Schwulengeschichte.ch: Die eigene Geschichte kennen

Die Informationsplattform schwulengeschichte.ch geht in ihr siebtes Jahr. Nun wird sie nicht nur inhaltlich ausgebaut, sondern auch einer Frischkur unterzogen. Damit soll sie gerade für junge Schwule attraktiv bleiben.

Von der Verbrennung schwuler Ritter über die ersten Schweizer Gay-Prides hin zur Einführung des Partnerschaftsgesetzes: Die Webseite schwulengeschichte.ch arbeitet die homosexuelle Emanzipationsgeschichte der Schweiz detailliert auf. Damit nimmt sie weltweit eine Sonderstellung ein. «Die Schweiz ist das erste Land, das seine schwule Geschichte aufbereitet und einem breiten Publikum zugänglich gemacht hat», sagt Christian D. Grichting, Präsident des Vereins schwulengeschichte.ch. Ein bedeutender Teil der Informationen beruht dabei auf den Dokumentationen und Aufzeichnungen des bekannten Paares Röbi Rapp und Ernst Ostertag. Die beiden erlebten die Gleichstellungsbemühungen des letzten Jahrhunderts hautnah mit.

Vom Buch zur Website Ursprünglich war geplant, den Inhalt der heutigen Website in Buchform zu veröffentlichen. «Wir hatten einen Verlag, der uns bei unserem Vorhaben unterstützen wollte», sagt Grichting. Doch dann zeigte sich rasch, dass das Geschriebene den Rahmen eines Buches sprengte. «Wir verfügten bereits über 1 600 Manuskriptseiten», erklärt der Vereinspräsident. «Das hätte mehr als drei Bände ergeben, und hierfür fehlte das Geld.» Daraufhin empfahl ihnen der Verlag, eine Website aufzubauen und die Dokumentationen im Internet zu veröffentlichen. «Die Idee gefiel uns – und so wurde schwulengeschichte.ch geboren.»

«Junge Schwule staunen, dass Schwule vor fünfzig Jahren  von der Polizei geschnappt wurden.»

Seit den Anfängen vor bald sieben Jahren blieb die Optik des Sammelwerks unverändert. Nun soll die alte Hülle fallen und ein frisches Gewand die Seite kleiden. Nebst der Überarbeitung des Erscheinungsbildes werden aber auch wichtige technische Updates vorgenommen, und schliesslich wird die Seite inhaltlich erweitert. «Das Kapitel HIV und Aids zum Beispiel muss noch etwas aufgearbeitet werden, zudem wollen wir weitere wichtige Persönlichkeiten der Schweizer Schwulengeschichte vorstellen», so Grichting. Diese Vorhaben kosten Geld: «Der finanzielle Aufwand für die Neuerungen beläuft sich auf rund 56 000 Franken», sagt Grichting. Der Verein ist auf Spenden angewiesen, wobei bis anhin erst ein Zehntel der Kosten gedeckt werden konnte. «Das hängt sicher damit zusammen, dass die Kräfte in den letzten Wochen und Monaten in die Bekämpfung der CVP-Initiative investiert wurden.» Nun müsse die grosse Spendenflut noch kommen.

 

Der Sodomie beschuldigt: Hinrichtung eines elfjährigen Knaben auf der Kyburg (ZH) (Bild: Schwulengeschichte.ch)
Der Sodomie beschuldigt: Hinrichtung eines elfjährigen Knaben auf der Kyburg (ZH) (Bild: Schwulengeschichte.ch)

Bedeutendes Nachschlagewerk Für Grichting steht fest, dass sich der Aufwand lohnt. «Wir wissen, dass schwulengeschichte.ch ein häufig benutztes Nachschlagewerk ist.» So würde die Seite etwa von Studierenden, Journalisten oder Politikern regelmässig zu Recherche- und Informationszwecken aufgesucht. Wurde die Webpage 2009 noch 30 000 Mal angeklickt, kann sie heute bereits über 60 000 Aufrufe pro Jahr verzeichnen. «Das Interesse an der Seite ist definitiv vorhanden. Nun geht es darum, auch in Zukunft attraktiv zu bleiben.» Frischen Wind soll nicht nur das überarbeitete Erscheinungsbild der Website bringen, auch Social-Media-­Kanäle wie Twitter und Facebook werden neu genutzt. Das erklärte Ziel ist es, vermehrt die jüngere Generation schwuler Männer anzusprechen. «Heute wachsen die Jungen teilweise ziemlich behütet auf in ihrem schwulen Leben», sagt Grichting. Einerseits sei das eine positive Entwicklung. Andererseits wüssten die Jüngeren kaum mehr darüber Bescheid, mit welchen Problemen Homosexuelle noch vor fünfzig Jahren zu kämpfen hatten. «Sie staunen, wenn sie hören, dass Schwule im Ausgang von der Polizei geschnappt wurden und danach Finger­abdrücke abgeben mussten.» Grichting ist überzeugt: «Es ist wichtig, die eigene Geschichte zu kennen.»

Hier gehts zur Facebook-Seite von schwulengeschichte.ch.

Dankbar für Spenden Wer den Verein bei der Aktualisierung und Ausbau der Website unterstützen will, kann einerseits spenden. Andererseits besteht die Möglichkeit, für den Beitrag von 100 Franken pro Jahr Passivmitglied beim Verein zu werden.

Verein schwulen­geschichte.ch 8000 Zürich IBAN: CH25 0900 0000 8516 0557 0

 

 

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