Reden und ESC gucken: Wie Pat*innen queeren Geflüchteten helfen
Das Programm von Munich Kyiv Queer für LGBTIQ-Geflüchtete aus der Ukraine soll ausgebaut werden
Die Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer hat ein Pat*innen-Programm gestartet, das queere Geflüchtete aus der Ukraine durch soziale Interaktionen und eine gemeinsame Freizeitgestaltung unterstützt.
Wer Geflüchtete supporten will, muss gar nicht immer gleich zum Geldbeutel greifen: Soziale Kontakte tragen viel dazu bei, dass sich eine Person in einem fremden Land rasch zurechtfindet. Genau das ist der Sinn des Mentoring-Programms DACH, das die Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer im Februar ins Leben gerufen hat und Geflüchtete aus der Ukraine unterstützt. «DACH» steht hier eben nicht nur für das physische Dach über dem Kopf, sondern auch für die Möglichkeit, in einem geschützten Umfeld ein neues Leben aufzubauen. «Damit sie nicht allein in München im Regen stehen», schreibt die Gruppe dazu.
Dabei geht es um ganz einfache Dinge: Man kann zum Beispiel die neuen Freund*innen aus der Ukraine zu sich einladen, mit ihnen spazieren gehen oder mal einen Kaffee trinken. Wenn es für die Beteiligten passt, können die Geflüchteten von den Pat*innen auch bei Behördengängen unterstützt werden.
Gegenseitiges Vorstellen «Aktuell haben wir fünf Pat*innen, die sich um sechs Geflüchtete kümmern. Ein Pate kümmert sich um zwei Geflüchtete, die ein Paar sind», sagt Stephanie Hügler, die das Pat*innen-Programm zusammen mit Marco Schneider organisiert. Auf ukrainischer Seite sind noch Olha Rubtsova und Nikita Volkov dabei. Sie planen, das Programm nach und nach weiter auszubauen.
Damit die Zuteilung ein Erfolg wird, berichten die Interessierten zunächst in einem Video oder Text über sich und erzählen von ihren Interessen und Vorstellungen. Danach findet ein von Munich Kyiv Queer moderiertes Treffen statt, um zu schauen, ob es passt.
Spielen und Wandern Parallel zum eigentlichen Pat*innen-Programm organisiert die Gruppe auch Veranstaltungen, um die deutsche und die ukrainische Community zusammenzubringen. «Dazu haben wir in den vergangenen Monaten etwa einen Kickoff-Abend, einen Karaoke-Wettbewerb und eine Wanderung organisiert», sagt Stephanie.
«Aktuell sind ein Poetry-Abend und ein Spiele-Abend in Planung. Auch eine weitere Wanderung steht auf der Agenda. Dadurch möchten wir ein niederschwelliges Kennenlernen der Interessierten ermöglichen.» Zusätzlich gebe es einige Kleingruppen, in denen Interessierte sich zu Jobfragen wie Bewerbungsprozessen, aber auch zu konkreten Jobangeboten (zum Beispiel im IT-Bereich) austauschen.
Menschen lächeln zurück Stephanie selbst ist die Patin von Nastya. Die 36-Jährige ist am 9. März 2022 mit ihrer kleinen Mischlingshündin Manjunja aus der ukrainischen Hafenstadt Odesa vor dem Krieg nach München geflohen. In ihrer Heimat hat Nastya in einer Autowerkstatt gearbeitet. Hier möchte sie bald eine Ausbildung zur Altenpflegerin machen, wofür sie allerdings das Sprachniveau B2 statt B1 benötigt. Nach ihrem jetzigen Integrationskurs werde sie deshalb einen weiteren Sprachkurs besuchen und ihn voraussichtlich nach einem halben Jahr mit B2 anschliessen.
An München liebe sie die Architektur und die freundlichen Menschen, die gerne zurücklächeln, wenn sie von ihr angelächelt werden. Und sie freue sich, dass sie sich hier als Lesbe nicht verstecken muss: «In München kann ich ganz offen ich sein. Das tut so gut.»
Zwei ESC-Fans Nastya und Stephanie sehen sich etwa einmal pro Woche. Dann gehen sie beispielsweise zusammen schwimmen, spazieren oder auf ein Frauenfest. «Den ESC haben wir jetzt schon zweimal zusammen angeschaut», erzählt Stephanie. Die beiden helfen sich auch gegenseitig – etwa bei Umzügen oder beim Sammeln von Spenden für die Ukraine (MANNSCHAFT berichtete).
Auch Nastyas derzeitigen Nebenjob in einer Küche eines queerfreundlichen Lokals hat man gemeinsam gefunden. Stephanie ging mit ihrer Frau und Nastya dort vorbei und hat beim Wirt nachgefragt, ob sie aktuell jemanden suchen würden.
Die Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer entstand bereits 2012 nach dem CSD in München und setzt sich besonders für die Menschenrechte von queeren Personen in der Ukraine ein (MANNSCHAFT berichtete). Die Städtepartnerschaft zwischen Kyjiw und München ist die Basis dafür. Längst erreichen die gemeinsamen Projekte jedoch die gesamte Ukraine.
Mehr Infos über das Pat*innen-Programm gibt es unter diesem Link.
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