Übergriffe gegen LGBTIQ – Zahlen in Berlin weiter auf hohem Niveau
Das schwule Anti-Gewalt-Projekt MANEO legt neue Zahlen vor
Im Jahr 2020 konnte MANEO 510 Fälle LGBTIQ-feindlicher Gewalt in Berlin erfassen, 49 Fälle weniger als im Vorjahr. Die meisten Taten richtete sich gegen schwule und bisexuelle Männer. Die Fallzahlen liegen damit weiter auf einem hohen Niveau. Fazit: Homo- und Transphobie hätten in Zeiten von Corona keine Pause eingelegt.
Die leicht rückläufigen Zahlen zeigen sich am deutlichsten an den Tatorten öffentliches Strassenland und öffentliche Verkehrsmittel. Der Anteil beträgt nun 39% (198 Fälle) gegenüber 50% (282) im Jahr 2019 (minus 84). Hier verzeichnete man in 36% der Fälle einfache und gefährliche Körperverletzungen, in 42% Formen von Beleidigungen und in 19% Formen von Nötigungen und Bedrohungen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit hätten die Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum dazu beigetragen, dass 2020 weniger Übergriffe verzeichnet wurden. «Dennoch überraschen uns die Zahlen, weil sich trotz Lockdowns und Kontaktbeschränkungen viele Übergriffe am helllichten Tag und in aller Öffentlichkeit ereigneten», so MANEO-Leiter Bastian Finke.
Die Übergriffe im Netz haben sich mehr als verdoppelt: Der Anteil der Fälle liege nun bei 21% (106 Fälle) gegenüber 8% (42) im Vorjahr. Im Bereich der Netzkriminalität verzeichnete MANEO in 48% der Fälle Formen von Beleidigungen und in 50% Formen von Nötigungen und Bedrohungen. Auch diese Entwicklung sehe man in Zusammenhang mit der Pandemie, zumal 2020 deutliche Zuwächse bei der Nutzung von Social Media und bei der Individualkommunikation festgestellt wurden.
Im sozialen Nahbereich haben die Fälle zugenommen: Der Anteil stieg auf 16% (81 Fälle) gegenüber 12% in 2019 (67). In jedem 2. Fall (49%) verzeichnete MANEO Beleidigungen, in 30% der Fälle Formen von Bedrohungen und in 14% einfache und gefährliche Körperverletzungen. Die Zunahme v.a. im unmittelbaren Wohnbereich und Wohnumfeld erstaune weniger, heisst es in einer Presseerklärung am Mittwoch: Es wurde vielfach über eine Zunahme von Konflikten und Gewalt im familiären Bereich berichtet, die aufgrund sozialer Enge, Isolation und weiteren Belastungssituationen entstehen können.
Mit über 2.282 Beratungsgesprächen weise MANEO eine anhaltend hohe Nachfrage nach seinen zielgruppenspezifischen Angeboten für betroffene Schwule und männliche Bisexuelle aus. Das Bedürfnis nach Beratung und Unterstützung sei auch in der Zeit von Corona sehr hoch.
Dort, wo LGBTIQ sichtbar werden, gehen sie ein erhöhtes Risiko ein, für das, was sie sind, diskriminiert, beleidigt oder angegriffen zu werden..
MANEO-Leiter Bastian Finke fordert die Politik und zuständige Institutionen in Berlin auf, nicht nachzulassen, den in der Gesellschaft noch immer tiefverankerten Vorurteile gegenüber LGBTIQ mit Aufklärung und Prävention zu begegnen. Ebenso müssen Strafverfolgungsbehörden entschlossen handeln, wenn Queers Opfer von Hassgewalt werden. «Denn nach wie vor gilt: Dort, wo LGBTIQ sichtbar werden, gehen sie ein erhöhtes Risiko ein, für das, was sie sind, diskriminiert, beleidigt oder angegriffen zu werden», so Finke.
Der MANEO-Report 2020 wird anlässlich des Internationalen Tages gegen Homophobie, Bi- und Trans*phobie (17. Mai) veröffentlicht. Er wird dem Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland, und weiteren Vertreter*innen der dort vertretenen Parteien von MANEO übergeben. Der 210 Seiten starke Bericht steht auf MANEO.de.
Weil er mehrere Fahrgäste in der Berliner U-Bahn homophob beleidigt und geschlagen hatte, ist ein 25-jähriger Mann kürzlich zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden (MANNSCHAFT berichtete).
Verhetzende Beleidigungen etwa von Jüd*innen, Muslim*innen, aber auch Menschen mit Behinderung oder Homosexuellen sollen zur Straftat werden (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Community
Pride 2025: Alle CSD-Termine in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Leg dir schon mal die Regenbogenfahne zurecht und trag dir deine Lieblingstermine ein: Hier findest du eine Übersicht aller Pride- und CSD-Termine im deutschsprachigen Raum.
Von Newsdesk Staff
Schweiz
Österreich
Fokus
Pride
Deutschland
Berlin
Transphober Hintergrund: Durchsuchungen nach gefährlicher Körperverletzung
Polizeikräfte aus Berlin und Brandenburg durchsuchten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin drei Wohnungen in Berlin sowie eine Wohnung in Eisenhüttenstadt wegen des Verdachts der gefährlichen Köperverletzung und Beleidigung mit transphobem Hintergrund
Deutschland
Queerfeindlichkeit
News
TIN
People
Ehre für Miley Cyrus: Ein Stern auf dem «Walk of Fame»
Als kleines Mädchen machte sie nächtliche Spaziergänge auf dem legendären Boulevard. Nun soll Miley Cyrus dort selbst einen Stern bekommen. Neben der pansexuellen Sängerin wurden Sterne für weitere Megastars angekündigt.
Von Newsdesk/©DPA
Musik
News
Award
Queer
Lust
Deutschland hat mehr Bordelle als vor Corona-Pandemie
Rund 32'300 angemeldete Sexarbeiter*innen gab es zum Jahresende 2024 bundesweit - laut der offiziellen Statistik. Denn illegale Prostitution ist dort nicht verzeichnet.
Von Newsdesk/©DPA
Deutschland
News
Arbeitswelt