Pakistan: Trans Menschen von Hass und Gewaltverbrechen bedroht

Erst im September erschütterte ein brutales Verbrechen die Community

Die trans Frau Zeeshan Khan zeigt ein Bild ihrer ermordeten Freundin Gul Panra (Foto: Hasnain Ali/dpa)
Die trans Frau Zeeshan Khan zeigt ein Bild ihrer ermordeten Freundin Gul Panra (Foto: Hasnain Ali/dpa)

Ein neues Gesetz sollte in Pakistan vor zwei Jahren Schutz für trans Personen garantieren. Es wurde als fortschrittlich und revolutionär gefeiert, doch Aktivist*innen in konservativen Regionen des Landes beklagen immer noch Transfeindlichkeit und brutale Gewalt.

Die 26-jährige Zeeshan Khan lebt in der nordwestlichen Stadt Peshawar. «Ich wurde vor vier Jahren von meiner Familie verstossen, weil sie sich schämte, einen transsexuelles Kind zu haben», erzählt Khan. Nach ihrem Rauswurf fand sie in einer Gemeinschaft mit anderen trans Frauen Anschluss. Doch im September erschütterte ein brutales Verbrechen die Gemeinschaft: Khans Freundin Gul Panra wurde ermordet. Nach einer Hochzeit, auf der Panra als Tänzerin aufgetreten war, sei sie bedrängt und zum Sex aufgefordert worden, sagte der Polizist Wajid Ali Khan, der in dem Fall ermittelte und auch einen Verdächtigen fasste. «Und als sie sich weigerte, feuerten sie mehrere Kugeln auf sie ab.»

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Pakistan ist eins der wenigen Länder der Welt, das anerkennt, wenn Menschen nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugeordneten Geschlecht und der damit einhergehenden Rolle leben können oder wollen. Jeder kann selbst wählen, zu welchem Geschlecht er sich zugehörig fühlt: Mann, Frau oder drittes Geschlecht. Gleichzeitig erkennt das Gesetz den Anspruch von trans Menschen auf Erbe, Bildung und Berufsanstellung an. (In Ländern wie Ungarn dagegen soll es trans Menschen nicht mehr möglich sein, ihr rechtliches Geschlecht zu ändern – MANNSCHAFT berichtete).

Doch in Pakistan sieht die Realität oft anders aus. «Es war schrecklich für mich, und ich bin immer noch fassungslos», erzählt Khan vom gewaltsamen Tod ihrer Freundin. Obwohl trans Menschen inzwischen auch in hohe politische Ämter gewählt werden, verdient die Mehrheit immer noch mit Sexarbeit oder mit dem Tanzen auf Feiern ihr Geld.

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Aktivist*innen in der nordwestlichen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa beklagen schon seit langem Gewaltverbrechen. Mehr als 70 trans Frauen und Männer seien in den letzten vier Jahren in der Region getötet worden. Rund 1500 Gewalttaten wurden einer Organisation zufolge dort angezeigt. Viele sind enttäuscht darüber, dass das Gesetz nicht die erhofften Verbesserungen gebracht hat.

Zeeshan Khan ist schon lange nicht mehr als Tänzerin bei Hochzeiten aufgetreten, zu gross sei nach der Tötung ihrer Freundin die Sorge vor Gewalt. «Mein Leben ist schon wieder ruiniert.» (In Pakistan werden auch ausländische Zeitungen zensiert, etwa wenn sie Fotos von sich küssenden Männern zeigen – MANNSCHAFT berichtete).

Anlässlich des bevorstehenden Transgender Day of Remembrance am 20. November erinnert Henny Engels, Mitglied im Bundesvorstand des LSVD daran, dass trans Menschen auch in Deutschland immer noch massiven Diskriminierungen bis hin zu Gewalt ausgesetzt sind. Laut der EU-Grundrechteagentur haben 10% der trans Befragten aus Deutschland in den letzten 12 Monaten Belästigungen und Gewalt erfahren. 19% wurden in den letzten fünf Jahren aus transfeindlichen Motiven angegriffen. (dpa/kr)

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