Unisex und «Männer-Binden»: Wie inklusiv sind Fussball-Stadien?

Einige Vorreiter, viele Baustellen

Genderneutrale Toilette beim VfL Wolfsburg
Genderneutrale Toilette beim VfL Wolfsburg (Bild: Swen Pförtner/ dpa)

In deutschen Stadien nimmt die Anzahl an genderneutralen Toiletten zu. Doch wie weit ist der Profifussball wirklich?

Baustellen gibt es genug.

Diese Nachricht von Manchester United sorgte für (fast) so viel Aufsehen wie die Verpflichtung des neuen Trainers ein paar Tage zuvor. Mitte November hatte der Traditionsclub den Portugiesen Rúben Amorim als Coach präsentiert, eine gute Woche später überraschte der englische Fussball-Rekordmeister dann mit ganz anderen Neuigkeiten: Als erster Club der Premier League will United männlichen Fans mit Blasenschwäche den Stadionbesuch erleichtern.

Es ist ein Signal, das deshalb besonders auffällt, weil die Red Devils damit eine Ausnahme bilden. In der deutschen Bundesliga ist ein ähnliches Angebot bislang nicht bekannt. Es gibt bisher auch keine Signale aus der Premier League, dass man das Manchester-Beispiel nun zum Liga-Standard machen wolle. Aber: Fortschritte gibt es dafür in anderen Bereichen, zum Beispiel bei Menstruationsprodukten oder genderneutralen Toiletten.

Unisex-Toiletten etwa sind schon seit einigen Monaten bei allen Spielen der Nationalmannschaft in Deutschland auf DFB-Initiative hin Standard. In der ersten und zweiten Liga bieten Klubs wie der FC Schalke 04, Hertha BSC oder der VfL Wolfsburg genderneutrale WCs an, Tendenz steigend. Beim SC Freiburg oder dem FC St. Pauli gibt es an Spieltagen kostenlose Hygieneartikel wie etwa Periodenprodukte.

«Es gibt einzelne Stadien, die hier schon weiter sind als andere», sagt Daniela Wurbs von «KickIn!», einer Beratungsstelle für Inklusion im Fussball. «Insgesamt ist es jedoch themen- und teilweise budgetabhängig, wie fortgeschritten die Entwicklung ist.»

«KickIn!» setzt sich in Deutschland seit 2017 dafür ein, Barrieren beim Stadionbesuch abzubauen. So etwa berät die Organisation Vereine und Stadionbetreiber dabei, das Stadionerlebnis inklusiver zu gestalten. Unterstützt wird die Arbeit von der DFL. Eines Tages würde man gerne mal einen Preis für das inklusivste Stadion in Deutschland ausloben, sagt Wurbs. «Von unserer Vision eines inklusiven Stadions sind wir aber in Deutschland aktuell leider noch sehr weit entfernt.» Eine der grössten Baustellen aus «KickIn!»-Sicht etwa bleibt es, dass nicht darüber nachgedacht werde, wie der gesamte Stadionbesuch so gestaltet werden könne, dass alle überall gleichberechtigt teilnehmen können.

Was damit konkret gemeint ist: Obwohl es etwa an vielen Standorten sogenannte «Speziallösungen» wie zum Beispiel die Männer-Binden bei Manchester United gibt, fehlt «KickIn!» aber noch der ganzheitliche Ansatz. Es bleibt also noch Arbeit, ein paar Pflegeprodukte hier oder genderneutrale Toiletten dort reichen aus Sicht der Beratungsstelle noch nicht aus. «Aber wir sind der festen Überzeugung, dass wir uns auf einem guten Weg befinden und sich der Fussball nicht hinter anderen gesellschaftlichen Bereichen verstecken muss», sagt Thomas Schneider von der DFL.

Die «Rainbow Laces»-Kampagne soll im englischen Fussball ein Zeichen für Vielfalt und Inklusion setzen. Ausgerechnet ein lesbischer Fussballfan wirft der Football Association nun vor, politische Botschaften zu verbreiten (MANNSCHAFT berichtete).

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