Neue Vielfalt im Kinderfernsehen
So langsam tut sich tatsächlich etwas im Kinderfernsehen und das Thema Homosexualität hält auch immer häufiger Einzug in Sendungen für eine junge Zielgruppe.
Die Gerüchte, dass Ernie und Bert weit mehr verbindet als nur ihre gemeinsame Wohnung, gab es schon zu meiner Kindheit. Die Macher der «Sesamstrasse» betonen allerdings bis heute, dass es sich bei den beiden um Puppen ohne Unterleib handle und sie somit nicht homo-, sondern vielmehr asexuell seien. Doch so langsam tut sich tatsächlich etwas im Kinderfernsehen und das Thema Homosexualität hält auch immer häufiger Einzug in Sendungen für eine junge Zielgruppe. Für viele ist das ein lange überfälliger und begrüssenswerter Schritt hin zu einer umfassenden Aufklärung im Kindesalter, für manche ist es der Untergang des Abendlandes. Bereits im letzten Jahr äusserte sich der britische Guardian in einem Artikel positiv über diese Entwicklung, die nun immer weitere Kreise zu ziehen scheint.
In Ländern wie Japan stellt Homosexualität im Kinderfernsehen kein Tabu dar und ist etwa ein fester Bestandteil vieler Animeserien. Im deutschsprachigen Raum konnten sich junge Zuschauer davon ein Bild machen, als erstmals «Sailor Moon» über die Bildschirme flimmerte und Bekanntschaft mit der burschikosen Haruka machte. Die half ihr nicht nur als Sailor Uranus im Kampf gegen das Böse, sondern hatte auch eine feste Freundin.
Während man beispielsweise in den USA diese Beziehung entschärfte und aus dem lesbischen Paar Cousinen machte, wurde sie in der deutschen Synchronfassung beibehalten. Auch die «Sailor Starlights», drei Männer, die sich in weibliche Kriegerinnen verwandeln, fielen in Amerika der Schere zum Opfer. Im deutschsprachigen Raum befürchtete man hingegen keinen negativen Einfluss und behielt den Geschlechtertausch bei. Manga und Anime, die sich um die Beziehungen zweier Männer drehen, bilden im Land der aufgehenden Sonne sogar ein eigenes Genre namens Shonen Ai und werden interessanterweise meist von jungen Mädchen konsumiert.
Ganz anders sieht es in den USA aus, wo Homosexualität lange Zeit nur Thema in Trickserien war, die sich tendenziell an ein erwachsenes Publikum richteten. Und selbst hier dauerte es recht lange, bis sich Trickfiguren wie Smithers, der treue Assistent von Mr. Burns aus der Serie «Die Simpsons», endlich trauten und ihr offizielles Coming-out hatten. Tauchten vermeintlich homosexuelle Figuren im amerikanischen Kinderfernsehen auf, dann häufig klischiert und ohne deren sexuelle Orientierung genauer zu thematisieren.
In die Kritik gerieten etwa die Macher der Zeichentrickserie «Dexter’s Labor», die von 1996 bis 2003 auf Cartoon Network lief und auch in zahlreichen anderen Ländern ausgestrahlt wurde. Hier trat in einer Folge der Bösewicht «Silver Spooner» auf, der bewusst ein schwules Stereotyp darstellte, indem er sich wie eine Ballerina bewegte und Judy Garland anhimmelte. Die entsprechende Episode wurde einige Zeit später aus dem Verkehr gezogen.
Doch selbst in den USA sind die Fernsehmacher inzwischen offener und mutiger geworden. Erstaunlicherweise wagt besonders der als recht konservativ bekannte Disney-Konzern erste Schritte und blendet das Thema gleichgeschlechtliche Liebe nicht mehr konsequent aus. Noch bevor LeFou im Kinofilm «Die Schöne und das Biest» mit seinem Partner tanzen durfte, waren in der Trickserie «Star gegen die Mächte des Bösen» bereits homosexuelle Paare zu sehen, die sich küssten.
Eine absolute Vorreiterrolle kommt jedoch dem Kindersender Nickelodeon zu, der in immer mehr Eigenproduktionen ganz selbstverständlich schwule und lesbische Elternpaare zeigt. So etwa in der im vergangenen Jahr gestarteten Serie «Willkommen bei den Louds», wo der beste Freund der Hauptfigur zwei Väter hat. Mutiger waren bislang nur die Macher der Serie «Die Legende von Korra», die nicht nur Protagonisten verschiedenster Ethnien vereint, sondern auch erstmals eine lesbische Hauptfigur ins Zentrum rückt.
Viele der genannten Serien sind mittlerweile auch bei uns zu sehen und ermutigen vielleicht auch hiesige Fernsehmacher, unsere bunte Gesellschaft in all ihren Facetten künftig auch für die Jüngeren greifbarer zu machen.
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