«Noch immer fürchten viele bei der Polizei das Coming-out»
Das Kommando LGTBIPOL in Madrid gibt es seit über fünf Jahren
Fünf Polizisten und Wachleute haben sich 2016 zusammengeschlossen, um ihr Doppelleben zu beenden und ihre Kolleg*innen in Sachen Gleichstellung auszubilden. Heute zählt die Vereinigung bereits mehr als 250 LGBTIQ-Beamt*innen.
von Camilla Landbø
Der Start ins berufliche Leben war für Rufino Arco begleitet von grosser Freude. Aber auch von einem beklemmenden Gefühl, nicht dazugehören zu dürfen, wenn er als schwuler Mann über sein Privatleben offen sprechen würde. Also erfand der Spanier vorsichtshalber ein «Alibi» für den Fall, dass er beim Aufnahmegespräch in die Nationale Polizeischule nach seinem Privatleben gefragt würde. Das war 2008.
Er wurde nicht gefragt und aufgenommen in die Polizeischule in der Stadt Ávila, nordwestlich von Madrid – und nur nach wenigen Monaten in der Schule liess er die «Maske» fallen und begann mit seinen Kolleg*innen in der Ausbildung ganz natürlich über seine Orientierung zu sprechen. Und dies, ohne Konsequenzen.
Im Gegenteil: 13 Jahre sind seither vergangenen und der 39-Jährige ist mittlerweile Polizeibeamter in Madrid und Vizepräsident der Vereinigung LGTBIPOL. Aber der Weg dahin war nicht immer einfach, wie auch seine Mitstreiter und Mitgründer der Vereinigung zu berichten wissen. Alle fünf Sicherheitsleute kennen diese Momente, in denen sie in ihrem beruflichen Umfeld vorzogen hatten zu schweigen. Arco konkretisiert bedauernd: «Noch heute haben Dutzende künftige Beamte dieselbe Angst, die ich vor Jahren hatte.»
Letzten Sommer gab es Kritik an dem harten Polizeieinsatz bei einer Demo gegen Homohass in Madrid (MANNSCHAFT berichtete).
Rufino Arco und seine Kolleg*innen wurden deswegen aktiv und gründeten 2016 in Madrid LGTBIPOL, um die LGBTIQ-Gruppe in den Sicherheitskräften sichtbar zu machen und Schulungen zum Thema Vielfalt anzubieten. Mittlerweile vertreten sie als Kollektiv mehr als 250 Mitglieder. Vorbei sind die Zeiten, in denen die sexuelle Orientierung innerhalb der Polizei ein Tabu ist. Vor einem Monat etwa reiste LGTBIPOL auf die Kanarischen Inseln, um eine Schulung für rund 400 Polizist*innen abzuhalten.
Auch arbeitet die Vereinigung mittlerweile mit verschiedenen polizeilichen Abteilungen oder Nichtregierungsorganisationen zusammen, klärt auf, sensibilisiert, berät. Die Madrider Stadtpolizei richtete beispielsweise im Jahr 2017 die Abteilung für Diversitätsmanagement ein: Ein Mitglied des LGTBIPOL-Vorstandes ist auch Teil dieser Abteilung.
Eine vergleichbare Organisation, die GayCopsAustria aus Österreich, haben sich Ende des vergangenen Jahres aufgelöst (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Billie Eilish gibt in Berlin die Ansagerin
Der queere Superstar in einer ungewohnten Rolle: Billie Eilish gibt am Freitag die Ansagerin
Lola bleibt brav – Queere Geschichten weiter auf Nebenschauplätzen
Beim 75. Deutschen Filmpreis dominieren erneut heteronormative Erzählungen – queere Perspektiven bleiben rar. Einige Ausnahmen gibt es, doch von echter Vielfalt ist das deutsche Kino noch weit entfernt.
Messerattacke in Kiel aus Schwulenhass? 4 Männer verdächtig
Diese Messerattacke vor einer Kneipe sorgte Ende 2022 für Schlagzeilen: Von einem möglichen homophoben Hintergrund war die Rede. Nun gibt es erste Ermittlungsergebnisse. Was noch unklar ist.
Supreme Court macht Weg für Trans-Verbot beim Militär frei
Wer seine trans Identität offen leben will, soll das Militär verlassen. So gebietet es Donald Trump. Gerichte hatten das Vorhaben gestoppt. Der Supreme Court gibt dem Präsidenten nun recht.