«Erheblicher Rückschlag!» – Café Berio im Regenbogenkiez schliesst
In zehn Tagen endet der reguläre Betrieb
Mitte des Monats ist Schluss. Alle Versuche, das Berio in Berlin zu retten, von dem seine Unterstützer*innen als «Treffpunkt der queeren Community, Wohlfühlort für Kunst und Kultur» schwärmen, sind gescheitert.
Am 16. September wird das Berio Geschichte. Dann muss eines der traditionsreichsten Berliner Kaffeehäuser schliessen, seit Jahrzehnten ein beliebter queerer Treffpunkt, mitten im Regenbogenkiez, unweit des Nollendortplatzes (MANNSCHAFT berichtete).
Karsten Schork ist seit 1985 Inhaber der queeren Institution. Nun läuft der Mietvertrag zum 30. des Monats aus. Seit Jahren sucht Schork immer wieder das Gespräch mit den Eigentümern, wie er sagt: «Aber leider völlig vergeblich. Es gab kein Gespräch und somit auch keine Einigung.»
Als die Nachricht vor ein paar Monaten bekannt wurde, gab es einen Aufschrei in der Community. Die Petition Stoppt die Verdrängung! Erhaltet den Regenbogenkiez! wurde gestartet und bisher über 25’000 mal unterschrieben.
Der Macher der dazugehörigen Facebook-Gruppe Michael Amerell erklärte, es werde freitags noch bis zum 20. September im Berio gefeiert, immer ab 18 Uhr, mit DJs und Gästen.
Vieles wurde versucht, um das Berio zu retten, auch von Seiten der Politik. So hat zum Beispiel Sebastian Walter (Grüne) zusammen mit seinen Schöneberger Abgeordnetenkolleginnen Wiebke Neumann (SPD) und Katharina Senge (CDU) am 21. Juni einen Brief an die Hausverwaltung geschickt, mit der Bitte um Weiterleitung an die Eigentümer. Die Abgeordneten wollten bewusst eine überparteiliche Initiative starten, um Kräfte zu bündeln, sagt Walter gegenüber MANNSCHAFT, auch mit der Hoffnung, die Eigentümer auf diese Weise besser zu überzeugen.
Ziel war es, Überzeugungsarbeit zu leisten und schlussendlich die Eigentümer umzustimmen, damit sie mit dem Berio in vermittelte Gespräche zur Mietverlängerung eintreten. Keine Reaktion. Es gibt von Seiten der Eigentümer kein Interesse, das Berio zu erhalten. Was danach in dem Ladenlokal passieren soll, man muss es abwarten.
Das Verhalten der Eigentümer ist im höchsten Masse enttäuschend und durch nichts zu rechtfertigen.
Der Grünen-Abgeordnete Walter nennt das Verhalten der Eigentümer des Gebäudes in der Maaßenstrasse «im höchsten Masse enttäuschend und durch nichts zu rechtfertigen», die anstehende Schliessung «ein erheblicher Rückschlag» für den Kiez rund um den Nollendorfplatz und den Regenbogenkiez. «Eine historische Institution für die queere Community, ein Safe Space, aber auch ein ‹Wohnzimmer› für die Nachbarschaft geht damit unwiederbringlich verloren. Großen Respekt habe ich vor allen Engagierten, die sich in den letzten Monaten so hartnäckig und kreativ für das Berio eingesetzt haben. Ihnen gebührt grosser Dank», so Walter.
Walter will sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass der Kiez mit seiner kleinteiligen Gewerbestruktur und seinen etablierten queeren Community-Orten erhalten bleibt. «Dafür braucht es aber auch rechtliche Änderungen auf Bundesebene, die nicht länger von CDU und FDP aufgehalten werden dürfen: ein soziales Gewerbemietrecht, das auch Gewerbetreibende vor Gentrifizierung und Verdrängung schützt.»
Für das Berio kommt das zu spät. In zehn Tagen ist Schluss. In den letzten Wochen seit Bekanntwerden der Nachrichten, seien nochmal vermehrt Leute gekommen, nicht nur Stammgäste, um ihre Solidarität zu zeigen, sagt Schork.
Und was wird aus dem Personal, immerhin rund 20 Menschen? «Meine Leute haben teilweise schon was Neues», sagt der 61-Jährige. «Sie haben aber auch gesagt, sie kommen wieder, auch die, die während der Pandemie aufgehört haben.»
Wiederkommen, wenn er was Neues hat. Denn Schork würde schon gerne an anderer Stelle weitermachen. «Aber es ist nicht so einfach mit dem Berio umzuziehen, weil ich bestimmte Vorstellungen oder Ansprüche habe an den Laden, auch was die Grösse angeht.»
Erstmal will er jetzt eine Pause machen, nachdenken, runterkommen und Ideen sammeln für die Zeit nach dem Berio in der Maaßenstrasse.
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