Pflegeeltern gesucht: Die häufigsten Fragen und Antworten

Wie wird man Pflegefamilie? Wer kommt infrage? Und was bedeutet das im Alltag?

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Unser Artikel «Zwei Mamas, zwei Papas, vier Pflegekinder» hat viele Fragen aufgeworfen. Die Fachstelle Kinderbetreuung Luzern beantwortet die wichtigsten für alle, die sich interessieren. Ausserdem: Die Fachstelle sucht in der Zentralschweiz engagierte Menschen, die für ein Pflegekind da sein möchten. 

Wer kann Pflegeeltern werden? Pflegeeltern können Einzelpersonen, Paare oder Familien sein, mit oder ohne eigene Kinder. Entscheidend sind stabile Lebensverhältnisse, emotionale Reife und der Wunsch, Kindern Geborgenheit zu schenken. 

Berufliche Qualifikationen sind keine Voraussetzung, wohl aber Eigenschaften wie Geduld, Einfühlungsvermögen und eine hohe Kooperationsbereitschaft mit Fachstellen, Herkunftsfamilien und Behörden. Einzelpersonen müssen über ein besonders stabiles soziales Netzwerk verfügen, da sie die Verantwortung allein tragen.

Zusätzlich gelten einige formale Kriterien:

  • Wohnortnähe (bezogen auf die Fachstelle Kinderbetreuung Luzern): Die Familie lebt in einem der sechs Zentralschweizer Kantone und höchstens eine Autostunde von Kriens entfernt.
  • Wohnraum: Ein Pflegekind braucht mindestens einen geschützten Rückzugsort, bei langfristigen Platzierungen ein eigenes Zimmer.
  • Finanzielle Stabilität: Pflegeeltern müssen ihren Lebensunterhalt unabhängig vom Pflegeverhältnis bestreiten können.
  • Aufenthaltsstatus: Für Notfallplatzierungen genügt eine B-Bewilligung, für mittelfristige oder langfristige Aufnahmen ist der C-Ausweis erforderlich.
  • Soziales Netzwerk: Ein unterstützendes Umfeld ist wesentlich – auch für das Kind
  • Zeit: Beide Partner*innen (oder die Einzelperson) müssen über genügend zeitliche Ressourcen verfügen.

Können auch queere Paare Pflegeeltern werden? Ja – und ausdrücklich willkommen. Die Fachstelle Kinderbetreuung Luzern behandelt alle Bewerbungen gleich, unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung. Für Paare ohne eigene Kinder kann der Einstieg herausfordernd sein, etwa wenn ein Elternteil die Erwerbsarbeit reduziert. Solche Fragen werden im Bewerbungsprozess offen angesprochen und begleitet.

Der Weg zur Pflegefamilie – wie läuft der Bewerbungsprozess ab? Wer Interesse hat, kann sich zunächst bei der Fachstelle Kinderbetreuung Luzern melden: über ein Telefongespräch oder eine Informationsveranstaltung. Zweimal jährlich gibt es spezielle Veranstaltungen für LGBTIQ-Menschen, in denen Fragen vertieft behandelt werden.

Nach dem Erstkontakt können Interessierte eine Bewerbung einreichen – auf Wunsch mit Unterstützung durch die Fachstelle. Stimmen die Grundvoraussetzungen (etwa Wohnort), folgen vier vertiefte Gespräche, darunter ein Hausbesuch. Wenn beide Seiten sich einig sind, beginnt ein siebentägiger Vorbereitungskurs, verteilt auf mehrere Wochenenden.

Der gesamte Prozess dauert je nach Ausgangslage mehrere Monate bis zu einem Jahr.

Welche Formen der Pflege gibt es? Die Fachstelle hat zwei Angebote:

  1. Notaufnahmen Das Kind lebt für wenige Tage bis maximal sechs bis neun Monate in der Familie – meist in akuten Krisensituationen. Ziel ist es, innerhalb weniger Stunden oder Tage schnell Schutz und Stabilität zu geben. Parallel wird an einer Anschlusslösung gearbeitet. Zwischen Einsätzen erhalten Pflegefamilien eine Pause. 
  2. Mittel- bis langfristige Aufnahmen Diese Verhältnisse dauern in der Regel mehrere Jahre, oft bis zur Ausbildung oder darüber hinaus. Die Kinder (0–12 Jahre) kommen häufig aus schwierigen Situationen oder vorangegangenen Notunterbringungen. Sie sollen sich als Teil der Familie fühlen und vor Ort integriert werden. Der Kontakt zur Herkunftsfamilie bleibt meist bestehen.

Wie lange bleibt ein Kind und was kommt danach? Ziel ist eine langfristige Begleitung – häufig bis zum Abschluss der ersten Ausbildung. Im Kanton Luzern kann die Unterstützung durch die Fachstelle bis zum 25. Lebensjahr des jungen Menschen fortgeführt werden. Die Beziehung zu den Pflegeeltern endet nicht zwangsläufig mit dem Austritt, viele Pflegekinder halten ein Leben lang Kontakt. Auch nach dem Pflegeverhältnis steht die Fachstelle mit Beratung zur Seite.

Wie viel Zeit braucht es und welche Arbeitspensen einer externen Erwerbstätigkeit sind realistisch? Pflegekinder brauchen präsente Bezugspersonen, die Energie und Zeit haben, um das Kind kennenzulernen. In den ersten Jahren nach einer Aufnahme sollten Pflegeeltern, insbesondere bei mittelfristigen oder langfristigen Platzierungen, selbst betreuen – unterstützt allenfalls durch nahe Bezugspersonen wie Pflege-Grosseltern. Grundsätzlich ist eine Berufstätigkeit eines oder beider Pflegeelternteile vorgesehen und oft notwendig zur Existenzsicherung. Wichtig ist jedoch, dass der Familienalltag so gestaltet wird, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht. 

Können Pflegeeltern ihr Kind in die Kita geben, sobald es sich eingelebt hat? Ein Kita-Besuch ist nicht ausgeschlossen, muss aber sorgfältig geprüft, gut begleitet und mit Eltern sowie Fachstelle abgestimmt werden. In der Praxis zeigt sich oft erst im Zusammenleben, wie die Betreuung konkret organisiert werden kann.

Welche Unterstützung gibt es? Pflegeeltern werden eng begleitet: mit regelmässigen, telefonischen und persönlichen Austausch, Fachberatung, einem Pikettdienst für Krisen, Ausbildungskurs, Fortbildung und Austauschgruppen. Das beginnt schon vor der ersten Aufnahme und setzt sich im Pflegealltag fort.

Finanziell erhalten Pflegeeltern eine Entschädigung für Betreuung, Unterhalt und Nebenkosten des Kindes. Sie gilt als Nebenerwerb und schliesst Sozialversicherungen ein. Für die eigene wirtschaftliche Sicherheit reicht das in der Regel nicht – eine zusätzliche Erwerbstätigkeit ist meist notwendig.

Was passiert bei Trennung, Schulwahl oder Behördenfragen?

  • Trennung: Kommt es zur Trennung eines Paares, wird gemeinsam mit allen Beteiligten – inklusive Kind – entschieden, wie es weitergeht. Oft übernehmen beide Pflegeelternteile weiterhin Verantwortung. Die Fachstelle begleitet Paare auch in Trennungssituationen und sucht gemeinsam nach der besten Lösung für das Kind.
  • Schule: In der Regel besucht das Kind die Schule am Wohnort der Pflegefamilie. In Ausnahmefällen sind auch andere Lösungen möglich.
  • Behördliche Zustimmung: Bei medizinischen oder rechtlichen Fragen muss die Pädagogische Leitung eingebunden werden, die mit den Sorgeberechtigten oder der zuständigen Behörde entscheidet.

Wie sieht der Kontakt zur Herkunftsfamilie aus? Pflegekinder haben immer leibliche Eltern, auch wenn diese aktuell nicht selbst für sie sorgen können. Das Sorgerecht bleibt meist bei den Eltern oder der zuständigen Behörde, während die Pflegeeltern den Alltag gestalten.

In vielen Fällen besteht weiterhin Kontakt zur Herkunftsfamilie. Von Pflegeeltern wird dabei ein respektvoller und offener Umgang mit den Bezugspersonen des Kindes erwartet.

Die Besuchsregelungen sind flexibel: Sie reichen von selbstständigen Treffen bis zu begleiteten Kontakten etwa im Rahmen des wöchentlichen Eltern-Kind-Treffs «ElKi» der Fachstelle in Kriens. Art und Häufigkeit werden individuell vereinbart und regelmässig angepasst.

Und Adoption? Eine Adoption ist nicht möglich – Pflegeverhältnisse bleiben Pflegeverhältnisse. Das Kind bleibt rechtlich Teil seiner Herkunftsfamilie. Pflegeeltern schenken ein Zuhause auf Zeit, doch viele Bindungen halten ein Leben lang.

Mehr Informationen, persönliche Beratung und Termine für Infoveranstaltungen bietet die Fachstelle Kinderbetreuung Luzern auf ihrer Website

Am 20. August 2025 von 19.30 bis 21.30 Uhr in Kriens führt die Fachstelle Kinderbetreuung Luzern eine Infoveranstaltung für Queers durch, dich sich für die Lebensform Pflegefamilie interessieren. Der Anlass richtet sich an Interessierte aus der Zentralschweiz. Melde dich hier an.

Wohnst du nicht in der Zentralschweiz? Dann wende dich an die für deinen Wohnort zuständige Fachstelle, z.B. zu finden beim Fachverband DAF Pflegekind – in Deutschland an das örtliche Jugendamt und in Österreich an die Kinder- und Jugendhilfe deines Bundeslandes.

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