«Mein Grand Prix» – Wenn der Phoenix den Vogel abschiesst
Der ESC wirft seine Schatten voraus
Der Sänger und Schauspieler Pasquale Aleardi präsentierte am Wochenende seine ESC-Gala: In «Mein Grand Prix» sang er Hits und fast vergessene Perlen aus 66 Jahren.
Echte ESC-Fans können es ja immer nicht erwarten: Der letzte Contest war im Mai, und bis es endlich wieder soweit ist, muss man sich durch einen langen harten Winter kämpfen, in dem nach und nach die Teilnehmer*innen aus den verschiedenen Ländern nominiert oder ausgewählt werden. Italien steht beispielsweise schon fest (MANNSCHAFT berichtete), Österreich ebenso, Deutschland und die Schweiz folgen noch.
Um die Wartezeit zu verkürzen, bietet sich eine neue Show im Berliner Tipi an: Dort singt der Exil-Schweizer Pasquale Aleardi Songs aus 66 Jahren Eurovision Song Contest (MANNSCHAFT berichtete). Am Samstag fand die umjubelte Premiere von «Mein Grand Prix» statt.
Darf man das, kurz nachdem Russland die Ukraine überfallen hatte (MANNSCHAFT berichtete) – eine bunte Schlagershow auf die Bühne bringen? Ja, erklärte Hausdame Marlene eingangs: Man darf nicht nur, man muss. Und spätestens, als das 1990er Siegerlied «Insieme 1992» aus Italien erklang, in dem es heisst «Unite, unite, Europe!», wurde den Zuschauer*innen bewusst, dass mit dem ESC immer auch die Einheit Europas beschworen wurde und wird. Von daher ging diese Premiere total in Ordnung.
Peter Urban, der den ESC in diesem Jahr zum 25. Mal kommentieren wird, begrüsste die Gäste im Tipi als Off-Stimme und verkündete, 20 Nationen hätten sich für den Abend qualifiziert. So sang Aleardi unterstützt von den vier Sänger*innen Sigalit Feig, Anke Fiedler, Martin Mulders und Andreas Bieber (der in «Vivid» am Friedrichstadt-Palast als Entertainer zu sehen war) Hits und fast vergessene Songs u.a. aus Israel, der Türkei, aus Portugal, Griechenland, Spanien, Italien, aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Die Bandbreite der Songs, auch sprachlich, war enorm. Dass man nicht nur einen ESC-Hit nach dem anderen präsentierte, sondern auch fast vergessene Beiträge wie «Bana Bana» (Türkei) oder «Ben Adam» (Israel) zu hören bekam, tat dem Abend sehr gut.
Gastgeber Aleardi, der sich vor der Premiere eine Miniskus-Verletzung zugezogen hatte, hinkte vollgepumpft mit Schmerzmitteln über die Bühne. Dafür verdient er eine Tapferkeitsmedaille. Seine Zwischenmoderationen gerieten etwas zu gefällig – wenn er nicht gerade von seiner griechischen Mutter erzählte, die den ESC-Siegen Italiens (die Heimat von Aleardis Vater) nie allzuviel abgewinnen konnte. Die Einspieler, in denen sich Andreja Schneider in verschiedenen Rollen aus europäischen Metropolen zur vermeintlichen Punktevergabe meldete, waren leider nur albern. Aber hey: Dem Publikum gefiel’s.
Unumstrittenes Highlight des Abends war der ESC-Siegersong von Conchita Wurst für Österreich aus dem Jahr 2014: Martin Mulders sang «Rise Like A Phoenix» und riss die Besucher*innen im Tipi vom Stuhl: Es gab zu Recht lautstarken Jubel und Standing Ovations.
Sehr berührend auch Biebers Interpretation von «Tausend Fenster», mit dem Karel Gott im Jahr 1968 für Österreich angetreten war und auf Platz 13 landete. Der Song wurde damals geschrieben von Udo Jürgens, der zwei Jahre zuvor mit «Merci Chérie» gewonnen hatte. Auch diesen Song gab Aleardi zum Besten, der auch hervorragend zu seiner Stimme passte.
Sehr gefreut hat sich der Rezensent über die Zugabe des Abends – nach einer fast dreieinhalbstündigen Show sang Aleardi den portugiesischen Gewinnersong aus 2017: Damals hatte Salvador Sobral mit der zarten Jazz-Ballade «Amar Pelos Dois» (Liebe für zwei) überraschend den ESC-Contest gewonnen. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
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