Gedenktafel soll an Schlagerstar Bernd Clüver erinnern
Er sang einst ein mutiges Lied über eine schwule Liebe
Berühmte Komponisten oder Dichter werden oft mit Gedenktafeln in ihren Heimatstädten geehrt. Eher selten passiert dies den Stars der Populärkultur. Bis jetzt: Denn die Stadt Hildesheim greift die Tradition auf und ehrt – einen Schlagerstar.
Er spielte sogar selber Mundharmonika: Der 2011 gestorbene Schlagerstar Bernd Clüver, dessen grösster Hit «Der Junge mit der Mundharmonika» war, hat eine besondere Ehrung erhalten. Seit Samstag erinnert eine Gedenktafel am früheren Wohnhaus seiner Familie im niedersächsischen Hildesheim an den Musiker. «Unzweifelhaft steht fest, dass er einer der grössten Schlagerinterpreten Deutschlands war und sein Name auch gegenwärtig nicht vergessen ist», schrieb die Schriftstellerin und Clüver-Expertin Anna Eunike Röhrig.
Auf der Tafel ist neben der Inschrift ein Foto des lächelnden Musikers in jungen Jahren und mit Föhnfrisur zu sehen. In den 1970er Jahren landete der 1948 geborene Clüver mit mehreren Songs an der Spitze der Charts. In der Hildesheimer Nordstadt hatte er bis 1955 seine Kindheit verbracht, hier ging er auch zur Grundschule. Die Familie lebte in einem Mietshaus hinter dem Hauptbahnhof.
Zu Ehren Clüvers gab es am Samstag ein kostenloses Konzert vor einem Kulturzentrum, nur wenige Gehminuten entfernt vom ehemaligen Wohnhaus des Sängers: Musiker und Komponist Peter Orloff (79) sang in Erinnerung an seinen langjährigen Freund die Lieder, die Clüver bekannt gemacht hatten. Clüver war im Juli 2011 im Alter von 63 Jahren auf Mallorca an den Folgen von Verletzungen gestorben, die er sich bei einem Treppensturz zugezogen hatte.
«Nach meiner Beobachtung werden Künstler der Populärkultur in Deutschland nur selten im öffentlichen Raum gewürdigt. In England oder Frankreich ist das anders», sagte Mirco Weiß, der den Impuls zur Ehrung des Schlagerstars gegeben hatte. Clüver sei seiner Zeit voraus gewesen, sagte der ehemalige CDU-Ratsherr. Mit dem Titel «Mike und sein Freund» sang 1976 erstmals ein Schlagerstar über Homosexualität, die bis zur Streichung des Paragrafen 175 im Strafgesetzbuch im Jahr 1994 unter Umständen noch als strafbar galt (MANNSCHAFT berichtete).
Vor allem wegen des Titels «Mike und sein Freund» habe es heftigen Gegenwind gegeben, schrieb Röhrig: «Und so war Bernd Clüver zwischen allen Stühlen gelandet; seine Rolle als Vorreiter erwies sich als recht undankbar und wird erst gegenwärtig gewürdigt.» Nicht zutreffend sei allerdings, dass mit diesem Titel Clüvers Karriere beendet gewesen sei, betonte die Expertin. Dass ihm danach keine Riesenhits mehr gelangen, habe vor allem mit dem Niedergang des deutschen Schlagers zu tun, der «zu Beginn der 1980er Jahre von der Neuen Deutschen Welle marginalisiert wurde».
Mit «The Killing of Georgie» schuf Rod Stewart die erste positive, wenn auch letztlich tragische schwule Figur des Pop-Mainstreams (MANNSCHAFT berichtete).
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