Aufklärung der homophoben Schmiererei unwahrscheinlich
Das Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Menschen am Bahnhof Steinibach wird nicht als solches erfasst und bestraft werden
Homophobe Verbrechen wie die Schmierereien am Bahnhof Steinibach werden selten aufgeklärt und nicht statistisch erfasst. Dabei wäre dies der erste Schritt, um LGBTIQ-Menschen vor neuen Taten besser zu schützen.
«Lespen + Schwule menschlicher Abschaum» – was mehr schmerzt als die Orthografie dieser Worte, ist der Hass, der damit zum Ausdruck kommt. Diesen homophoben Spruch mussten letzte Woche Reisende am Bahnhof Steinibach im Kanton Bern lesen. Der zuständige RBS (Regionalverkehr Bern-Solothurn) liess die Schmiererei inzwischen entfernen.
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Schlechte Erfolgsaussichten Anita Jenk, Medienverantwortliche des RBS, bestätigte auf Anfrage der MANNSCHAFT, dass Anzeige gegen unbekannt erstattet wurde. «Vorfälle dieser Form kommen eher selten vor und werden bei uns prioritär behandelt», so Jenk. Hinweise auf die Täterschaft wie etwa Aufnahmen von Überwachungskameras seien nicht vorhanden.
Die Kantonspolizei Bern verweist auf die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass die Vandal*innen des Bahnhofs Steinibach überführt werden können, auf die jährliche Kriminalstatistik. Der ist zu entnehmen, dass im Kanton Bern 14% der Sachbeschädigungen ohne Diebstahl aufgeklärt werden. Da es keinerlei Anhaltspunkte gibt, dürfte die Erfolgsaussicht unter diesem Wert liegen.
Keine statistische Erfassung Auch die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) bringen jede Sachbeschädigung bei den zuständigen Behörden zur Anzeige, wie Mediensprecher Oli Dischoe versichert. Er bittet die Fahrgäste, Schmierereien sofort und am besten via SBB-App zu melden, damit diese so schnell wie möglich entfernt werden können. Eine inhaltliche Auswertung der Schmierereien nehmen die SBB jedoch nicht vor. So bleibt unklar, wie hoch der Anteil an homophoben Schmierereien ist und ob diese in den letzten Jahren zugenommen haben.
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Das Versäumnis, homophobe Verbrechen als solche zu erfassen und zu deklarieren, ist ohnehin ein Problem in der Schweiz. Die fehlende statistische Erfassung von Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Menschen ist einer der Gründe, weshalb die Schweiz im europäischen LGBTIQ-Ranking nur auf Platz 27 liegt. Eine quantitative Auswertung homophober Verbrechen würde das Ausmass dieser Problematik zeigen und man könnte auf der Basis von konkreten Zahlen für eine Gesetzesänderung argumentieren. In 13 Kantonen wurden deshalb Vorstösse zur Erfassung von Hassdelikten eingereicht.
Botschaft nicht relevant «Käme es im Fall von Steinibach zu einem richterlichen Urteil, wäre der Tatbestand der Sachbeschädigung und der entstandene Sachschaden relevant. Der Inhalt der Schmiererei jedoch nicht», sagt Dominic Nellen, Vertrauensanwalt von Pink Cross. Möglicherweise würde die Richterin oder der Richter die Strafe innerhalb des zur Verfügung stehenden Spielraums leicht erhöhen. «Eine separate Verurteilung wegen eines Hassverbrechens wird es aber nicht geben», so Nellen weiter.
Anders sähe die Sache aus, wenn die Schmiererei eine rassistische Botschaft hätte; dort würde ein zweites Delikt vorliegen. Wenn das Referendum gegen die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm scheitert und homophobe Straftaten als solche geahndet werden, würde eine Schmiererei, wie sie in Steinibach gefunden wurde, härter bestraft werden. «Mit dem heute geltenden Gesetz macht es jedoch keinen Unterschied, ob jemand einen Kreis oder eine homophobe Parole an die Wand schmiert», sagt Nellen.
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