«Uncoupled»: Neil Patrick Harris als schwuler Single jenseits der 40
Die neue Netflix-Serie von «Sex and the City»-Erfinder Darren Star
Erinnert sich noch jemand daran, wie früher mit Blick auf «Sex and the City» gerne mal gesagt wurde, es handle sich bei den vier Protagonistinnen eigentlich um schwule Männer in Frauengestalt?
Das war als These eigentlich kaum haltbar und vor allem einigermassen misogyn, doch fast hat es den Anschein, als habe sich Darren Star, der Schöpfer der legendären Serie, für sein neues Werk nun genau von diesen damaligen Scherzen inspirieren lassen.
Einen Hauch von «wie Sex and the City, bloss mit schwulen Männern» kann man seiner neusten Serie «Uncoupled», seit Freitag bei Netflix zu sehen, jedenfalls nicht absprechen.
Das Pendant zu Carrie Bradshaw – Single in New York, mit schickem Apartment – ist hier Immobilienmakler Michael (Neil Patrick Harris), für den das Alleinstehendsein allerdings eine gänzlich neue Erfahrung. Aus heiterem Himmel nämlich wird er in «Uncoupled» gleich in der ersten Folge nach 17 Jahren monogamen Beziehungsglücks von seinem Lebensgefährten Colin (Tuc Watkins) verlassen.
Neue Selbstverortung als schwuler Junggeselle Fortan ist er nicht nur, zwischen Wut und Trauer schwankend, damit beschäftigt, das Liebesaus zu verarbeiten, was weder dadurch erleichtert wird, dass Colin ihm nicht die geringste Erklärung liefert, noch durch die Tatsache, dass der Ex weiterhin in einer Familien-WhatsApp-Gruppe mit Michaels Eltern ist. Sondern er muss sich auch als schwuler Junggeselle noch einmal ganz neu selbstverorten, was gar nicht so einfach ist, wenn man erstens stramm auf die 50 zugeht und zweitens weder mit Dating Apps noch mit Nackt-Selfies oder PrEp irgendwelche Erfahrungen hat.
Immerhin gibt’s dauerhaften Beistand beim Single-Neuanfang, sei es durch Kollegin Suzanne (Tisha Campbell), die als alleinerziehende Mutter ihrem Sohn immer noch die Unterhosen kauft, oder durch seine besten Freunde Billy (Emerson Brooks), Wetteransager mit Hang zu deutlich jüngeren und regelmässig wechselnden Lovern), und Stanley (Brooks Ashmanskas), Galerist und leicht misanthropischer Dauersingle.
Künstliches Klischee Nicht nur die Konstellation der Figuren erinnert zumindest vage an «Sex and the City», auch die Welt in der sie sich bewegen. Ständig gibt‘s – und das nicht nur dank Michaels Job – teure Luxuswohnungen zu sehen und werden Vernissagen besucht, derweil man Benefizgalas genauso feiert wie Babyshower.
Das ist zwar alles hübsch anzusehen und mit erkennbarem Aufwand vor Ort gefilmt, doch das New-York-Bild, das dabei entsteht, ist ein ähnlich künstliches Klischee wie das der französischen Hauptstadt in «Emily in Paris», einer weiteren Serie von Darren Star, der sich für «Uncoupled» übrigens mit dem ebenfalls schwulen «Modern Family»-Autor Jeffrey Richman zusammengetan hat.
Richtiger wäre es ohnehin, statt von New York von Manhattan zu sprechen, denn über das ach so weit entfernte Brooklyn wird hier gescherzt, als würden wir uns noch in den 1990ern befinden. Was wiederum ganz gut passt zu manch altbackenen Gay-Klischees, die sich hier immer wieder Bahn brechen.
Verglichen mit «Uncoupled» wirkte die jüngst gezeigte «Sex and the City»-Fortsetzung «And Just Like That» (MANNSCHAFT berichtete) in ihrem arg krampfigen Bemühen, mit dem Zeitgeist mitzuhalten, geradezu mutig.
Müde Plätscherei Mit dem wegweisenden Vorbild (das seinerseits, gerade in Sachen Queerness, nicht immer unproblematisch war) können aber beide nicht mithalten, weder was Biss und Witz der Dialoge noch das Erzähltempo angeht.
Dass «Uncoupled» zwar manchmal eine müde Plätscherei, aber trotzdem keine Katastrophe geworden ist, liegt neben der sympathischen Prämisse (LBGTIQ-Protagonist*innen jenseits der 40 sind schliesslich nach wie vor eine Seltenheit) auch daran, dass jede der acht Folgen dann zumindest doch ein paar gelungene Gags zu bieten hat, darunter ein Paartherapeut, der nebenbei als Dragqueen auftritt.
Ausserdem merkt man Neil Patrick Harris die Freude an, nach Jahren als Hetero in «How I Met Your Mother» oder «Eine Reihe betrüblicher Ereignisse» endlich mal eine schwule Hauptrolle spielen zu dürfen (MANNSCHAFT berichtete darüber, dass Harris am Broadway eine trans Rockerin aus der DDR spielte). Und seine gleichfalls queeren, Broadway-erprobten Kollegen Brooks und Ashmanskas sowie Campbell und Oscar-Gewinnerin Marcia Gay Harden als reiche Makler-Kundin sind mit deutlich mehr Humor bei der Sache als ihren Figuren Raum gegeben wird.
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