Innenminister verbietet Regenbogenflagge in Neustrelitz

Grund: Die «Flaggenordnung» des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Lorenz Caffier (Foto: Regierung MV/Offiziell)
Lorenz Caffier (Foto: Regierung MV/Offiziell)

Am Samstag beginnt die CSD-Woche in Neustrelitz. Zunächst sah es so aus, als könnte am Samstag die Regenbogenflagge vor dem Rathaus gehisst werden. Doch das wurde am Donnerstag verboten.

In Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern wollte der Innenminister des Landes, Lorenz Caffier (CDU) von Anfang an nicht zulassen, dass die Regenbogenflagge vor dem Rathaus der Stadt gehisst wird. Das sei auf dem kurzen Dienstweg verboten worden, hatte Bürgermeister Andreas Grund (parteilos) gegenüber dem NDR erklärt.

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«Innenminister Lorenz Caffier selber hat bei meinem Stellvertreter angerufen und das per Weisung verfügt. Und auch noch einmal auf die Flaggenordnung des Landes hingewiesen, die ja das Hissen der Regenbogenflagge untersagt, wie er meint», so Grund.

Begründet wurde das Verbot damit, dass die sogenannte «Flaggenordnung des Landes» dies untersage, hiess es aus dem Ministerium; «weltanschauliche Bekenntnisse an öffentlichen Gebäuden sollten vermieden werden». Tatsächlich ist in der Flaggenordnung aber kein Verbot zu finden; dort ist lediglich davon die Rede, dass eine Genehmigung durch das Innenministerium nötig sei.

Daraufhin hatte sich der Verein Queer-Strelitz, Veranstalter des Christopher Street Days in der 21.600-Einwohner*innen-Stadt in einem offenen Brief an alle Neustrelitzer Unternehmer*innen und Unternehmer gewandt. Darin werden sie aufgerufen, in der CSD-Woche vom 15. bis zum 22. August ein Zeichen der Toleranz, Akzeptanz und der Vielfalt von Lebensformen zu setzen und vor ihren Firmen die Regenbogenfahne zu hissen. (MANNSCHAFT berichtete).

Auch eine Petition wurde gestartet, die inzwischen aktualisiert wurde. Dort hatte es noch am Freitagmorgen geheissen: «Nach grossem öffentlichen Druck, dürfen wir die Regenbogenfahne am CSD vor dem Rathaus hissen.» Dies bestätigte das Büro des Bürgermeisters zunächst gegenüber MANNSCHAFT. Ein Statement für Vielfalt und Gleichstellung bzw. die Erlaubnis, Regenbogenfahnen allgemein vor öffentlichen Gebäuden zu hissen zu dürfen, fehle allerdings noch, so der Verein Queer-Strelitz.

Wir sind alle sehr betrübt

Doch dann meldete sich am Donnerstag das Innenministerium telefonisch im Rathaus Neustrelitz und untersagte die Hissung. «Wir sind alle sehr betrübt», sagte die Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragte der Stadt, Melanie Biemann, gegenüber MANNSCHAFT.

Auch beim Verein Queer-Strelitz ist man sprachlos. Dort hatte Freitag früh von dem Verbot erfahren. Man will am morgigen Samstag nun, um ein Zeichen setzen, den mittleren Fahnenmast leer lassen – dort wo eigentlich die Regenbogenfahne hätte gehisst werden sollen.

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Zuvor hatte Bürgermeister Grund dem Innenministerium in einer Mail dargelegt, warum man in Neustrelitz die Flaggenordnung nicht berührt sehe, wenn man die Regenbogenfahne hisse – sie sollte zusammen mit der Vielfalt-statt-Einfalt-Flagge und der Flagge der Stadt vor dem Rathaus wehen. Der Begründung habe Caffier zwar zugestimmt, so Biemann gegenüber MANNSCHAFT. Dies war aber kein Okay für die Hissung selber. Die wurde darum nun am Donnerstag telefonisch verboten.

Immerhin, sagt Biemann: Neustrelitz und das Innenministerium wollen in Gespräch bleiben. Das Regelwerk zur Flaggenhissung in Mecklenburg-Vorpommern soll überarbeitet werden. «Gut, dass es es jetzt hier im Land diskutiert wird», so die Gleichstellungsbeauftragte.

Ähnlich äusserte sich Bürgermeister Grund in einer Presseerklärung der Stadt: «Ich werde das Thema in den Rechts- und Verfassungsausschuss des Städte- und Gemeindetages einbringen. Wir wollen Rechtssicherheit für die Kommunen schaffen. Dies kann ein Weg sein, unsere gemeinsamen Interessen für die Gestaltung von Vielfalt in unserer Stadt und Gesellschaft durchzusetzen. Wir hoffen, den Minister an unsere Seite zu bekommen, um das zu erreichen, was in anderen Städten, wie Berlin längst gang und gäbe ist. Aus meiner Sicht ist es als ein erstes gutes Ergebnis des CSD in Neustrelitz zu werten, dass jetzt Bewegung in das Thema gekommen ist.»

Weiter heisst es in einer Pressemitteilung: Die Stadt Neustrelitz und das Innenministerium vertreten unterschiedliche Auffassungen zur Beflaggung anlässlich des CSD Neustrelitz. Die Stadt Neustrelitz ist der Meinung, dass die temporären Werbemasten auf dem Markt für Veranstaltungen nicht die Flaggenordnung des Landes berühren, da der offizielle Flaggenmast sich auf dem Rathausdach befindet. Das Innenministerium sieht hingegen eine Verbindung mit dem Dienstgebäude der Stadt und damit einen Verstoss gegen die Flaggenordnung des Landes als gegeben an.

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Beim Verein Queer-Strelitz weiss man die Vertreter*innen der Stadt auf seiner Seite. So will Neustrelitz dem veranstaltenden Verein ihr Werbemastensystem für weitere Regenbogenfahnen zur Verfügung. Sie werden an insgesamt neuen exponierten Standorten in der Innenstadt zu sehen sein.

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