Mpox: «Das Schlimmste sind die Schmerzen und die Narben»

Dr. Christoph Boesecke vom Universitätsklinikum Bonn spricht über Fallbeispiele und Schutzmassnahmen

Mpox zeigt sich z.B. an Händen, Brust, Genital- und Analbereich (Foto: Halfpoint)
Mpox zeigt sich z.B. an Händen, Brust, Genital- und Analbereich (Foto: Halfpoint)

2022 erklärte die Weltgesundheitsorganisation den Ausbruch von Mpox zum Gesundheitsnotstand von internationaler Tragweite. Zwar hob die WHO den Gesundheitsnotstand 2023 wieder auf (MANNSCHAFT berichtete). Ein erneuter weltweiter Ausbruch – verursacht durch Virusvarianten – wird jedoch nicht ausgeschlossen.

Im Rahmen eines sogenannten Redaktionsgesprächs mit dem Titel «Mpox: Gekommen, um zu bleiben» klärte Dr. Christoph Boesecke vom Universitätsklinikum Bonn Ende Juni über Gefahren durch neue Virusvarianten, aktuelle Infektionszahlen, Übertragungswege und die Impfung als Schutzmassnahme auf.

In einer dazu versandten Pressemitteilung eines Impfstoffherstellers wurden die Details dieses Interviews nun einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

«MSM haben das höchste Expositionsrisiko» Darin heisst es zum Hauptübertragungsweg: «Infektionen mit dem Mpox-Virus erfolgen hauptsächlich durch direkten Kontakt mit infektiösen Wunden, Schorf und Körperflüssigkeiten oder mit kontaminiertem Material wie Kleidung, Bettwäsche, Handtücher oder Sexspielzeug. Bei sexuellen Kontakten ist die Übertragungswahrscheinlichkeit deutlich erhöht. Mit 66 Prozent aller Fälle waren Sexualkontakte im Ausbruch 2022 der Hauptübertragungsweg. Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und dabei häufig die Partner wechseln, haben das höchste Expositionsrisiko.»

Dr. Christoph Boesecke (Foto: Universitätsklinikum Bonn)
Dr. Christoph Boesecke (Foto: Universitätsklinikum Bonn)

Das Mpox-Virus weise zwei genetische Kladen (I und II) auf, heisst es. Die Virusvariante Klade IIb ist demnach verantwortlich für das weltweite Mpox-Geschehen seit Mai 2022. Infektionen der Klade I gab es bislang ausschliesslich in Zentralafrika.

Boesecke dazu: «In der Regel haben Erkrankungen mit der Klade IIb einen milden Verlauf und heilen innerhalb weniger Wochen von selbst wieder ab. Symptome treten meist 4 bis 21 Tage nach Kontakt mit einer infizierten Person auf.»

«Die starken Vernarbungen im Genitalbereich belasten mich sehr» Die Pressemitteilung zitiert einen 40-jährigen Mann als Fallbeispiel, der als Patient von Boesecke erklärt: «Das Schlimmste an der Erkrankung sind die Schmerzen, und im Nachhinein die Narben – vor allem die riesige Narbe auf meiner Nase, mitten im Gesicht. Die starken Vernarbungen im Genitalbereich belasten mich ebenfalls sehr. Sie müssen korrigiert werden und machen ein Sexleben derzeit unmöglich.»

Der Mann sei zunächst bei seinem Hausarzt mit einem roten Fleck auf der Nasenspitze vorstellig geworden, den der Mediziner als Sonnenbrand einstufte, heisst es. Innerhalb von drei Tagen entwickelte sich im Nasenbereich eine Nekrose. Das Gewebe wurde schwarz, krustig und schmerzhaft. Parallel dazu traten typische Läsionen am ganzen Körper auf, die zunächst als Windpocken diagnostiziert wurden.

Wenn der Immunstatus schlecht ist, ist das Risiko für einen überall auftretenden Befall sehr hoch

Die spätere diagnostische Klärung ergab eine begleitende Syphilis und eine fortgeschrittene HIV-Infektion. Die Immunzellen (CD4-Zellen) des Patienten waren mit 127/uL deutlich erniedrigt. «Das erklärt, warum der Patient einen sehr schweren Krankheitsverlauf hatte. Wenn der Immunstatus schlecht ist, ist das Risiko für einen überall auftretenden Befall sehr hoch», so Boesecke.

«Ich war eigentlich immer sehr sozial und offen und outgoing» Der 40-jährige Patient erzählt, wie Mpox sei Leben verändert haben: «Ich war eigentlich immer sehr sozial und offen und outgoing. Ich habe die Leute zum Lachen gebracht, aber die Narben sind für mich ein grosses Problem, sodass ich mich mit Maske und langer Kleidung einfach wohler fühle. Ich schlafe denkbar schlecht; meine Nacht endet immer um 4:30 Uhr. Ich bin ein bisschen ‹germophob› geworden. Ich wasche mich öfter und intensiver, benutze seitdem antibakterielles Waschmittel und achte genau darauf, was ich anfasse und wen ich umarme. Ich meide es, neue Leute kennenzulernen, und halte mich heute mehr für mich selbst.»

Impfpass mit Eintrag zu Affenpocken (Foto: Wirestock)
Impfpass mit Eintrag zu Affenpocken (Foto: Wirestock)

Zum Schutz vor Mpox empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine vorbeugende Impfung für Personen mit erhöhtem Expositions- und Infektionsrisiko (MANNSCHAFT berichtete). Dazu zählen Männer ab 18 Jahre, die Sex mit Männern haben (MSM) und dabei häufig die Partner wechseln. Die STIKO empfiehlt ebenfalls nach dem Kontakt mit einer infizierten Person eine zeitnahe Impfung. Diese sogenannte postexpositionelle Impfung wird symptomfreien, erwachsenen Menschen empfohlen, die enge körperliche Kontakte mit Infizierten über nicht intakte Haut oder Schleimhäute hatten, z.B. sexuelle Kontakte und enge zwischenmenschliche Kontakte im Haushalt oder Familienkreis.

Etwa zwei Wochen nach der ersten Impfdosis sei das Risiko für eine Erkrankung deutlich reduziert, heisst es. Für die Grundimmunisierung ist eine zweite Impfdosis im Abstand von mindestens 28 Tagen erforderlich. Wer in der Vergangenheit bereits gegen Pocken geimpft wurde, benötigt nur eine Impfdosis. Grundsätzlich ist der Impfstoff für alle Arztpraxen verfügbar. Gesetzliche Krankenkassen erstatten die Kosten.

«Mpox werden bleiben und in unserem Behandlungsalltag als weitere sexuell übertragbare Erkrankung eine Rolle spielen. Schutzmassnahmen sind insbesondere wegen zahlreicher Veranstaltungen in der Pride-Saison und der Urlaubszeit zu empfehlen. Auch für Mpox gilt wie so oft: Impfen – insbesondere rasches Impfen – hilft», so das Fazit von Boesecke.

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