«Der mysteriöse Herr Lagerfeld»: Wie war der Modeschöpfer wirklich?
Am kommenden Wochenende würde er 90 werden
Karl Lagerfeld hat sich zeitlebens hinter seiner Kunstfigur versteckt. Seit dem Tod des Modeschöpfers häufen sich Bücher und filmische Biografien. Sie wollen hinter die Fassade blicken.
Von Sabine Glaubitz, dpa
Neue Biografien, eine sechsteilige Serie mit Daniel Brühl und ein Biopic, in dem der US-Schauspieler Jared Leto in die Rolle des legendären Modezars schlüpft: Seit dem Tod von Karl Lagerfeld vor mehr als vier Jahren häufen sich Bücher und Filme über ihn. Sie sind Rückblicke und Einblicke in das Leben eines der medienwirksamsten, aber auch geheimnisvollsten Modeschöpfer. Lagerfeld wäre an diesem Sonntag (10. September) 90 Jahre alt geworden.
Weisser Zopf, Sonnenbrille und gestärkter Kragen: Lagerfeld hatte sich zu einer Kunstfigur und zu einem Mythos stilisiert. Doch wer war der echte Lagerfeld wirklich? Eine Frage, die sich seit dem Tod am 19. Februar 2019 (MANNSCHAFT berichtete) viele stellen.
Der gebürtige Hamburger hatte stets versucht, Bücher über sein Leben abzuwehren. So erschien in Frankreich die erste Biografie «Kaiser Karl» von Raphaëlle Bacqué erst dreieinhalb Monate nach seinem Tod. Weitere folgten wie «Karl» der Französin Marie Ottavi und «Karl Lagerfeld. Ein Deutscher in Paris» des deutschen Journalisten Alfons Kaiser. Sie enthüllten Überraschendes. Lagerfeld hatte über fast alles gelogen, was seine Nationalität betraf.
Als er als 19-Jähriger in Paris angekommen war, gab er vor, Skandinavier zu sein. Deutsche waren im Nachkriegsfrankreich nicht gern gesehen. Sein Vater, Otto Lagerfeld, war weder ein dänischer noch ein schwedischer Baron, sondern Unternehmer und Gründer der Milchmarke «Glücksklee», der geschäftlich mit den Nazis zusammenarbeitete, in deren Partei auch seine Mutter eintrat. Auch sein Geburtsjahr leugnete Lagerfeld lange. Er wurde nicht 1938 geboren, sondern 1933, dem Jahr, an dem die Nazis an die Macht gekommen waren.
Ende Mai strahlte die britische BBC den Dokumentarfilm «The Mysterious Mr Lagerfeld» (Der mysteriöse Herr Lagerfeld) von Michael Waldman aus. Der preisgekrönte Regisseur holt darin dessen Freunde und Feinde vor die Kamera. Der Film konzentriert sich auch auf Aussagen von Baptiste Giabiconi, Model, Musiker und einst Muse des Designers. Der 33-jährige Franzose erzählt unter anderem, das er mit ihm Adoptionspläne vorgehabt hätte, die jedoch wegen zu viel Bürokratie gescheitert seien.
Giabiconi war in vielen von Lagerfelds Werbekampagnen zu sehen und stand Lagerfeld in seinen späteren Jahren nahe. Intim seien sie aber nicht gewesen, wie er dem Filmemacher sagte. Giabiconi gehört neben der von Lagerfeld vergötterten Katze Choupette zu den potenziellen Erben des riesigen Vermögens des Designers, dessen Testament noch immer nicht vollstreckt wurde. Die weisse Birmakatze hatte Giabiconi dem Designer 2011 geschenkt.
In «Paradise Now. The Extraordinary Life of Karl Lagerfeld» beleuchtet William Middleton das extravagante Privatleben Lagerfelds. Der Autor arbeitete als Journalist für mehrere amerikanische Modezeitschriften in Paris, wo er den Designer kennenlernte. Lagerfeld war demnach ebenso verschwenderisch wie seine Laufstege spektakulär waren. Bei einem Abendbuffet für 900 Personen in seiner Pariser Wohnung sollen die Gäste von Kellnern im Stil des 18. Jahrhunderts bedient worden sein – mit weissen Perücken, roten Hosen und Schnallenschuhen.
Ausführlicher geht Middleton auf die tumultöse Beziehung von Lagerfeld mit Jacques de Bascher ein, der Liebe seines Lebens. Der französische Dandy, der 1989 an den Folgen von Aids starb, betrog Lagerfeld mit seinem Kollegen und Rivalen Yves Saint Laurent.
Ich schlafe nicht gern mit Menschen, die ich wirklich liebe.
Die langjährige Beziehung zwischen Lagerfeld und de Bascher soll rein platonisch gewesen sein. In einem Interview mit dem amerikanischen Lifestyle-Magazin Vice sagte Lagerfeld über seine Beziehungen zu Männern: «Ich schlafe nicht gern mit Menschen, die ich wirklich liebe. Ich möchte nicht mit ihnen schlafen, weil Sex nicht von Dauer sein kann.»
Voraussichtlich 2024 soll die französische Mini-Serie «Kaiser Karl» erscheinen, wie ihn Bewunderer und Kritiker nannten. Sie ist von der gleichnamigen Biografie der Journalistin Raphaëlle Bacqué inspiriert. Wie der Streaming Disney+ mitteilte, wird der deutsche Schauspieler Daniel Brühl («Good Bye Lenin!», «Inglourious Basterds») in die Rolle des Meisters schlüpfen.
Die Geschichte beginnt im Sommer 1972 und zeichnet Karl Lagerfelds Bestreben nach, Nachfolger der im Jahr zuvor verstorbenen Coco Chanel zu werden, die damals die erfolgreichste französische Couturier war. In dieser Zeit war Yves Saint Laurent die grösste Persönlichkeit der Modebranche.
Der Biografie von Bacqué zufolge soll Lagerfeld dabei all jene aus dem Weg geräumt haben, die ihm in seiner Karriere im Weg standen. Welches Schlaglicht die Serie auf Lagerfeld werfen wird, bleibt abzuwarten. Mehr als 2200 Kompars*innen und 3000 Kostüme sollen zu sehen sein.
Für das Lagerfeld-Biopic mit Jared Leto («Requiem for a Dream», «House of Gucci») gibt es noch keinen Erscheinungstermin. Die filmische Biografie hat der amerikanische Schauspieler erstmals im Herbst 2022 in der Modezeitschrift «Women’s Wear Daily»(WWD)angekündigt. Der Film soll sich mit Schlüsselbeziehungen in Karl Lagerfelds Leben befassen.
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