Lil Nas X über Coming-out und Diskriminierung in Musikbranche
Der Rapper wollte sich von seinen streng religiösen Wurzeln befreien und anderen ein Vorbild sein
Der US-Rapper Lil Nas X erhebt in einem Interview mit dem TV-Sender CBS schwere Vorwürfe gegen die Musikindustrie wegen der Einschränkungen, die diese LGBTIQ-Künstler*innen immer wieder aufzwingen will.
Dem Musiker sei ständig gesagt worden: «Okay, wenn du schwul bist, dann muss das entschärft werden. Lass uns nichts Sexuelles mit reinnehmen!» Das sei so gewesen, als ob man ihn aufgefordert habe schwul zu sein, ohne schwul zu sein.
«Wir wollen nicht wissen, was hinter verschlossenen Türen passiert – und wir wollen nicht, dass du darüber sprichst», so Lil Nas X zu CBS.
An diese Aufforderung hat sich der Musiker bekanntlich nicht gehalten, er ist heute einer der wenigen, der derart offensiv mit seiner Homosexualität umgeht, trotz Verwarnungen von Managern und Branchenexperten. Auch in seiner Musik und seinen Musikvideos ist Lil Nas X mehr als offensiv, was den Umgang mit seiner Sexualität angeht. (MANNSCHAFT berichtete, dass sich der Künstler als Power-Bottom outete.)
Mit bürgerlichem Namen heisst Lil Nas X Montero Lamar Hill und liebt es, Kontroversen auszulösen. So trieb er zum Beispiel religiöse Konservative im Frühjahr 2021 auf die Palme, als er fürs Label Nike eine limitierte Edition von «Satan-Schuhen» herausbrachte, zusammen mit dem New Yorker Kunstkollektiv MSCHF. Jeder Schuh war mit einem Tropfen menschlichen Blut versehen und wurde zusammen mit einem Pentagramm in einer dekorierten Box geliefert.
Hier wie anderswo setzte Lil Nas X religiöse Motive gezielt ein, um die Unterdrückung von LGBTIQ durch die christlichen Kirchen zu thematisieren. «Ich bin in einer ziemlich gläubigen Familie aufgewachsen», so Lil Nas X, «mir wurde immer eine gewisse Gottesfurcht eingetrichtert».
Schon als Kind habe er Angst vor jedem kleinen Fehltritt gehabt, der gegen die biblischen Gebote verstösst. «Ich möchte, dass Kinder wissen, die mit solchen Gefühlen auswachsen, dass sie Teil der LGBTIQ-Community sind, dass sie wissen, dass mit ihnen alles in Ordnung ist und dass sie sich nicht selbst hassen sollten.» (MANNSCHAFT kommentiert, wieso Lil Nas X ein Geschenk des Himmels für die queere Community ist.)
Im CBS-Interview spricht der Rapper auch über seine Coming-out-Erfahrungen. Er habe den Entschluss dazu gefasst, nach dem überwältigenden Erfolg seines Liedes «Old Town Road». Danach schien ihm «der authentischste Moment» für ein Coming-out gekommen.
«Ich habe das nicht wegen der Aufmerksamkeit gemacht, ich bin schliesslich sowieso schon der Nummer-1-Künstler der Welt», so Lil Nas X. Dennoch könne er nicht leugnen, dass bei ihm damals auch eine gewisse Sorge mitschwang, erzählt Lil Nas X. «Man hat immer Angst, wenn man etwas tut, das buchstäblich das Leben verändert. Aber man muss es einfach tun, verstehen Sie?»
Das könnte dich auch interessieren
Musik
Neue Musik: Kann Nemo an «The Code» anknüpfen?
Die Öffentlichkeit hat lange auf Nemos nächsten Zug gewartet. Jetzt ist der Nachfolge-Song des ESC-Gewinnersongs endlich da.
Von Greg Zwygart
TIN
Kultur
Eurovision Song Contest
Kultur
Schauspieler Brix Schaumburg: Als Mann bietet man mir mehr Geld an
Brix Schaumburg gilt als erster offen trans Schauspieler Deutschlands. Seit er sich geoutet hat, verspürt er nicht nur viele Privilegien, sondern auch die Verantwortung etwas zu verändern
Von Denise Liebchen
TV
TIN
Regenbogenfamilie
Musik
Madonna zurück im Studio: Gibt's ein neues «Confessions»-Album?
Die Queen of Pop neckt ihre Fans mit einem Bild aus dem Studio. An ihrer Seite: Der Produzent ihres Hit-Albums «Confessions on a Dancefloor».
Von Greg Zwygart
Kultur
TIN
Trans Schauspielerin als cis Mutter im ZDF
«Notruf Hafenkante»: In den neuen Folgen ist in einer Episode auch die trans Schauspielerin Adél Onodi dabei, die eine cis Mutter spielt.
Von Kriss Rudolph
Serie
Kultur