«Brandgefährlich» – Dobrindt will trans Personen in Sonderregister erfassen

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Symbolbild (Bild: Shutterstock)

Bundesinnenminister Dobrindt plant eine «Verordnung zur Umsetzung des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag im Meldewesen» – ein Sonderregister für alle, die das Selbstbestimmungsgesetz in Anspruch genommen haben.

Das Bundesinnenministerium unter Minister Alexander Dobrindt (CSU) plant ein Extra-Datenblatt, das den früheren Geschlechtseintrag von trans, inter und nicht-binären Menschen dauerhaft speichert (zum Referentenentwurf als PDF). Aus der Opposition hatte er zuvor das Selbstbestimmungsgesetz als «Ideologie-Gesetz der Arroganz-Ampel» bezeichnet (MANNSCHAFT berichtete).

Dagegen wurde nun eine Petition von der trans Aktivistin Penelope Alva Frank gestartet. Die Gründerin der queerfeministischen Bewegung Queermany schreibt: «Listen machen Minderheiten verletzlich – damals wie heute.» Frank weiter: «Gerade jetzt, in Zeiten täglicher queerfeindlicher Hetze, macht mir das Angst: Solche Listen könnten Missbrauch ermöglichen und als trans Frau wäre ich dann noch weniger sicher.» Die Petition wurde schon über 7'000-mal unterzeichnet.

Die Deutsche Gesellschaft für Trans- und Intergeschlechtlichkeit (dgti) erklärte am Samstag: «Angaben zur Geschlechtsidentität und zum Vornamen gehören zum innersten persönlichen Bereich und sind besonders schützenswert. Die geplante Kennzeichnung hebt diese Daten in besonderer Weise hervor und widerspricht dem Grundsatz der Datenminimierung Sie weckt zudem Erinnerungen an frühere Versuche des BMI, Daten an Sicherheitsbehörden zu übermitteln, die nur nach massiver Kritik verhindert wurden.»

Darum wird das BMI dringend aufgefordert, den Entwurf zu überarbeiten und auf die unnötige und diskriminierende Kennzeichnung früherer Geschlechtseinträge und Vornamen zu verzichten. «Stattdessen muss der Schutz der Privatsphäre und die Würde aller Menschen, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität, gewährleistet werden,» heisst es in einer Pressemitteilung der dgti.

Auch Maik Brückner, queerpolitischer Sprecher der Linke-Fraktion im Bundestag, kritisiert die Pläne: «Dobrindts Vorhaben macht fassunglos. Es steht zu befürchten, dass im Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungsgesetz auf Dokumentationspraktiken zurückgegriffen werden soll, die an ,Rosa Listen' und damit an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte erinnern. Es geht um hochsensible persönliche Daten - ihre zusätzliche Speicherung in einem eigenen Datenblatt ist weder notwendig noch gerechtfertigt. Hier wird ein unnötiges Instrument geschaffen, was zum Missbrauch einlädt, und das ist brandgefährlich.»

Die Warnungen der einschlägigen Fachverbände müssten ernst genommen werden, so der Linke-Politiker. «Es braucht ein angemessenes Beteiligungsverfahren. Ich erwarte, dass ihre Kritik in die Verordnung einfliesst. Bevor man eine neue Kartei einführt, müssen andere, datensensiblere Wege geprüft werden. Ein Sonderregister stigmatisiert trans Personen - und das unter dem Deckmantel angeblicher Bürokratievereinfachung für eine nachhaltigere, umweltschonende Verwaltung. Diese Argumentation ist zynisch und ignorant gegenüber den realen Gefahren für Betroffene.»

Brückner weiter: «Der Union ist es wichtiger, die Verwaltungen vermeintlich zu entlasten, als das Persönlichkeitsrecht vulnerabler Gruppen zu schützen. De facto wird einem Datenmissbrauch Tür und Tor geöffnet und trans Personen fürchten zurecht unvorhersehbare Folgen. Die Kriminalisierung von trans Leben ist ein zentraler Bestandteil des autoritären Staatsumbaus und sie kommt in scheinbar profanen Schritten wie der Ergänzung des Melderegisters.»

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