«Fuck LGBT!» – «Gefährlicher Präzedenzfall» in Warschau
Am Sonntag entscheiden die Pol*innen per Stichwahl, wer ihr Präsident wird bzw. bleibt
Am Sonntag entscheidet Polen per Stichwahl, wer Präsident wird bzw. bleibt: Andrzej Duda, der die Unterstützung der nationalkonservativen homophoben Regierungspartei PiS hat. Oder der LGBTIQ-freundliche Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski von der liberalkonservativen Bürgerkoalition (KO). Derweil treibt die homofeindliche Stimmung im Land neue Blüten.
Laut Umfragen wird es knapp: Duda liegt demnach bei 46 bis 47,3 Prozent der Stimmen, Traskowski kommt auf 45,9 bis 47,5 Prozent. Duda punktet eher auf dem Land und im konservativen, katholisch geprägten Süden und Osten Polens. Trzaskowski überzeugt vor allem die Menschen in den Grossstädten. Doch auch dort sind längst nicht alle Unterstützer*innen der LGBTIQ-Community.
Das schwule Aktivistenpaar Jakub und Dawid hat Anfang der Woche dieses Foto gepostet. Es zeigt die Hauswand eines befreundeten homosexuellen Paares, auf die jemand die Worte «Fuck LGBT». gesprüht hat. Mit Pfeilen, die unmissverständlich auf die Wohnung des Paares zeigen.
«Heute schreiben sie, morgen zündeln sie und übermorgen töten sie», heisst es in dem Post. «Gibt es immer noch Menschen, die nicht verstehen, wozu dieser Hass führt? Dieses Problem ist nicht weit entfernt. Es ist hier und jetzt» – schrieben die Freunde von Jakub und Dawid weiter.
Homosexuelle Paare aus Polen kämpfen um Anerkennung
«Überlegt, wie wichtig die bevorstehenden Wahlen sind. Welche Zukunft wollt Ihr? Vielleicht die Wiederholung der schlimmsten Momente des 20. Jahrhunderts?»
Das offen schwule Warschauer Ratsmitglied Marek Szolc riet dazu, den Vorfall unverzüglich der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu melden. «Ich kann mich nicht an einen solchen Fall in Warschau aus den letzten Jahren erinnern. Das ist ein äusserst gefährlicher Präzedenzfall.»
Szolc nahm auch Kontakt mit der Hausgemeinschaft auf, um das Graffiti so schnell wie möglich zu beseitigen. Am Mittwoch zeigte er bei Instagram, dass die Hassbotschaft zumindest notdürftig von Zetteln bedeckt wird.
Jakub Kwieciński erklärte, dass er von dem Angriff auf seine Freunde nicht überrascht war. Gegenüber Plejada erklärte er: «Seit einigen Wochen erhalten wir mehr Bedrohungen. Die Leute wollen uns die Kehle durchschneiden und sagen, sie wissen, was sie mit Leuten wie uns machen sollen. Das beschmierte Haus überrascht mich also überhaupt nicht. Ich wusste, dass solche Dinge passieren würden, weil Politiker ihre schlimmsten Instinkte durch ihre Hassrede erheben.»
Im polnischen Fernsehen läuft seit einigen Wochen in Werbespot von Durex mit vier Paaren in dem Projekt «Laut im Bett» – eins davon ist ein Männerpaar: die schwulen Aktivisten Jakub und Dawid (MANNSCHAFT berichtete). Im Staatsfernsehen TVP darf der Clip nicht laufen. Und erzkonservative Homohasser*innen haben eine Webseite mit dem Namen: «Sag Nein zu Homowerbung». gestartet. Hier werden User*innen aufgefordert, Protestmails an den nationalen Rundfunkrat zu schicken.
Der amtierende Präsident Andrzej Duda hat in seiner Kampagne den Kampf um LGBTIQ-Rechte mit Neo-Bolschewismus verglichen. Anfang der Woche unterzeichnete er einen Änderungsentwurf zur Verfassung, der das Verbot der möglichen Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare in der Verfassung festschreiben soll.
Der als LGBTIQ-freundlich geltende Trzaskowski sprach sich am Samstag ebenfalls gegen ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare aus. «Bei diesem speziellen Thema stimme ich mit dem Präsidenten überein», sagte er in der zentralpolnischen Stadt Kalisz (MANNSCHAFT berichtete). Diese Erklärung wird als Versuch angesehen, die zentrale Wählerschaft zu überzeugen.
Doch es könnte Trzaskowski Stimmen kosten. Nach verschiedenen Umfragen wollen 20 bis 40 Prozent der Wähler, die in der ersten Runde für den offen schwulen Kandidaten Robert Biedroń gestimmt hatten, jetzt ihre Stimme Duda geben.
Ab Montag zeigt die Volkshochschule Leipzig die Bilder des schwulen polnischen Künstlers und Aktivisten Bartosz Staszewski – 19 Fotografien von queeren Menschen vor Ortsschildern ihrer Heimat zum Thema «LGBT-freie Zonen».
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