Schweiz soll intergeschlechtliche Kinder wie alle anderen Kinder schützen

Die UNO hat Bern seit 2015 schon fünfmal gerügt

Symbolbild (Foto: engin akyurt/Pixabay)
Symbolbild (Foto: engin akyurt/Pixabay)

Mitglieder des Ständerats haben die Motion 22.3355 eingereicht, die nicht verhältnismässige medizinische Eingriffe an inter Kindern verbieten will.

InterAction Schweiz begrüsst die Motion in einer Pressemitteilung von Mittwoch: Das Vorhaben entspreche «unserem Hauptziel», heisst es darin. Die Schweiz müsse intergeschlechtliche Kinder wie alle anderen Kinder schützen.

1,7 % der Weltbevölkerung haben eine Variation der Geschlechtsmerkmale, heisst es in der Mitteilung. Auf die Schweiz bezogen, entspreche dies der Bevölkerung der Stadt Bern oder Lausanne. «Diese Menschen haben eine angeborene Variation ihrer Geschlechtsmerkmale. Sie unterscheiden sich von den aktuellen Definitionen von männlichen oder weiblichen Geschlechtsmerkmalen. Intergeschlechtlichkeit darf nicht mit der Geschlechtsidentität verwechselt werden.»

Die meisten der Variationen stellten laut InterAction keine Gefahr für die Gesundheit des Kindes dar. Kinder mit einer Variation der Geschlechtsmerkmale werden in der Schweiz immer noch zahlreichen hormonellen oder chirurgischen Behandlungen unterzogen. Die Behandlungen würden ohne die Einwilligung der Kinder durchgeführt und die Eltern erhielten nicht alle Informationen, die sie für eine freie und informierte Einwilligung benötigen, so die Kritik von InterAction.

Die UNO hat die Schweiz seit 2015 fünfmal gerügt, und beurteilt die irreversiblen Eingriffe als Folter. Die Nationale Ethikkommission hat 2012 empfohlen und 2020 bestätigt, das Kind selbst entscheiden zu lassen. Die UNO und die ECRI fordern von der Schweiz ein Verbot. Die von Mattias Michel (FDP) am 18. März eingereichte Motion möchte diesen Praktiken ein Ende setzen.

Laut InterAction Schweiz sind an begleitenden Massnahmen zu diesem Verbot u.a. ein spezifischer Aktionsplan zum Thema Intergeschlechtlichkeit / Variationen der Geschlechtsmerkmale erforderlich, ebenso eine Meldepflicht aller geschlechtsverändernden Eingriffe an Kindern mit einer Variation der Geschlechtsmerkmale an ein schweizweites Zentralregister sowie eine Verlängerung der strafrechtlichen und zivilrechtlichen Verjährungsfristen

Zu sehen, dass das Parlament bereit ist, einen Text wie diesen einzureichen, um alle Kinder zu schützen, ist ein echter Fortschritt

Die Mitgründerin des Vereins, Audrey Aegerter, freut sich, dass sich die Schweiz der Rechte von inter Menschen annimmt. «Als wir den Verein 2017 gründeten, träumten wir von diesem Tag. Natürlich ist die Arbeit noch nicht beendet, aber zu sehen, dass das Parlament bereit ist, einen Text wie diesen einzureichen, um alle Kinder zu schützen, ist ein echter Fortschritt». Für Urs Vanessa Sager ist die Motion «ein konkreter Fortschritt im Schutz von intergeschlechtlichen Menschen in der Schweiz. Abgesehen davon, sind die Eingriffe kurz-, mittel- und langfristig mit schwerwiegenden physischen und psychologischen Folgen verbunden.»

Mirjam Werlen, Juristin bei InterAction, betont die Bedeutung eines strafrechtlichen Verbots. «Das Kindeswohl, die Selbstbestimmung und andere Grundrechte von intergeschlechtlichen Kindern können nur durch ein strafrechtliches Verbot geschützt werden.» Die Rechtssicherheit werde durch das Zivilrecht nicht gewährleistet, so Werlen.

Erst im Herbst wurde erneut ein baldiges Verbot von ZwangsOPs an inter Kindern und Jugendlichen gefordert. Österreich und 51 weitere Staaten sind für den Schutz (MANNSCHAFT berichtete).

Valentino Vecchietti hat zur Pride-Saison 2021 eine erweiterte Version der sogenannten «Progress Pride»-Fahne entworfen – mit Inter-Symbolik (MANNSCHAFT berichtete).

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