Verteidigungsministerin stellt Studie über schwule Soldaten vor
Die Bundeswehr hat bis ins Jahr 2000 systematisch die Karrieren von Homosexuellen zerstört
Das Bundesministerium der Verteidigung stellt am Donnerstag eine Studie vor, wie schwule Soldaten in Deutschland in der Vergangenheit diskriminiert wurden. Titel: «Tabu und Toleranz. Der Umgang der Bundeswehr mit Homosexualität von 1955 bis zur Jahrtausendwende».
Schwule Soldaten in der Bundeswehr – bis ins Jahr 2000 wurden systematisch ihre Karrieren zerstört. Erst auf Druck des Bundesverfassungsgerichts hat der damalige Verteidigungsminister Scharping (SPD) den diskriminierenden Erlass aus dem Jahr 1984 aufgehoben. Bis dahin durften Homosexuelle weder Vorgesetzte noch Ausbilder sein. Sie wurden nicht mehr befördert und konnten keine Dienstzeitverlängerung anstreben oder zum Berufssoldaten übernommen werden.
Zurich Film Festival rückt queeres Altern in den Mittelpunkt
Klaus Storkmann vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaft der Bundeswehr hat im Auftrag des Ministeriums die Geschichte dieses Unrechts aufgearbeitet und in seiner Studie «Tabu und Toleranz» zusammengefasst.
Die Bundesministerin Kramp-Karrenbauer hatte im März 2020 überraschend der Forderung von QueerBw nach einer Rehabilitierung der Betroffenen zugestimmt (MANNSCHAFT berichtete). Im Anschluss hat QueerBw mit der Abteilung Recht die Eckpunkte des zukünftigen Gesetzesentwurfes erarbeitet. Die Ergebnisse unterstreichen grundsätzlich das gemeinsame Ziel einer Aufarbeitung des geschehenen Unrechts und einer Entschädigung.
Der Queer-BW-Vorsitzende Sven Bäring hatte in seinem Gastbeitrag für MANNSCHAFT dargelegt, dass das Jahr 2000 für die Bundeswehr einen Bruch mit dem Ausschluss Homosexueller markierte . Oberleutnant Stecher wurde damals nach seinem Coming-out zwangsversetzt. Er klagte, scheiterte in den Vorinstanzen und legte schliesslich Verfassungsbeschwerde ein.
Das Bundesverfassungsgericht bat die Bundesregierung um Stellungnahme – und der damalige Verteidigungsminister schliesslich sicherte im März 2000 im Deutschen Bundestag zu, «einen Verhaltenskodex zu erlassen, […] der jede Form von Diskriminierung sanktioniert».
Schweizer Armee steht zu trans Oberstleutnant
Am Donnerstag nun stellt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) die Studie im Bendlerblock vor. Das Ministerium spricht bereits von einem «Meilenstein im Umgang mit homosexuellen Soldatinnen und Soldaten“.
«Diese Studie auf Eigeninitiative des Ministeriums setzt sich sehr kritisch mit der eigenen Geschichte des Hauses auseinander. Die Praxis der Diskriminierung Homosexueller in der Bundeswehr, die für die Politik der damaligen Zeit stand, bedauere ich sehr. Bei denen, die darunter zu leiden hatten, entschuldige ich mich. Ich möchte die Erkenntnisse der Studie nutzen, um die Vergangenheit weiter aufzuarbeiten und das Gesetzesvorhaben für die Rehabilitierung der Betroffenen voranzubringen. Dessen Eckpunkte werden auf der Veranstaltung gleichfalls vorgestellt“, sagte die Ministerin vorab.
Die Ministerin setze mit dem angekündigten Gesetz zur Rehabilitierung und Entschädigung «unehrenhaft‘ entlassener Soldaten ein internationales Zeichen, erklärte Jörg Litwinschuh-Barthel vorab. «Unsere Stiftung unterstützt sie gerne, um dieses staatliche Unrecht durch Bildung und Forschung weiter aufzuarbeiten. Als nächster Schritt auf der Agenda der Bundesregierung wird hoffentlich bald auch die Beschäftigung mit den Geschehnissen beim Bundesgrenzschutz – bzw. Bundespolizei – seit 1951 sowie bei den Polizeibehörden der Länder in ihrem Umgang mit lesbischen Polizistinnen und schwulen Polizisten stehen.“
Die Bundesministerin wird am Donnerstag um 18 Uhr die Eckpunkte des Gesetzesentwurfes vorstellen, zudem stellt Oberstleutnant Storkmann seine Studie vor. Im Anschluss folgt eine Podiumsdiskussion. Es ist auch vorab möglich, Fragen an [email protected] einzureichen.
Das könnte dich auch interessieren
Hamburg
Ausverkaufte Kinosäle und lange Schlangen: Positive Bilanz für HIQFF
Mit der Vergabe der Publikumspreise und dem Abschlussfilm, «Wenn du Angst hast», endete das 36. Hamburg International Queer Film Festival (HIQFF). Sechs Tage lang konnten Fans queerer Filmkunst in acht verschiedenen Kinos in die neusten Produktionen eintauchen, diskutieren und sich vernetzen.
Von Stephan Bischoff
Unterhaltung
Kultur
Film
Deutschland
Sport
Die Eurogames kommen nach Frankfurt
Nach über 20 Jahren kehrt Europas grösste LGBTIQ-Sportveranstaltung zurück nach Deutschland. Im Sommer 2028 finden die Eurogames in Frankfurt statt.
Von Newsdesk Staff
Deutschland
Sex
«Bottoms up!» – Marius Baumgärtel räumt mit Tabus auf
Der schwule Unternehmer spricht über Analsex und Massenmarkt, Iris Berben als Promoterin von Sauberkeit «hinten rum», die Wichtigkeit von LGBTIQ-Netzwerken – und über Pornos.
Von Kevin Clarke
Deutschland
Gesundheit
Arbeitswelt
Lust
Schwul
Österreich
W. H. Auden und der Wiener Callboy
Sensationsfund: Geheime schwule Liebespost entdeckt.
Von Newsdesk Staff
News
Geschichte
Kunst
People