LGBTIQ Selbstbestimmung braucht staatliche Neutralität in der Schule
LSVD Berlin-Brandenburg begrüsst Verfassungsbeschwerde gegen das BAG-Urteil zum Berliner Neutralitätsgesetz
Der LSVD Berlin-Brandenburg begrüsst, dass Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres angekündigt hat, gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zum Berliner Neutralitätsgesetz Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einzulegen.
Das Berliner Neutralitätsgesetz regelt die Beachtung der religiösen und weltanschaulichen Neutralität in den staatlichen Hoheitsfeldern Justiz, Polizei und Schule, und zwar für sämtliche religiöse und weltanschauliche Bekenntnisse gleich. Es verlangt von Staatsbediensteten keinen Verzicht auf ihre Religionsausübung oder auf eine eigene Weltanschauung, sondern eine auf die Diensttätigkeit beschränkte Zurückhaltung. Das Bundesverfassungsgericht hat entsprechende Regelungen für den Justizbereich für verfassungsgemäss erklärt.
Am 27. August 2020 hat das Bundesarbeitsgericht geurteilt, dass das Berliner Neutralitätsgesetz zwar verfassungskonform sei, wobei allerdings Lehrer:innen das Tragen religiöser Symbole während des Schulunterrichts nicht generell untersagt werden dürfe, sondern nur wenn eine konkrete Gefahr vorliegt. Eine Auslegung, wonach der Schulfrieden immer zuerst gestört sein muss, würde allerdings dazu führen, dass ein Einschreiten erst dann möglich wäre, wenn an der Schule bereits Unfrieden aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen herrscht. Dieses Urteil ist dazu geeignet, die einzelnen Schulen weiter zu belasten und unter Druck zu setzen und so erheblichen Schaden für die betroffenen Schüler*-innen hervorzurufen.
Aus Sicht des LSVD Berlin-Brandenburg hängt der Schutz der sexuellen und geschlechtlichen Selbstbestimmung auch von einer funktionierenden staatlichen Neutralität in Religions- und Weltanschauungsfragen ab. Bei den staatlichen Kernfunktionen Justiz, Polizei und auch der Schule muss sich jede Person sicher sein, dass Recht und Gesetz unabhängig von der jeweiligen Religion und Weltanschauung ausgelegt werden. Schüler*innen haben ein Recht darauf, im Unterricht weder direkt noch indirekt religiös oder weltanschaulich beeinflusst zu werden.
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Das im Berliner Neutralitätsgesetz verankerte pauschale Kopftuchverbot für Lehrerinnen verstösst nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts gegen die Verfassung. Das Gericht wies im Sommer 2020 nach Angaben einer Sprecherin die Revision des Landes Berlin gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts zurück. Dieses hatte einer muslimischen Lehrerin im November 2018 rund 5159 Euro Entschädigung zugesprochen, weil diese wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst eingestellt wurde.
Die Frau sei wegen ihrer Religion diskriminiert worden, entschied nun das Bundesarbeitsgericht. Der Paragraf 2 im Neutralitätsgesetz, der Pädagog*innen an allgemeinbildenden Berliner Schulen nicht nur das Tragen eines Kopftuchs, sondern auch anderer religiöser Kleidungsstücke und Symbole wie Kreuz oder Kippa untersagt, müsse verfassungskonform ausgestaltet werden.
Nach Einschätzung der Erfurter Richter sei ein generelles, präventives Verbot zum Erhalt des Schulfriedens nicht rechtens, erläuterte die Sprecherin. Vielmehr müssten konkrete Anhaltspunkte für dessen Gefährdung vorliegen. Die bisherige Regelung verletze die Religionsfreiheit der Lehrer.
Zuletzt hatte das Neutralitätsgesetz immer wieder für kontroverse Debatten auch innerhalb der Berliner rot-rot-grünen Koalition gesorgt. Während Bildungssenatorin Scheeres (SPD) das Gesetz für verfassungskonform und sachgerecht hielt, vertrat Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) die gegenteilige Meinung. (mit dpa)
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