Die queere Weinwelt des Doktor Wunderer
Der Winzer weiss auch, was gegen den Kater hilft
In der Nähe von Wien hat der Landarzt und Winzer Gerald Wunderer vor ein paar Jahren ein Weingut erworben und produziert seitdem mit seinem Lebensgefährten Matthias Lobner besondere Weine.
Von Thomas Petersen
Nach wie vor praktiziert Gerald Wunderer im niederösterreichischen Dorf Straning als Hausarzt und Psychiater – dort, wo sich auch sein Weingut befindet. Die Entscheidung, Winzer zu werden, fiel damals spontan: Als in dem Dorf ein Weingut zu kaufen war, hätten er und sein Partner nicht lange überlegt und sofort zugeschlagen.
«Gutes Essen und Wein war in unserer Familie immer schon ein grosses, wichtiges Thema; meine Grosseltern hatten ein Wirtshaus und mein Urgrossvater war Fassbinder von Beruf», so Wunderer. «Ich liebe die Leute, die malerische Gegend und guten Wein. Unterstützung meiner Familie war gleich zur Hand. Für uns steht Wein für Geselligkeit, für Gespräche, für gutes Essen mit anregender Begleitung. Der Körper freut sich, die Sinne entspannen, die Gedanken werden angeregt. Animus und Anima erwachen – was ja auch medizinisch betrachtet von Vorteil ist.»
Der Winzer und Arzt hat sich bei der Weinproduktion die Philosophie C.G. Jungs zu eigen gemacht, der den Animus als den männlichen Teil in Frauen und die Anima als den weiblichen Teil in Männern bezeichnete. So heisst dann auch eine seiner Weinlinien. Seit der Lese im vergangenen Jahr ist der Betrieb Bio-zertifiziert.
Sogar einen «queeren» Wein hat er in seinem Programm: eine Cuvée aus Grünem Veltliner, Müller-Thurgau, Sauvignon Blanc und Gelbem Muskateller. Pride nennt er diesen Wein und der soll allen gewidmet sein, die stolz darauf sind, besonders zu sein. Stolz darauf, wie sie sind.
Mit der Pride Cuvée will das Weingut Doktor Wunderer die Liebe feiern. «Wen und wie auch immer man liebt: Das soll das Herz zum Klopfen und das Innere zum Leuchten bringen, bunt sein dürfen und von aussen nicht beurteilt, sondern akzeptiert werden», sagt der Österreicher.
Ausserdem soll es in diesem Jahr einen besonderen Sekt geben, der nach der Pet-Nat-Methode (frz. pétillant nature – natürlich perlend) – ähnlich wie bei einem Champagner – in der Flasche naturtrüb vergoren wird und dann prickelnd ins Glas kommt. Abgefüllt ist er jedenfalls schon. Sein Partner Matthias ist gelernter Koch und Restaurantfachmann und steuert die passenden Rezeptideen zu den Weinen dazu.
Doch damit nicht genug, neben vielen Rezeptideen, die zu den Weinen passen, wartet Wunderer auch mit medizinischen Fakten zum Weingenuss auf und gibt hilfreiche Tipps zum Thema, wie etwa «Was hilft am besten gegen einen Kater?». Der Winzer erklärt auch: Wein ist kein geeignetes Schlafmittel, schon gar nicht regelmässig. Aber wenn man abends noch ein Glas trinken wolle, dann besser trockenen Weisswein. Der hat nämlich nur wenig Restzucker und ist daher am Abend bekömmlicher.
Das Weingut ist nach Voranmeldung besuchbar und liegt eine knappe Stunde nördlich von Wien.
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