Lil Nas X: Grösstes Comeback seit Wiederauferstehung von Jesus?
Der Rapper meldet sich mit der Single «J Christ» zurück
Am Freitag hat der US-Künstler Lil Nas X seine neue Single «J Christ» veröffentlicht. Dafür wird der 24-jährigen Rapper in den Social-Media-Kommentarspalten von Fans gefeiert, andererseits hagelt es Blasphemie-Vorwürfe wegen der lasziven Darstellung von Christus am Kreuz.
Der Radiosender SRF 3 bemüht sich in seiner Berichterstattung um eine historische Einordnung der Kontroverse: «Es ist nicht neu, dass der Einsatz von religiösen Symbolen in der Popkultur für Aufruhr sorgt. In den 1980er-Jahren gab es Schimpfe aus dem Vatikan für Madonnas ‹Like a Prayer›. Christliche Organisationen liefen Sturm gegen den vermeintlichen Satanisten Marilyn Manson und im Black Metal gehört es schon fast zum guten Ton, sich Blasphemie-Vorwürfe aus der bürgerlichen Gesellschaft einzuheimsen.»
Laut SRF-Musikjournalistin Gisela Feuz befinde sich Lil Nas X also «in guter Gesellschaft».
Als Provokation wurde bereits das erste Promobild gewertet, das der Künstler auf Social Media teilte. Darauf stellt er die Kreuzigung Jesu nach, am Kreuz hängt er selbst. Umgeben ist er allerdings nicht von römischen Soldaten, sondern von jungen People of Color.
«Aufhören, Religion zu bewachen» Das Bild habe nichts mit Spott oder Hohn zu tun, erklärte Lil Nas X dazu. Jesusbilder seien im Laufe der Geschichte in der Kunst überall auf der Welt verwendet worden. Man solle aufhören, die Religion zu «bewachen». Womit speziell gemeint ist, dass sie nicht nur für weisse Gläubige gedacht sei und sich auf Bibeldarstellungen beschränken sollte, auf denen man traditionell vor allem (und meist ausschliesslich) weisse Figuren sieht.
Man könne diese Bildsprache entsprechend als Akt der Befreiungstheologie lesen, meint SRF-Religionsredakteurin Dorothee Adrian: «Bei den Befreiungstheologien geht es nicht darum, sich vom Glauben abzuwenden, sondern genau ums Gegenteil: Sich die Religion ins eigene Boot zu holen.»
Weiter sagt Adrian: «Seit es Religion gibt, wurde sie auch dazu benutzt, Menschen auszugrenzen. Gerade in den USA haben evangelikale rechtspopulistische Strömungen immer wieder versucht, das Christentum mit bestimmten Normen zu prägen und für sich zu beanspruchen.»
Der Teufel spielt Basketball Und als Fazit fügt Adrian hinzu: «Gegen diese Ausgrenzung wehren sich die Befreiungstheologien. Bei den Prides, den weltweiten Demonstrationsumzügen der Queer-Community, sind in den vergangenen Jahren vermehrt Menschen im Jesus-Look aufgetaucht. Die Botschaft ist klar: ‹Gott ist auf der Seite aller Menschen. Auch auf unserer.›»
Im vollständigen Video zum Lied sieht man, wie Jesus Christias alias Lil Nas X in die «Hölle» hinabgleitet und dort mit dem Teufel Basketball spielt. Später führt er die Menschen durch Stürme und Naturkatastrophen auf eine Arche – und schliesslich zu einer neuen Welt. Dabei sieht man kurz auch (als hereinmontierte Person) Ex-US-Präsident Barak Obama.
Ebenfalls tauchen kurz (Doppelgänger*innen von) Taylor Swift, Ed Sheeran, Mariah Carey und Oprah Winfrey auf. Michael Jackson ist in dieser Himmelsversion ebenfalls zu sehen. Die Plattenfirma Sony beschreibt das Ganze – also die erste neue Musik von Lil Nas X seit längerer Zeit, soll heissen seit 2022 – in einer Pressemitteilung vom Freitag als das «grösste Comeback seit der Wiederauferstehung» Christi. Ein Satz, der zweifellos auch als Provokation angelegt ist.
Lorbeeren oder Dornenkrone? Es sei nicht das erste Mal, dass Lil Nas X Grenzen überschreitet, die andere gezogen haben, so das SRF. Als er 2019 mit Billy Ray Cyrus «Old Town Road» aufnahm, wagte er sich im pinkfarbenen Cowboyhut an das wahrscheinlich konservativste aller Musikgenres heran: Country. Der Song wurde zum Welthit (MANNSCHAFT berichtete).
«Ob ihm die Single ‹J Christ› Lorbeeren oder eine Dornenkrone einbringt, wird sich weisen», meint das SRF.
Zur Premiere von «J Christ» zeigte sich Lil Nas X oberkörperfrei und mit grossem schwarzen Kreuz auf der Brust. Im Video zur Single sieht man ihn als «Heiland» eine grosse Marmortreppe hinaussteigen, wobei Fotograf*innen ihn ablichten. Dabei wird gezielt ein weisser Fotograf gezeigt, dem angesichts der Muskeln und erotischen Ausstrahlung dieser Christus-Reinkarnation die Augen förmlich aus dem Gesicht springen und dem die Zunge lüstern rausrutscht.
Ein deutlicher Verweis, wie Medien Lil Nas X als schwulen schwarzen Mann inszenieren – oder ein Verweis darauf, wie er sich selbst inszeniert, um genau solche Reaktionen hervorzurufen, die verkaufsfördernd sind?
Lil Nas X ist einer von mehreren Stars, die sich zuletzt als «Power Bottom» geoutet haben und über die Lust sprechen, penetriert zu werden (MANNSCHAFT berichtete).
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