Staatenlos in der EU – Weil Sara nicht zwei Mütter haben darf
Nächste Woche muss der Europäische Gerichtshof darüber entscheiden
Der Europäische Gerichtshof soll zugunsten der Tochter eines lesbischen Paares entscheiden, die von Staatenlosigkeit innerhalb der EU bedroht ist – weil sie zwei Mütter hat. Führende LGBTIQ-Rechtsorganisationen fordertn Klarheit und gleiche Rechte für alle.
Die bulgarischen Behörden haben die gültige EU-Geburtsurkunde des Kindes eines gleichgeschlechtlichen Paares nicht anerkannt. Am 9. Februar muss der Gerichtshof der Europäischen Union klarstellen, dass sie als Eltern in einem EU-Land auch in jedem EU-Land Eltern sind.
Am kommenden Dienstag wird der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) den Fall eines lesbischen Paares verhandeln, dem in Bulgarien eine Geburtsurkunde für ihre neugeborene Tochter verweigert wurde. Die Behörden behaupteten, dass ein gleichgeschlechtliches Paar nicht als Eltern in der Geburtsurkunde eingetragen werden könne. ILGA-Europe hat die bulgarische LGBTI-Rechteorganisation Deytsvie dabei unterstützt, den Fall voranzubringen, und macht durch ihre Kampagne #ElternohneGrenzen das Bewusstsein für den mangelnden Schutz gleichgeschlechtlicher Eltern und ihrer Kinder in der EU zu schärfen.
Die in Bulgarien geborene Kalina (Name geändert) und ihre in Gibraltar geborene Partnerin sind die Mütter von Sara, die 2019 in Spanien geboren wurde. Nach geltendem spanischen Recht konnte das Kind die spanische Staatsbürgerschaft nicht bekommen, da weder Kalina noch ihre Frau spanische Staatsbürgerin sind. Dem Kind wurde auch die britische Staatsbürgerschaft verweigert, weil Jane in Gibraltar britischer Abstammung geboren wurde und nach dem British Nationality Act (1981) die Staatsbürgerschaft nicht auf ihre Tochter übertragen kann.
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Deshalb beantragte Kalina die bulgarische Staatsbürgerschaft für ihre Tochter. Die bulgarischen Behörden lehnten den Antrag aber mit der Begründung ab, dass ein Baby nicht zwei Mütter haben könne, und lehnten das Ausstellen einer Geburtsurkunde ab, in der zwei Personen des gleichen Geschlechts als Eltern geführt werden.
Sara wurde die bulgarische und damit die europäische Staatsbürgerschaft entzogen und ist nun von Staatenlosigkeit bedroht. Derzeit hat das Kind keine persönlichen Dokumente und kann Spanien, das Land des üblichen Aufenthalts der Familie, nicht verlassen. Das Fehlen von Dokumenten wird Saras Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und zur Sozialversicherung einschränken, kritisiert ILGA.
Nach dem Fall, der dem EuGH vorgeliegt, verletzen die bulgarischen Behörden die Rechte einer europäischen Bürgerin aus Gründen der sexuellen Orientierung, nämlich das Recht auf Freizügigkeit auf ein Privat- und Familienleben. Dies stelle einen Verstoss gegen die Grundprinzipien der EU dar. In Bulgarien werden derzeit weder gleichgeschlechtliche Ehen noch eingetragene Partnerschaften anerkannt. In dem Land würden auch Hass-Delikte nicht konsequent verfolgt, klagte Amnesty International vor ein paar Jahren (MANNSCHAFT berichtete). 2018 wurde das Plakat einer Kampagne für LGBTIQ-Menschenrechte zerstört (MANNSCHAFT berichtete).
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Denitsa Lyubenova, Rechtsanwältin und Mitbegründerin von Deytsvie erklärte: «Länder in Mittel- und Osteuropa weichen von den grundlegenden Menschenrechten ab, die durch die Europäische Menschenrechtskonvention und die Charta der Grundrechte der EU garantiert werden. Dies schwächt die Position der EU als Hüterin der Menschenrechte. In diesem Fall haben wir die Möglichkeit, die Praxis in EU-Ländern an den in den EU-Verträgen festgelegten Grundsätzen auszurichten und die Rechte von Regenbogenfamilien und ihren Kindern, die sich in ganz Europa bewegen, zu schützen, und das Gericht muss erneut bestätigen, dass Regenbogenfamilien genauso als Familie gelten wie alle anderen.»
Arpi Avestisyan, Leiterin der Prozessabteilung bei ILGA-Europe, fügte hinzu: «In ihrer Rede zur Lage der Union 2020 sagte Präsidentin Ursula von der Leyen:‚ Wenn Sie in einem Land Eltern sind, sind Sie in jedem Land Eltern.‘ Tausende von gleichgeschlechtlichen Elternfamilien in der EU sind derzeit jedoch dem Risiko ausgesetzt, dass die elterlichen Beziehungen nicht anerkannt werden, und sind aufgrund unterschiedlicher nationaler Systeme der Mitgliedstaaten rechtlichen Turbulenzen ausgesetzt.»
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