widerstands gegen die Polizei. 2020 hatte seine Androhung der Todesstrafe durch «Eier-Treten» für den schwulen Grünen-Politiker Volker Beck für Aufsehen gesorgt (MANNSCHAFT berichtete).
Der Screenshot wurde von mehreren Politiker*innen in den sozialen Netzwerken geteilt und thematisiert. Der Staatssekretär Alexander Fischer (Linke) erklärte etwa: «Das hier ist eine Todesdrohung gegen Volker Beck, die der Nazi Atilla Hildmann gestern Abend an 66.000 Menschen auf seinem Telegram-Kanal geschickt hat. Und wir sollten das ernst nehmen.»
Der mit Haftbefehl gesuchte rechtsradikale Verschwörungserzähler Hildmann war von einer Gruppe von Hobby-Detektiven sowie der Zeitschrift Stern rund 100 Kilometer östlich von Istanbul gefunden worden. Ein Video zeigte die Begegnung.
Der Anführer der Hobby-Ermittler habe nach der Begegnung sofort das deutsche Generalkonsulat in Istanbul informiert und der Bundespolizei Hildmanns Adresse und das Nummernschild seines Autos mitgeteilt, so der Stern.
Im Herbst war bekannt geworden, dass Hildmann nur die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte lange angenommen, er habe auch die türkische Staatsbürgerschaft und werde deswegen nicht ausgeliefert. Seit April 2022 sei der tatsächliche Status von Hildmann bekannt, die Fahndung wegen des internationalen Haftbefehls sei erweitert worden, hiess es dazu von der Staatsanwaltschaft.
Ich lebe frei hier. Ich bin Türke.
In dem Film von der Begegnung von Reporter*innen und Rechercheur*innen mit Hildmann in «Stern TV» sagte dieser auf die Frage, ob die türkischen Behörden wüssten, wo er lebe und ob er von ihnen geschützt werde: «Selbstverständlich. (…) Das sieht man doch. Ich lebe doch frei hier.» Auf die Frage, ob er einen türkischen Pass habe, antwortete er zwei Mal mit dem Satz: «Ich bin Türke.» Ansonsten sprach er weiter über antisemitische Verschwörungstheorien.
Ob die Bundesregierung ein Auslieferungsgesuch an die Türkei gestellt hat, ist nicht bekannt. Beteiligt sein sollen nach Medienberichten das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Justiz, das Auswärtige Amt sowie die türkischen Behörden. Hildmann wurde in West-Berlin als Kind türkischer Eltern geboren, er wuchs aber bei deutschen Adoptiveltern auf.
Laut Stern lebt Hildmann, der als veganer Kochbuchautor bekannt wurde und dann rechtsextreme Verschwörungstheorien verbreitete, seit Sommer 2022 in Kartepe. Zuvor soll er sich in Gömec, einem Küstenort im Westen der Türkei, aufgehalten haben.
Die 13 Hobby-Detektive nannten sich «Hildbusters» (Hildmannjäger) – nach dem Hollywoodfilm «Ghostbusters». Hildmann war im Dezember 2020 in die Türkei geflohen und wurde ab Februar 2021 mit einem internationalen Haftbefehl gesucht. Die Gruppe recherchierte demnach sehr lange und aufwendig im Internet und in Chatkanälen und analysierte von Hildmann gepostete Videos und Fotos, um ihn aufzuspüren. Der Stern begleitete die Gruppe, recherchierte nach eigener Darstellung parallel selber und gelangte in seine abgeschottete Chatgruppe. (mit dpa)
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