Darum hat die Polizei in Berlin Darkrooms geschlossen
Korrektur (21.4.): Das „Mutschmann’s“ in der Martin-Luther-Straße ist entgegen unserer früheren Meldung nicht betroffen. Wir bedauern, dass uns dieser Fehler unterlaufen ist.
Wer im Berliner Regenbogenkiez derzeit Lust hat auf ein bisschen Crusing und schnellen anonymen Sex, der steht in manchen Bars vor verschlossenen Türen – genauer: vor versiegelten Türen, von der Polizei und dem Ordnungsamt höchstpersönlich. Betroffen ist neben der „Scheune“ auch die „Tom’s Bar“ (beide in der Motzstraße).
„Die Schließung sollte schon im September passieren“, erklärt „Scheune“-Chef Sylvio Jaskulke gegenüber der Mannschaft. Aber das konnte er damals abwenden. Er hat sich gewehrt. „Ich habe dem Kiez all die Jahre soviel gegeben, habe bei Benefiz-Veranstaltungen im Roten Rathaus mitgemacht, und jetzt das!“
Kurz vor Ostern wurde es dann aber Wirklichkeit. Mitten in der Nacht sei ein gutes Dutzend Polizisten und eine Frau vom Ordnungsamt gekommen, um den Darkroom zu versiegeln, erzählt Sylvio. Grund: der Brandschutz. Es habe eine private Anzeige gegeben – wer dahintersteckt, weiß er nicht.
„Aus bauordnungsrechtlichen Gründen musste die Schließung erfolgen, da keine ausreichenden lichten Höhen in den Räumen vorhanden sind und Rettungswege fehlen“, erklärt das Bezirksamt Schöneberg-Tempelhof auf unsere Anfrage. „Die Schließung erfolgte im Rahmen örtlicher Begehungen durch Polizei, Ordnungsamt und wurde technisch durch das Bau- und Wohnungsaufsichtsamt begleitet. Auslöser der häufigeren Begehungen ist nicht zuletzt der Saunabrand in der Kurfürstenstraße im Februar 2017, bei dem drei Personen ums Leben kamen.“ Gemeint ist der Club „Steam Works“, der zuvor als „Apollo Splash Club“ bekannt war.
Sylvio ist sauer. Die „Scheune“ war 1995 eröffnet worden und ist seither eine der beliebtesten Fetischkneipen und Szenetreffs Berlins. „Der Darkroom wurde all die Jahr still geduldet, und jetzt kommen sie mir mit Bauvorschriftren von 2017.“
Wie geht es weiter? Das Bezirksamt erklärt: „Herr [Jörn] Oltmann [der stellvertretender Bezirksbürgermeister (Grüne), Anm. d Red.] führt derzeit Gespräche mit den Betreibern, letztmalig bisher am 27.03.2018. In den Gesprächen wurde den Betreibern nochmals verdeutlicht, dass es Veränderungen in den Örtlichkeiten geben muss und dass die Planungen zu den notwendigen Änderungen beim Bau- und Wohnungsaufsichtsamt einzureichen sind. Dies ist bisher nicht geschehen. Erst dann kann über eine weitere mögliche Nutzung und deren Ausprägung geredet werden.“
Gutachten kostet 5.800 Euro In der „Scheune“ tritt man entsprechende Vorbereitungen. Mit dem Architekten wollte man in der vergangenen Woche den Bauantrag fertig machen, der geht ans Bauamt, dann kann Sylvio die Gutachter bestellen. „So ein Gutachten kostet 5.800 Euro, und für jeden Stempel im Rathaus muss man auch bezahlen.“ Der Bezirk habe ihm zugesagt, die Sache schnell zu bearbeiten. Rechtzeitig zum lesbisch-schwulen Straßenfest am 21-/22. Juli will er fertig sein. Die Betreiber anderer Bars in Berlin, die wir angefragt haben, wollten sich gegenüber der Mannschaft leider nicht äußern.
Sylvio kann noch nicht absehen, ob sich der geschlossene Darkroom auf den Umsatz auswirkt. Dazu ist es noch zu frisch. Aber er sagt: „Viele schwule Touristen kommen ja nach Berlin wegen der Darkrooms.“
Darkrooms waren bisher ein Teil des Angebots im Regenbogenkiez und damit auch für Touristen interessant.
Das ist auch dem Bezirk bewusst. Man erklärt uns: „Frau [Angelika] Schöttler [die SPD-Bezirksbürgermeisterin, Anm d Red] hält den Regenbogenkiez insgesamt für den Tourismus im Bezirk und für ganz Berlin für sehr wichtig. Darkrooms waren bisher ein Teil des Angebots im Regenbogenkiez und damit auch für Touristen interessant. Allerdings muss die Sicherheit der Menschen immer an erster Stelle stehen, d.h. bauordnungsrechtliche Bedenken müssen beseitigt und dürfen nicht kleingeredet werden. Dazu gehören auch Schließungen.“
Unterdessen hat sich Sylvio eine Notlösung für seine Gäste einfallen lassen. Er hat sein Lager geräumt, damit man vorübergehend dort cruisen kann. „Ich bin ja nicht blöd“, sagt der Geschäftsmann.
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