«Queen – Das Comic» und mehr queere Lese-Tipps für den Frühling
Die Leipziger Buchmesse ist vorbei – jetzt geht das Lesen los!
Du suchst nach LGBTIQ-Literatur? Wir haben die neuesten Werke von queeren Autor*innen für dich. Hier ist für alle etwas dabei!
Gerbrand Bakker – Der Sohn des Friseurs Eine berührende Vater-Sohn-Geschichte: Simon schneidet Männern die Haare, ungern zu viel davon. Er ist Friseur, doch von Leidenschaft kann keine Rede sein, der Beruf ist ihm in den Schoss gefallen. Simon übernahm den Friseursalon von seinem Vater, der wiederum das Geschäft von Simons Grossvater fortgeführt hatte. Simons Mutter nennt ihn «träge» und «ein grosses Kind mit einem Friseurladen».
Nun kommen in seinen Laden eine Handvoll Stammkunden, die sich die Haare schneiden lassen und Monologe halten, die Simon mit «hm» oder «ah» beantwortet.
Als er sich bei den wöchentlichen Schwimmausflügen einer Gruppe geistig behinderter Jugendlicher engagiert, gerät sein wechselvolles Leben auf Hochtouren. Zu seiner Schande fühlt er sich nicht nur zu einem der geistig behinderten Jugendlichen hingezogen, dessen körperliche Schönheit ihn an den Schwimmer Aleksandr Popov erinnert; zum ersten Mal in seinem Leben beginnt Simon auch, sich Fragen über seinen Vater zu stellen. Er hat ihn nie gekannt und untersucht nun die Umstände seines bizarren Todes bei einem Flugzeugabsturz auf Teneriffa.
Simons Alltag, der sich hauptsächlich zwischen Friseursalon und Schwimmbad abspielt, wird zunehmend abwechslungsreicher und das Leben des Protagonisten nimmt erheblich an Fahrt auf, auch weil er sich mit dem Phänomen Flugzeugkatastrophen und mit der Geschichte seines Vaters auseinandersetzt.
Es ist ein warmherziger Roman über eine Vatersuche mit überraschenden Wendungen, Sehnsucht, der Suche nach Nähe und der Notwendigkeit, unbequeme Wege zu gehen.
Roland Müller-Flashar vom Buchladen Prinz Eisenherz hat «Der Sohn des Friseurs» für dich gelesen. – Roman, Suhrkamp, 287 Seiten
Carina Maggar – Unzählige schlaflose Nächte Carina Maggar hat 85 queere Menschen aus 16 Ländern interviewt, woraus eine bewegende Sammlung entstanden ist mit 50 Coming-out-Geschichten von Geschlechtern unterschiedlichster sexueller Orientierung: berührend, kraftvoll, traurig, überraschend und lustig. Einige Gespräche hallten bei der lesbischen Autorin aus London nach, machten sie wütend und traurig, weil sie daran erinnern, wie viele Menschen auf der Welt leiden müssen, nur weil sie jemanden lieben.
Wir finden: Ein Buch für Queers, ganz gleich, ob sie sich geoutet haben oder nicht, für diejenigen, die Unterstützung brauchen oder selbst mehr unterstützen wollen, für Heterosexuelle, die besser verstehen wollen, für Eltern, die es ihren Kindern schenken möchten, wenn sie vermuten, dass sie mit ihrer Sexualität zu kämpfen haben. – Sammlung, Laurence King Verlag, 176 Seiten
Constance Debré – Love Me Tender Nach ihrem Coming-out verliert die Protagonistin in «Love Me Tender» den Zugang zu ihrem Sohn. Noch schlimmer: Ihr Ehemann bezichtigt sie der Pädophilie und beantragt das alleinige Sorgerecht. Die einst erfolgreiche Anwältin hängt ihren Job an den Nagel, um an ihrem Buch zu schreiben. Sie vertreibt ihre Zeit mit Schwimmen und wahllosem Sex mit Frauen, die ihr wenig bedeuten.
Wir finden: Der autobiografische Roman der ehemaligen französischen Strafverteidigerin Constance Debré ist eines von drei Büchern, in denen sie die Drogensucht ihrer Eltern, ihr Coming-out und den Kampf um das Sorgerecht für ihren Sohn verarbeitet. In «Love Me Tender» tut sie das in einer schnörkellosen und ungefilterten Sprache, die die Leser*innen an ihrem tauben Schmerz teilhaben lässt. Eine tief bewegende Lektüre. – Roman, Matthes & Seitz Berlin, 152 Seiten
Kind of Magic – Queen, das Comic
In welches Regal? Zu den (auto-)biografischen Comics über Musiker*innen wie «Heartstrings: Melissa Ethridge & Her Guitars» (Z-Comics), Tine Pesch: «Rebel Girl» (Ventil Verlag) oder Reinhard Kleists «Nick Cave», «Starman» (über David Bowie) und «Cash» (alle Carlsen-Verlag).
Wie sieht es aus? Extrem vielfältig, 17 der 20 Kapitel wurden von unterschiedlichen Künstler*innen einer, laut Verlag, «neuen Generation franko-belgischer Comiczeichnenden» gestaltet. Von realitätsnahen Zeichnungen über beinahe cineastisch ausgearbeitete Panels reichen die Umsetzungen bis hin zu Karikaturhaftem und digital bearbeiteten, eher flächigen Bildern.
Um was geht es? Freddie Mercury – ein Name, den alle kennen, die sich jemals mit Musikgeschichte beschäftigt haben. Weniger bekannt dagegen dürfte sein Geburtsname Farrokh Bulsara sein oder aber die Umstände, wie die legendäre Band Queen eigentlich zusammenfand, welche Zufälle es bedurfte, welcher Zugeständnisse, wo feste Überzeugung und absolute Kompromisslosigkeit nötig waren. Einige dieser Lücken füllt «Queen – Das Comic».
Wie finden wir es? Der Comicband reiht keine allseits bekannten Anekdoten aneinander und bemüht sich erst gar nicht um Vollständigkeit. Im Gegenteil, das hier verfolgte Konzept der geplanten Sprünge wirft zwanzig Schlaglichter auf die Geschichte einer der einflussreichsten Bands der Musikgeschichte und ihre Mitglieder. Eine historische und/oder gesellschaftliche Einordnung erhält jedes der Kapitel anhand des dazwischengeschobenen Text- und Fotomaterials.
Im französischen Original des Verlages Éditions Petit à Petit gehört «Queen» zu einer Reihe gleichartig aufgebauten Biografien, die sich vornehmlich mit weissen, heterosexuellen cis Männern beschäftigt. Umso mehr freuen wir uns, dass sich der österreichische Verlag Bahoe Books dafür entschieden hat, diesen Band zu übersetzen und in ihr Programm aufzunehmen. Wenn wir uns nun noch etwas wünschen dürften, dann, dass als nächstes das einzige Buch auf deutsch erscheint, das die französischen Kolleg*innen einer Frau gewidmet haben: Nina Simone. – Simone Veenstra
«Queen – Das Comic», Szenario: Emmanuel Marie, Texte Sophie Blitman, Zeichnungen: various, Verlag: bahoe books, Hardcover, aus dem Französischen übersetzt von Yara Haidinger
Bücher im queeren Buchladen kaufen: buchladen-erlkoenig.de loewenherz.at queerbooks.ch prinz-eisenherz.com
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