«Ich hätte so gerne eine gute Beziehung zu meinem Papa gehabt»

Eloy de Jong im Interview mit MANNSCHAFT+

Foto: Instagram/Eloy de Jong
Foto: Instagram/Eloy de Jong

Eloy de Jong wurde mit der Boygroup Caught in the Act bekannt und ist heute einer der erfolgreichsten Schlagersänger in Deutschland. Im September veröffentlichte er seine erfolgreiche Autobiografie «Egal was andere sagen». Wir sprachen mit dem Musiker über sein Coming-out und die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können.

Die holländische Boygroup Caught in the Act (CITA) brach in den 90er-Jahren reihenweise die Herzen ihrer Fans. Das waren fast ausnahmslos Mädchen – undenkbar, dass eines ihrer Idole schwul war. Bis eines Tages CITA-Sänger Eloy de Jong und Boyzone-Sänger Stephen Gately ihre Liebe öffentlich machten – auf Druck von Boulevardmedien. Vor seiner Familie hatte er sich schon früher geoutet: Seine Mutter weinte, weil sie wusste, wie schwer ihm der Schritt wohl gefallen war, schreibt Eloy. Und sein Vater? «Seine Reaktion hätte nicht schlimmer sein können: Er behandelte mich erst wie Luft, dann verachtete er mich regelrecht.»

Eloy, wie man in dem Buch lesen kann, gab es viel Drama in deinem Leben, eigentlich zu viel für eine Person. Du machst aber heute einen sehr glücklichen Eindruck. Täuscht der? Ich denke auch manchmal, es ist ein bisschen viel für einen Menschen, aber … ich wollte in meinem Buch zeigen, das es keine Geschichte von einem verbitterten Mann ist. Ich habe ganz viel erlebt, aber ich habe auch geschafft, es zu verarbeiten. Und das sagen auch viele Leser und Leserinnen. Ich sage immer, man kann die Umstände nicht ändern, aber wie man damit umgeht, schon. Und wenn meine Geschichte vielleicht anderen hilft, dann ist mein Buch ein Erfolg.

Wenn man es liest, stellt man fest, dass du vieles mit Humor und Selbstironie betrachtest. Du schreibst zum Beispiel, es wundert dich, wenn man das Video «Love is everywhere» heute sieht, dass man euch überhaupt abgenommen hat, dass ihr auf Mädchen steht.

(lacht) Ja, das sehe ich aber auch wirklich so. Es gibt ja jetzt MTV 80ies. Und da lief neulich Wham, mit «Wake me up before you go-go», und wenn man das Video sieht, kann man eigentlich auch nicht glauben, dass damals viele Mädchen davon träumten, George Michael könnte eines Tages ihr Freund werden. Darum finde ich Selbstironie so wichtig. Es gibt viele Künstler, die glauben so fest an ihre eigenes Image, die haben diesen Humor nicht. Aber es hilft. Ich kann manchmal wirklich ganz laut lachen über mich selber und über das, was da zum Teil gelaufen ist. Menschen ohne Selbstironie finde ich eigentlich total langweilig.

In deinem Buch erzählst du von Inge, die war Bravo-Reporterin und oft mit der Band unterwegs, um über euch zu schreiben, Geschichten über irgendwelche Mädels. Du schreibst aber auch, dass sie ahnte oder vielleicht sogar wusste, dass du schwul bist. Schön, dass du fragst. Vor ein paar Wochen habe ich eine E-Mail von Inge bekommen. Und ich habe sie bestimmt 20 Jahre nicht gesprochen Und sie hat geschrieben, dass sie mein Buch gelesen hat und sie es auch schön fand, wie ich sie beschrieben habe … Die Plattenfirma, das Management, die Magazine – alle haben damals mitgebaut an dem Image von Caught in the Act. Bei anderen Bands natürlich auch. Jeder hat was davon gehabt: Magazin mit einer schönen Eloy-Geschichte haben eine Menge Magazine dadurch verkauft. Die Plattenfirmen haben damit verdient – es war ein Business!

Ich bin jetzt Mitte 40, und das beschreibe ich auch in meinem Buch: Ich kann es heute relativieren, Wir waren ein Produkt. Was ich aber auch genossen habe, denn ich habe meinen Jugendtraum gelebt. Ich wollte Boyband-Star werden. Und es war damals schon klar: Wenn ich der Welt sage, wie ich wirklich fühlte, dann passt das nicht zu dem Boyband-Image, wenn es darum ging, junge Mädels zu begeistern.

Hat sich das Abenteuer gelohnt?
 Weisst du, ich bin nicht verbittert. Ich bin glücklich über mein Leben und alles was ich gelebt und erlebt habe, das war wichtig, um der Mensch Eloy zu werden, der ich heute bin. Hätte, hätte, Fahrradkette (lacht). Ich kann es nicht ändern. Ich hätte so viel lieber eine gute Beziehung zu meinem Papa gehabt … Mein Leben wäre viel einfacher gewesen , wenn er gesagt hätte: Eloy, es ist okay, wie du bist. Aber das war nicht mein Weg. Und im Nachhinein habe ich durch mein Coming-out mit Steven so viele Menschen erreicht, auch das Beispiel zu sein, das ich selber nicht hatte, als ich klein war.

Jetzt habe ich meine Regenbogenfamilie. Ibo und ich sind Papas. Indy ist 9, und sie hört jeden Tag, wie sehr sie geliebt wird. Dass sie sie selbst sein darf. Das verdient jedes Kind. Ich bin 1973 geboren. Da gab es wenig schwule Männer, mit denen ich mich identifizieren könnte. Und das ist so wichtig, für Menschen, gute Beispiele und Vorbilder zu haben. Darum sage ich am Ende von jedem Auftritt: Wir sind alle gleich. Mein Leben ist nicht anders mit Ivo, weil er ein Mann ist. Wir haben Liebe und Struktur und Harmonie, wir haben die gleichen Familienprobleme wie anders auch. Hätte ich so ein Vorbild früher gehabt, hätte ich es einfach gehabt, ich hätte mich wohler gefühlt. Aber diese Vorbilder gab es nicht. Heute bekomme ich so viel Post von Jungs oder Mädchen, die sagen: Deine Geschichte hat mir so geholfen. Das finde ich so eine tolle Belohnung.

Was Eloy zum Coming-out seines Landsmannes Matt Stoffers (MANNSCHAFT berichtete) und über das liberale Image der Niederlande sagt, kannst du hier im Podcast REDEREI RUDOLPH nachhören.

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