Und was wird jetzt aus den queerpolitischen Vorhaben?

Die Ampel-Regierung ist Vergangenheit

07.11.2024, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht vor Teilnehmern des Forums der Deutschen Telekom AG nach dem Bruch der Ampel-Koalition. Foto: Carsten Koall/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Nach dem dramatischen Platzen der Ampel-Koalition werden am Donnerstag die Scherben zusammengekehrt.

Der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach einem beispiellosen Zerwürfnis gefeuerte Finanzminister Christian Lindner (FDP) erhält am Nachmittag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Entlassungsurkunde.

Was wird aus den queerpolitischen Vorhaben?

Am 15. Januar will Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, um eine Neuwahl herbeizuführen. Die muss wegen zweier im Grundgesetz verankerter Fristen von insgesamt 81 Tagen spätestens Anfang April stattfinden. Der Bruch der ersten Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene war am Mittwochabend nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik erfolgt.

Nun stellt sich die Frage: Was wird aus den unerledigten queerpolitischen Vorhaben?

Tim Stefaniak aus dem Bundesvorstand des LSVD – Verband Queere Vielfalt erklärte am Donnerstag: «Queerpolitische Belange dürfen in der Übergangsphase der nächsten Wochen und Monate nicht unter die Räder geraten, sondern sie müssen jetzt besonders berücksichtigt werden.» Das Koalitionsende müsse geordnet und nicht überstürzt erfolgen.

Die Reform des Abstammungsrechts müsse bis Weihnachten durch den Bundestag gebracht werden. «Alle Familien müssen diskriminierungsfrei als solche anerkannt werden. Das Recht bildet die gesellschaftliche Realität insbesondere von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans, inter und weiteren queeren Eltern nicht ab.» Vor dem Bundesverfassungsgericht seien mittlerweile sechs Fälle anhängig, bei denen Zwei-Mütter-Familien auf eine diskriminierungsarme Elternschaftsanerkennung drängten.

Die Gespräche der verbleibenden Koalitionspartner*innen SPD und Grüne mit der CDU/CSU müssten jetzt auch dafür genutzt werden, um die noch ausstehenden menschenrechtlichen und queerpolitischen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag wie das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan zu ermöglichen.

Allen voran fordert der LSVD die umgehende Ergänzung von Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes um den expliziten Schutz von LGBTIQ: Der Rechtsschutz für LGBTIQ in Artikel 3, 3 würde z. B. verhindern, dass bereits erstrittene Rechte für die Gleichstellung von LGBTIQ wie die Ehe für alle bei einer veränderten politischen Situation nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden können. Die Förderung von Demokratieprojekten dürfe ebenfalls nicht vergessen werden.

«Das Inkrafttreten des verbesserungswürdigen Selbstbestimmungsgesetzes kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass von der queerpolitischen Agenda der Regierung kaum etwas übrigbleibt.»

Die Chance auf einen Aufbruch nach der Ära Merkel wurde in den Sand gesetzt, meinen die Bundessprecher*innen von Die Linke queer, Daniel Bache und Frank Laubenburg: «Das Inkrafttreten des verbesserungswürdigen Selbstbestimmungsgesetzes kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass von der queerpolitischen Agenda der Regierung kaum etwas übrigbleibt.»

Die demokratischen Parteien seien gefordert, jetzt in Verhandlungen einzutreten und noch in dieser Legislatur den Schutz queeren Lebens grundgesetzlich zu verankern, «auch um Rückschritte im Bereich Selbstbestimmungsgesetz und bei der Ehe für alle endgültig auszuschliessen».

Die vom Queerbeauftragten Sven Lehmann und den Grünen versprochenen 70 Millionen jährlich für den nationalen Aktionsplan «Queer Leben» seien ein Mythos geblieben. Dort, wo fortschrittliche Gesetzesentwürfe in der Schublade liegen, ist gerade Sven Lehmann gefordert, jetzt durch intensive Verhandlungen dafür Sorge zu tragen, dass diese noch vom Bundestag verabschiedet werden.»

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