«Puppy Play» ist ganz normaler schwuler Sex, aber mit Hundemaske
Lukas aus Bern erzählt von seinem Fetisch
Beim «Rosa Tag» im Heide Park will man keine Darstellung von Fetisch und Lack oder Leder sehen (MANNSCHAFT berichtete). Auch bei CSDs sollen «sexuell motivierte Fetische» verboten werden, fordert ein Verein aus NRW. Lukas steht auf Puppy Play und sagt: Es schadet niemandem.
Das Verbot auf Prides fordert der Verein Kinderseelenschützer aus Nordrheinwestfalen, der sich nach Eigenaussage vor allem gegen Kindesmisshandlung, Kindesmissbrauch, Mobbing und Behördenversagen einsetzt. Mit einer Ende Juli gestarteten Petition spricht man sich gegen «öffentliche ausgelebte Sexualität» und «Fetische» auf Prides oder CSDs aus. In den Bildern werden auch Vertreter der Puppy-Play-Community gezeigt.
In dem Text wird eine «massive Kindeswohlgefährdung» bei diesen Veranstaltungen beklagt: Leider sei es beim diesjährigen Berliner CSD zu «massiven Grenzüberschreitungen» wie offen ausgelebter Sexualität (Blowjobs, Geschlechtsverkehr u.a.), sexuell motivierten Fetischen und obszönen Handlungen auf und abseits der Parade gekommen. Bisher wurde die Petition 5400-mal unterschrieben.
MANNSCHAFT hat mit Lukas aus der Puppy-Play-Community gesprochen. Der 24-Jährige kommt aus Bern, ist gelehrter Kältesystem-Monteur und Student. Er definiert sich als ein Radiokind, hört gerne Pop und brennt für italienische Gastronomie, vor allem für Pizza. Mit seiner Homosexualität geht er offen um und hat einen Fetisch: Puppy-Play.
Lukas, was hältst du der Kritik vom Verein Kinderseelenschützer entgegen? Der Verein Kinderseelenschützer beschreibt ein Bild der Puppy-Play-Community, dass der Realität nicht entspricht: Eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall! Wir haben Verhaltensregeln — gehen zum Beispiel nicht aktiv auf Kinder zu. Teilweise möchten Kinder uns streicheln, weil sie Freude an Hunde haben. Kinder sehen das Sexuelle nicht, das sehen die Erwachsenen. Unsere Community hat sich mit offenen Briefen verteidig. Wichtige Persönlichkeiten, wie beispielsweise Mr. Puppy Europe, Mr. Puppy Germany, Mr. Leather oder Mr. Rubber, haben sich gegen diese wirklichkeitsfremde Kritik ausgesprochen.
Wieso muss die Puppy-Play-Community diese Regeln aufstellen? Es sind klare Verhaltensregeln, die für die allermeisten selbstverständlich sind. Kinder sollte man schützen — das ist klar! Wir stellen aktiv Verhaltensregeln auf, um zu verhindern, dass Kritik entsteht. Ich würde sogar sagen, dass wir genau deshalb mehr aufpassen als andere.
Was ist der Reiz am Puppy-Play Rollenspiel? Wenn du Hemmungen hast oder introvertiert bist, dann kannst du durch dieses Rollenspiel eine eigene Persönlichkeit aufbauen — in deine Welt eintauchen und dich wohl fühlen. Es ist befreiend, denn ich kann so sein, wie ich möchte. Viele in der Puppy-Play-Community sind untereinander befreundet, und wir sind Teil der LGBTIQ-Community. Aus diesem Grund möchten wir mit unseren Hundemasken an eine Pride oder CSD gehen können.
Wieso eigentlich Hundemasken? Manche sind als Katze unterwegs, aber die allermeisten ziehen Hundemasken an. Für mich sind Hunde verspielt und offen: Es macht Spass!
In der Öffentlichkeit sollte es nichts Sexuelles werden.
Ist es nicht sexuell behaftet? Es gibt zwei Seiten: Eine Seite, die in der Intimität stattfindet, ist sexuell. Die Seite, die in der Öffentlichkeit stattfindet, ist es nicht. Manche machen es ohne sexuellen Hintergedanken. und andere verbinden beide Seiten. Wichtig ist: In der Öffentlichkeit sollte es nichts Sexuelles werden.
Zu welcher Seite gehörst du? Hauptsächlich macht es mir grossen Spass, Teil der Puppy-Play-Community zu sein. In meiner Privatsphäre kann ich den sexuellen Aspekt geniessen: Habe aber tatsächlich selten Sex mit einer Hundemaske.
Was gehört zum Puppy-Play? Wir spielen miteinander, so wie es Hunde tun — beispielsweise mit einem Ball. Viele knuddeln gerne. Was Sex angeht: Es ist tatsächlich ganz normaler schwuler Sex, aber mit einer Hundemaske auf dem Kopf.
Die Hundemasken gibt es in unterschiedlichen Farben. Was bedeuten sie? Manche Farben können, wie in anderen Fetisch-Communitys, eine Bedeutung haben, zum Beispiel Positionspräferenzen. Bei den meisten ist es nur ästhetisch. Ich habe eine schwarze Maske, weil ich Anubis heisse. Man kann unterschiedliche Masken besitzen, genau wie bei anderen Kleidungsstücken.
Wieso hast du dich für den Namen Anubis entschieden? Ich habe meinen Namen gegoogelt, für viele hat der Name eine Bedeutung. Der Name kann etwas sein, das du mit dir als Person in Verbindung bringst. Zum Beispiel «lefty» für Linkshändler oder «Spike» bezogen auf Piercings. In meinem Fall ist es nichts Besonderes: Ich fand, dass sich Anubis gut anhörte. Jetzt hat dieser Name eine Bedeutung für mich, aber vorher war dies nicht der Fall. Manche aus der Puppy-Play-Community haben ganz normale Namen wie Thomas oder Markus.
Wer oder wie ist Anubis? Anubis ist das, was ich sein möchte. Er ist offener, extrovertierter und spielerischer. Ich bin als Lukas gehemmter — Anubis geht mehr auf Menschen zu.
Wie bist du zum Puppy Play gekommen? Instagram schlug es mir vor, und ich fand die ganze Ästhetik und Philosophie sehr spannend. Auf Grindr lernte ich ein Pärchen kennen. Sie erzählten mir, wie Puppy-Play funktioniert und ich kaufte mir eine Maske: Ich fand das super spannend und lustig.
Was meint dein Umfeld dazu? Viele wissen es nicht: Ich gehe schliesslich nicht ins Büro und sage «Hey, ich mag Puppy-Play!». Meine Freunde verstehen es problemlos: Es schadet schlussendlich niemanden.
Was sagst du denen, die Puppy-Play kritisieren? Was die Kritiker in uns sehen, hat mehr mit ihrer Idee von Puppy Play zu tun als mit der Realität. Sie dürfen uns gerne kennen lernen und sich eine richtige Meinung von uns machen — dafür müssen wir in der Öffentlichkeit sichtbar sein —, auch auf einer Pride oder beim CSD.
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