Queers häufiger durch Depressionen und Burnout beeinträchtigt

Es besteht eine «massive Chancenungleichheit für ein gesundes Leben»

Foto: Delia Giandeini/Unsplash
Foto: Delia Giandeini/Unsplash

Queere Menschen in Deutschland sind häufiger durch psychische und körperliche Erkrankungen beeinträchtigt als die übrige Bevölkerung. So seien LGBTIQ zum Beispiel fast dreimal häufiger von Depressionen und Burnout betroffen, geht aus der Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und der Universität Bielefeld hervor.

Auch von Einsamkeit berichteten LGBTIQ häufiger. «Auch potenziell stressbedingte körperliche Krankheiten wie Herzkrankheiten, Migräne, Asthma und chronische Rückenschmerzen kommen weitaus häufiger vor als in anderen Bevölkerungsgruppen», schreiben die Autor*innen. Die Befunde deuteten «auf eine massive Chancenungleichheit für ein gesundes Leben hin». Das DWI erklärte, nach aktuellem Stand der Forschung könnten Anfeindungen und Ablehnung Auslöser dieser Erkrankungen sein. Auch ein geringes Selbstwertgefühl durch Werbung und Social Media haben gesundheitliche Folgen (MANNSCHAFT berichtete).

Der am Mittwoch veröffentlichte Bericht fusst auf Angaben von über 28 000 Menschen ab 18 Jahren aus dem Jahr 2019. Von ihnen beschrieben sich rund 4500 selbst als zugehörig zur Gruppe LGBTIQ. Über die Studie hatten zuerst Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichtet.

Trotz der hart erkämpften Fortschritte bei der rechtlichen Gleichstellung von LGBTIQ sei die Verheissung einer gleichberechtigten und inklusiven Gesellschaft noch weit von Erfüllung entfernt, erklären Sven Lehmann und Ulle Schauws, die Grünen-Sprecher*innen für Queerpolitik. Daher müsse auch die soziale und gesundheitliche Situation von LGBTIQ ins Blick genommen werden.

«Direkte und indirekte Diskriminierung, Stigmatisierung und Mobbing haben nach wie vor schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit von LGBTIQ. Diese negativen Erfahrungen führen zu Depressionen, Angststörungen, Substanzmissbrauch, Selbstverletzungen bis hin zu Selbstmord(-versuchen). Die historische Erblast, aber auch die anhaltende Diskriminierung und Abwertung aufgrund negativen Werthaltungen gegenüber LGBTIQ, mangelndes Wissen und die medizinische Unterversorgung verursachen ausserdem, dass LGBTIQ durchschnittlich unter grösserem Stress leben als der Bevölkerungsdurchschnitt», erklären die Grünen weiter.

Dies zu ändern, erfordere eine umfangreiche Strategie für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. 15 Bundesländer (ausser das CSU-geführte Bayern) hätten dies verstanden und landesweite Aktionspläne vorgelegt, so die beiden Grünen-Politiker*innen. Auch die Europäische Union hat Ende 2020 eine LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie veröffentlicht. Zudem hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Polen scharf kritisiert: Die in einigen polnischen Gemeinden ausgerufene «LGBTI-freie Zonen» seien «menschlichkeitsfreie Zonen und haben keinen Platz in unserer Gemeinschaft» (MANNSCHAFT berichtete).

Dass die Bundesregierung sich weigert, einen bundesweiten Aktionsplan vorzuschlagen, sei ein Armutszeugnis von Union und SPD. Das sagt auch die Linke.queer. Es müsse spätestens jetzt angesichts dieser Zahlen einen umfassenden Bundesaktionsplan zur Bekämpfung von LGBTIQ-Feindlichkeit geben. «Das gilt auch und gerade in Zeiten der Pandemie für die Absicherung und den Ausbau gesicherter Orte (‚safe spaces‘) für LGBTIQ.»

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Brauchst du Hilfe? Wende dich in der Schweiz telefonisch an die Nummer 143 oder schreibe an die Berater*innen von Du-bist-Du.ch. In Österreich hilft die HOSI Wien (zu Büroöffnungszeiten) unter (+43) 660 2166605, das Kriseninterventionszentrum oder für LGBTIQ die psychosoziale Beratungsstelle Courage. In Deutschland gibt es die Notfall-Nummer 19446, zudem hilft u.a. der Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie, in Städten wie Köln kann man sich an Rubicon wenden.

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