Schwulenhass in Amberg – 25 Jahre nach Mord an Klaus Peter Beer
Zwei Neonazis schlugen und traten den 20-Jährigen und warfen ihn in den Fluss, wo er ertrank
Im September 1995 wurde im bayerischen Amberg der schwule Busfahrer Klaus Peter Beer ermordet. 25 Jahre später findet nun eine Demonstration gegen das Verdrängen statt.
Die Gewalttat aus Schwulenhass in der Stadt Amberg in der Oberpfalz, 70 Kilometer von Nürnberg entfernt, liegt ein Vierteljahrhundert zurück. Der Bus- und Taxifahrer Klaus Peter Beer wurde am 7. September 1995 von den Amberger Neonazis, Dieter Müller und Richard Lorenz, bewusstlos geschlagen und getreten. Anschliessend warfen sie ihr hilfloses Opfer in die Vils, wo Beer ertrank.
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Der gebürtige Amberger war in seine Heimatstadt gekommen, um seine kranken Eltern zu besuchen und hatte seine Mörder in einer Kneipe kennengelernt, wie die Journalistin Gabriele Jenk in ihrer ARD-Dokumentation «Tödliche Begegnung» zeigt.
Im April 1998 wurden die Täter in zweiter Instanz wegen Totschlags zu 12 Jahren und acht Jahren Haft verurteilt. Der Richter am Landgericht Amberg erklärte in seinem Urteil: Die Scheusslichkeit und Menschenverachtung, mit der die Männer vorgegangen waren, erinnerten an die «düstersten Zeiten der deutschen Geschichte», zitiert ihn die Amadeu-Antonio-Stiftung.
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Vor zehn Jahren gab es die erste sichtbare Erinnerung an Klaus-Dieter Beer. Im September übergab die ver.di Jugend eine Gedenktafel symbolisch an die Stadt – im Rahmen einer Gedenkkundgebung statt, die von circa 40 Neonazis gestört wurde.
Die Stadt verweigerte jedoch deren Annahme, wie das Bündnis gegen das Vergessen gegenüber MANNSCHAFT mitteilte. Die verdi Jugend Oberpfalz habe die Gedenktafel schliesslich selbst am Tatort angebracht. Nur wenige Tage nach der Demonstration wurde die Tafel, wahrscheinlich von Neonazis, gewaltsam entfernt. Zurück blieben Aufkleber des Kameradschaftszusammenschluss «Freies Netz Süd» und der örtlichen neonazistischen Kameradschaft «Nationale Sozialisten Amberg».
Die Stadt Amberg wiederum erklärt gegenüber MANNSCHAFT, man habe in den vergangenen Jahren zwei Gedenktafeln entgegengenommen. Diese wurden am Vilssteg angebracht. Dort in der Nähe haben die beiden Täter Klaus Peter Beer ins Wasser geworfen. «Leider verschwanden diese beiden Gedenktafeln in den Tagen bzw. Wochen nach der Anbringung und konnten nicht mehr aufgefunden werden.»
2010 und 2015 wurden unter Beteiligung der ver.di-Jugend Oberpfalz Gedenktafeln übergeben, im Jahr 2013 eine weitere Tafel von Seiten der Jungen Liberalen, wie uns Gewerkschaftssekretärin Kathrin Birner von ver.di Bezirk Oberpfalz mitteilte. Die Polizei habe nach der 2010 provisorisch angebrachten Gedenktafel Ermittlungen aufgenommen, doch die seien im Sande verlaufen.
Der Grund für seine Ermordung war allein seine Homosexualität und dass er nicht in das faschistische Weltbild seiner Mörder passte, heisst es nun im Aufruf zur Demo am 12. September. Durch den sogenannten Vilsmord habe Amberg bundesweit Schlagzeilen gemacht. Und weiter: «In Amberg selbst geriet der Mord schnell in Vergessenheit. Der Umgang der politisch Verantwortlichen der Stadt ist bis heute geprägt von einer Politik des Ignorierens und Verdrängens. Damit reiht sich der Mord ein in die relativierende Erzählung vom Einzeltäter, die auch die bundesweite Diskussion zum rechten Terror prägt.»
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Die bayerische Landtagsabgeordnete Tessa Ganserer (Grüne) erklärte gegenüber MANNSCHAFT: «Ich finde es beschämend für die Stadt Amberg, dass die Vertreter*innen im Rathaus es bis heute nicht geschafft haben, einen Ort der Erinnerung ein zu richten und damit ein deutliches Zeichen gegen Rechts, Homofeindlichkeit und jegliche Form von Menschenfeindlichkeit zu setzen.»
Der Mord an Beer sei kein singuläres Ereignis in einer ansonsten friedlichen und von Rassismus und Neonazismus freien Stadt gewesen, so die Demo-Veranstalter*innen. In den 90ern und zu Beginn der 2000er Jahren sei es in Amberg immer wieder zu Übergriffen von Neonazis auf Andersdenkende und auf Menschen gekommen, die nicht in ihr rassistisches und antisemitisches Weltbild passten.
«In dieser Zeit wurde der Raum Amberg auch zu einem der wichtigsten Zentren der süddeutschen Rechtsrockszene. Bis zu seinem Verbot hatte unter anderem das neonazistische Netzwerk Blood & Honour seinen bayerischen Sitz in Amberg. Wie heute bekannt, war Blood & Honour auch die organisatorische Heimat der späteren NSU-Mörder und zahlreicher ihrer Unterstützer*innen.» Ende der 00er Jahre sei Amberg immer mehr zum Rückzugsort für Vortragsveranstaltungen und Konzerte der Süddeutschen Neonaziszene, so die Veranstalter*innen.
Nach Verbot organisierte sich die rechte Szene schnell neu Mit dem neonazistischen Zusammenschluss «Widerstand Amberg», der später unter dem Namen «Nationale Sozialisten Amberg» agierte, habe sich in Amberg eine Kameradschaft gebildet, die eng in bayern- und bundesweite Strukturen bis zum Verbot des «Freien Netz Süd» im Jahr 2014 eingebunden gewesen sei. «Nach dem Verbot organisierte sich die rechte Szene in Amberg schnell neu. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2019 kam es durch den neu gegründeten Oberpfälzer Ableger der extrem rechten «Identitären Bewegung» in Amberg zu einer Serie an massiven Sachbeschädigungen und Übergriffen auf alternative Jugendliche.»
Heute gelte genauso wie vor 75 Jahren: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! 25 Jahre nach dem Mord an Klaus Peter Beer gebe es noch immer keinen Ort des Gedenkens und keine Gedenktafel. Kein Platz und keine Strasse sei nach ihm benannt.
MANNSCHAFT feiert 10. Geburtstag – und erfüllt drei Wünsche!
Kürzlich wurden in Bayern mehrere queerpolitische Verbesserung beschlossen: So wird die Beratungsinfrastruktur für queere Personen im ländlichen Raum im neuen Doppelhaushalt einen eigenen Posten erhalten. Zudem wird sich der Bayerische Landtag öffentlich vom historischen Unrecht gegenüber Homosexuellen, das über den §175 bis 1994 Gültigkeit hatte, distanzieren und sich für eine wissenschaftliche Aufarbeitung einsetzen (MANNSCHAFT berichtete).
Hass im Netz richtet sich oft gegen LGBTIQ, gegen Flüchtlinge und Politiker*innen. Um dies effektiv und schlagkräftig zu bekämpfen, wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft München Oberstaatsanwalt Hartleb zentral für ganz Bayern als Hate-Speech-Beauftragter der bayerischen Justiz bestellt. Nach einem guten halben Jahr ziehen wir Bilanz (MANNSCHAFT berichtete).
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