ESC in Genf oder Basel? Die wichtigsten Antworten
Beide Städte haben Erfahrung, was Grossveranstaltungen angeht
Am Freitag wird bekannt, welche Stadt den nächsten Eurovision Song Contest ausrichten darf. Zwei Schweizer Grenzstädte sind noch im Rennen, aber die Begeisterung der Menschen hält sich in Grenzen.
Von Christiane Oelrich, dpa
Wenn deutsche und Deutschschweizer Fans bei der Vergabe des Standorts für den Eurovision Song Contest 2025 ein Wörtchen mitzureden hätten, wäre die Wahl wohl klar: Ein Spektakel in der Grenzstadt Basel, das wäre fast ein Heimspiel auch für Deutschland. Doch neben Basel ist auch Genf in der Romandie im Rennen. Die Entscheidung fällt am Freitag. Die Städte Bern, St. Gallen und Zürich sind bereits ausgeschieden (MANNSCHAFT berichtete).
#1 Worum geht es? Beim ESC kämpfen mehr als 35 Länder bei einem grossen, bunten Fest um den Sieg als beliebtester Musik-Act. Die Zahl der Teilnehmenden schwankt jedes Jahr. Sie schicken jeweils einen Song ins Rennen. Das TV-Publikum stimmt per Telefon und Internet über das beste Lied ab, aber auch das Urteil von nationalen Jurys fliesst in das Ergebnis ein. Mehr als 150 Millionen Menschen verfolgen das Finale im Fernsehen, dazu noch Millionen auf Youtube. Das Heimatland des siegreichen Liedes hat das Recht, den nächsten ESC auszurichten, muss es aber nicht. 2024 hat Nemo aus Biel im Kanton Bern mit dem Lied «The Code» gewonnen (MANNSCHAFT berichtete).
#2 Was spricht für Basel? Die Stadt am Rhein hat das Motto «Grenzen überwinden» gewählt, das passt nicht nur zum ESC mit seiner internationalen Beteiligung, sondern auch zu Basel. Dort stossen die Schweiz, Deutschland und Frankreich aneinander. Rege Zusammenarbeit der Kommunen sorgt dafür, dass Bewohner*innen die Grenzen kaum noch wahrnehmen. Die Stadt verkörpere «eine lokale und trotzdem weltgewandte Atmosphäre», heisst es in der Bewerbung.
Grosse Veranstaltungen sind in Basel Routine: Etwa die legendäre Fasnacht mit Pfeifern und Trommlern jedes Jahr, die 200’000 Besucher*innen anzieht. Oder die Kunstmesse Art Basel mit mehr als 80’000 Besuchenden, es gibt auch grosse Sportveranstaltungen in der St. Jakobshalle. Dort würde auch der ESC stattfinden. Sie hat Platz für 12’000 Zuschauer*innen. Nebenan im Fussballstadion schlägt Basel ein Public Viewing für 20’000 Leute vor.
#3 Was spricht für Genf? Genf empfiehlt sich als «internationalste Stadt der Schweiz». Gut 40 Prozent der Einwohnenden der Stadt an der Rhone sind Ausländer. Das liegt daran, dass Genf der europäische Hauptsitz der Vereinten Nationen ist und dort zahlreichen UN-Sonderorganisationen und Dutzende private Hilfsorganisationen beheimatet sind. Auch Genf ist Grenzstadt: Sie ist fast völlig von französischem Staatsgebiet umgeben.
«Genf ist als Knotenpunkt der Ideen, der Kulturen und des Friedens am besten geeignet, dieses grosse Ereignis auszurichten», meint Stadtpräsidentin Christina Kitsos. Zudem ist Genf auch Heimat der Europäischen Rundfunkunion (EBU), dem Verband öffentlich-rechtlicher Sender, der den ESC ausrichtet. Die EBU feiert 2025 ihren 75. Geburtstag.
Das Fest würde auf dem Messegelände Palexpo am Flughafen stattfinden. Dort finden regelmässig grosse Messen und internationale Kongresse statt. Es gibt Platz für mindestens 15’000 Zuschauer.
#4 Wie gut sind Basel und Genf zu erreichen? Genf punktet mit der Nähe des Messegeländes und der Stadt zum Flughafen und dem Anschluss ans Bahnnetz. Besuchende könnten von der Ankunftshalle zu Fuss zum Palexpo gehen, in die Stadt dauert es per Zug sieben Minuten. Basel ist vom deutlich kleineren Flughafen Basel-Mulhouse auf französischem Staatsgebiet mit Bus und Bahn in 40 bis 50 Minuten erreichbar. Vom Flughafen Zürich dauert es eineinhalb Stunden nach Basel, von den Städten Bern und Zürich jeweils eine Stunde.
#5 Wie gross ist die Begeisterung in der Schweiz? Mässig. Bei einer Umfrage im Auftrag des Medienhauses Ringier unter gut 24’000 Personen sagten Ende Juli 49 Prozent der Befragten «Nein» oder «eher Nein», auf die Frage, ob sie es begrüssen, dass der ESC in der Schweiz stattfindet.
#6 Wer kritisiert was? Kritik gibt es zum einen daran, dass bei der Abstimmung über die Bühnen-Acts viele Leute aus politischen Motiven, und nicht nach Qualität der Musik entscheiden. So gab es beim ESC dieses Jahr in Malmö wegen des Gaza-Kriegs Strassenproteste gegen die Teilnahme Israels. Andere meinen, der ESC biete Minderheiten wie nicht-binären Personen eine Bühne, und stören sich daran. Nemo definiert sich als nicht-binär, also weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig. Darüber spricht Nemo auch im Interview mit MANNSCHAFT.
Einige Politiker*innen der SVP machen Stimmung gegen das Musikfest (MANNSCHAFT berichtete). «Das Geld sollte besser den schwer betroffenen Unwettergeschädigten gespendet statt für diesen peinlichen Regenbogen-Anlass verschwendet werden», sagte SVP-Präsident Marcel Dettling dem Tages-Anzeiger im Zusammenhang mit einem in Aussicht gestellten öffentlichen Kredit.
Die christliche und nationalkonservative EDU will Kredite mit Volksabstimmungen verhindern. «Was mich besonders stört: alles Christliche wird zunehmend aus der Öffentlichkeit verbannt, aber wenn Satanismus und Okkultismus (…) zelebriert wird, da gibt es offenbar keine Grenzen», meinte der Abgeordnete Samuel Kullmann. Die Partei ist aber sehr klein. Dass sie genügend Unterschriften für Abstimmungen zusammenbekommt, gilt als unwahrscheinlich.
Mehr: Für ihren Auftritt bei der Olympia-Eröffnungsfeier schlägt DJ Barbara Butch online viel Hass entgegen. Bei der Eröffnungsfeier der Paralympics in Paris ist sie nun eine von rund 1000 Fackelträger*innen (MANNSCHAFT berichtete)
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