«Dramatisch» – Täglich 4 Straftaten gegen LGBTIQ
Ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr
Die aktuellen Zahlen über queerfeindliche Hasskriminalität sind alarmierend, sagt Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik der grünen Bundestagsfraktion.
Laut Anfrage beim Bundesministeriums des Innern und für Heimat gab es im vergangenen Jahr 1005 Delikte im Bereich «Sexuelle Orientierung». Ob das Opfer tatsächlich lesbisch, schwul oder bisexuell war, wird nicht erfasst. Es zähle die Motivation des Täters, so das Ministerium. Im Bereich «Geschlechtsbezogene Diversität» kamen vergangenes Jahr noch einmal 417 Straftaten hinzu.
«Der Antwort zufolge werden statistisch gesehen jeden Tag etwa vier queere Personen Opfer einer Straftat. Die Zahlen sind dramatisch und alarmierend und können nur die Spitze des Eisbergs sein», so Ulle Schauws. Im Vorjahr waren es täglich rund drei Straftaten gegen LGBTIQ (MANNSCHAFT berichtete). «Umso mehr bestätigen diese Zahlen den klaren Auftrag an die Bundesregierung, dieser Gewalt und dem Hass gegenüber queeren Menschen, wirksame Massnahmen entgegenzusetzen.»
Die Ampel-Regierung habe sich genau das zum Ziel gemacht: Um die Dunkelziffer queerfeindlicher Hasskriminalität zu senken, wurde im September letzten Jahres eine Fachkommission einberufen. Das unabhängige Expertengremium aus Wissenschaft, Praxis und LGBTIQ-Gemeinschaft soll konkrete Handlungsstrategien zur Vergrösserung des Hellfeldes und zur Prävention queerfeindliche Straftaten erarbeiten.
Ausserdem, so Schauws, werde in wenigen Wochen ein Gesetz verabschiedet, wonach geschlechtsspezifische und gegen sexuelle Orientierung gerichtete Beweggründe explizit in den Katalog der Strafzumessung des § 46 Abs. 2 StGB aufgenommen werden. «Aber der beste Schutz vor Gewalt und Diskriminierung ist eine Politik zur Förderung von Akzeptanz: Daher sieht der Aktionsplan ‹Queer leben› zahlreiche Massnahmen für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt vor.»
Aufklärungsquote leicht gesunken Insgesamt sind in Deutschland 2022 deutlich mehr Straftaten verübt und von der Polizei registriert worden als im Vorjahr. Damit kehrt sich der positive Trend der zurückliegenden Jahre um. Nachdem die Zahl der Fälle in den fünf Jahren zuvor jeweils niedriger gewesen war als im Vorjahr, stieg sie im Jahr 2022 um 11,5 Prozent auf bundesweit rund 5,63 Millionen an. Die Aufklärungsquote sank im selben Zeitraum um 1,4 Prozentpunkte auf 57,3 Prozent, wie aus der am Donnerstag vorgestellten Kriminalstatistik weiter hervorgeht.
Die Zahlen zeigen, welche Verrohung in unserer Gesellschaft existiert.
Dass die Zahl der tätlichen Angriffe auf polizeiliche Vollstreckungsbeamte im vergangenen Jahr um mehr als elf Prozent auf 34’218 Fälle angestiegen ist, zeigt aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), «welche Verrohung in unserer Gesellschaft existiert». Die derzeitige Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD), versprach, die IMK werde sich damit erneut beschäftigen. Dabei gehe es um harte Strafen, aber auch um angemessene Schutzausrüstung.
Die Daten für 2022 zeigten, dass die Arbeit für die deutschen Sicherheitsbehörden gewaltig gestiegen sei, meint der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke. Angesichts von Personallücken, Ausstattungsdefiziten und einer immer noch sehr schleppend verlaufenden digitalen Vernetzung bestehe dringender Handlungsbedarf.
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