Homophobe Kirchenratspräsidentin tritt zurück
Im Juni war bekannt geworden, dass Chantal Lanz versucht haben soll, einen schwulen Mann aus dem Kirchgemeinderat auszuschliessen
«Homosexualität hat in der Gemeindeleitung keinen Platz» – mit dieser Einstellung hatte Chantal Lanz, Kirchenratspräsidentin von Melchnau, Schlagzeilen gemacht. Nun ist sie zurückgetreten.
Mit einem Schreiben vom 15. September 2019 habe Chantal Lanz ihren sofortigen Rücktritt als Präsidentin und Ratsmitglied bekannt gegeben, heisst in einer Medienmitteilung vom Montag.
Die «Liebenden von Modena» waren zwei biologische Männer
«Die über Monate andauernden Anfeindungen und zuletzt die starke Medienpräsenz haben Chantal Lanz dazu bewogen, per sofort ihren Rücktritt als Präsidentin und Ratsmitglied zu bekunden. Der Kirchgemeinderat bedauert diesen Schritt zutiefst, hat jedoch dafür vollstes Verständnis. Wir danken Chantal Lanz von Herzen für die angenehme Zusammenarbeit und ihr grosses Engagement zu Gunsten der Kirchgemeinde Melchnau», heisst in der Mitteilung.
Im Juni war bekannt geworden, dass Chantal Lanz versucht haben soll, einen homosexuellen Mann aus dem Kirchgemeinderat auszuschliessen (MANNSCHAFT berichtete). Lanz, Präsidentin des betreffenden Gremiums in der kleinen Gemeinde im Oberaargau im Kanton Bern, schrieb einen Brief an die damalige Pfarrerin und schilderte darin, dass B. (sein Name ist MANNSCHAFT bekannt) aufgrund seiner sexuellen Orientierung nicht in den Kirchgemeinderat gehöre.
«Seine Neigung/sein Verlangen zu anderen Männern ist ein Ausdruck für ein Herz, das in erster Linie an eine Neigung vergeben ist, die nicht Gottes Willen entspricht», heisst es in dem Text wörtlich. Weiter bezeichnet Lanz darin Homosexualität als Sünde und vergleicht sie mit Faulheit, Habgier und Selbstsucht. B. gehöre nicht in den Kirchenrat; die Bibel sei diesbezüglich sehr klar. Für ihn sei nun «gute Seelsorge» wichtiger als die Aufgaben im Rat.
Evangelische Kirche soll Homosexuellen gegenüber Schuld bekennen
Die mehrheitlich freikirchlich orientierten Ratskolleg*innen machten B. die Arbeit von Beginn an schwer. Als dessen Idee, die Einnahmen einer Kollekte der Aids-Hilfe zukommen zu lassen, abgelehnt wurde, kam es zum Streit. Das Mobbing-Opfer wandte sich an die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn (Refbejuso). Eine Auszeit und eine Mediation wurden vereinbart. Die Refbejuso hat das Vorgehen in Melchnau offen kritisiert; Diskriminierung wegen Homosexualität sei gegen die Haltung der Landeskirche.
Wie die Zeitung Der Bund kürzlich berichtete, hat Gérard Wettstein, der einem anderen Berner Kirchgemeinderat angehört, beim oberaargauischen Regierungsstatthalter eine aufsichtsrechtliche Anzeige eingereicht. Wettstein wird von der Zeitung mit den Worten zitiert: «Dieser Umgang mit einem offiziell gewählten Behördenmitglied ist jenseits von Gut und Böse.»
Schon im Juni hatte «hab queer bern» in einer Pressemitteilung über den Fall informiert. Daniel Frey, Kommunikationsverantwortlicher des Vereins, traf im Frühjahr B. und dessen Partner. Seine Geschichte habe ihn sehr berührt, wie er gegenüber MANNSCHAFT sagte. «Nicht unbedingt die Tatsache, dass er in der Kirche wegen seiner Homosexualität gemobbt wird, sondern die Erkenntnis, dass sich niemand in seinem kirchlichen Umfeld hinter ihn stellt.»
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