Ja, ich will … aber Corona sagt Nein
Heiraten in der Krise? Möglicherweise können Hochzeitsfeiern dieses Jahr gar nicht mehr stattfinden, glaubt ein schwuler Hochzeitsplaner
Eigentlich ist das jetzt die Zeit für Hochzeiten. Aber im sogenannten Wonnemonat Mai sind aufgrund von Corona (noch) keine Feiern möglich, schon gar nicht mit grösseren Gesellschaften.
Seit acht Jahren arbeitet Uli Knieknecht als Wedding Planner. 20 Hochzeiten sollte es 2020 geben, die er als JaSager Berlin geplant hat und vor Ort begleiten sollte – jede vierte Trauung ein schwules Paar. Zusätzlich hatte er als Freier Redner nochmal 30 Trauungen im Kalender stehen. Zumal dieses Jahr so einprägsame Samstagsdaten zu bieten hat wie den 6.6., den 8.8. und den 10.10., noch dazu in Kombination mit der doppelten 20.
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Nun ist alles gecancelt bis in den August, fast alle Trauungen verschoben ins nächste Jahr. Er glaubt auch nicht, dass es dieses Jahr überhaupt noch Hochzeiten unter gewohnten Bedingungen geben kann, nicht mit mehr als 50 Personen. «Bis mindestens Ende August wird es verboten sein, solange es weder Impfstoff gibt noch Medikamente.»
Immerhin, zwei Hochzeiten hatte er schon, Anfang des Jahres. Darunter ein schwules Paar aus Dubai, der eine Marokkaner, sein Partner Deutsch-Marokkaner. Die beiden hatten sich Berlin für ihr Fest ausgesucht, um frei und unbehelligt heiraten zu können. Daran erinnert sich Uli gern zurück: eine mega Party, mit Gästen aus New York, London etc., sowas wäre jetzt gar nicht mehr möglich.
«Das war ganz lustig», erinnert sich Uli. «Um 1 Uhr früh war die Party vorbei – das lag aber nicht am DJ. Viele der internationalen Gäste wollten noch die Clubs der Stadt entdecken und auch die Darkrooms erkunden.»
Wenn ein Paar jetzt seine Hochzeit verschiebt, die im Juli oder August stattfinden sollte, dann vor allem aus der Unsicherheit heraus: Kann sie in der Form stattfinden, wie wir das wollen, oder nicht?
«Viele wollen eine Planungssicherheit», sagt Uli. Dazu kommt der psychologische Aspekt. Vielleicht darf man feiern, aber will man das überhaupt noch, in diesem sonderbaren Jahr, nach den Kontaktbeschränkungen? «Dazu kommt die Angst, nicht um sich selbst, aber um ältere Gäste – um Eltern oder Grosseltern. Viele Hochzeiten in Berlin sind ja auch international, da kommen Gästen aus unterschiedliche Ländern. Auch hier kann man nicht absehen, wann das wieder geht.»
95 % seiner Kunden hat er in Berlin und Brandenburg, auch in den umliegenden Bundesländern wie Mecklenburg-Pommern oder Sachsen-Anhalt war er schon bei Trauungen im Einsatz, und einmal sogar in Italien. Dieses Jahr hätte er eine Trauung auf Mallorca vollziehen sollen, aber das hat sich erstmal auch erledigt.
Was tun? Uli rät seinen Paaren, die geplante standesamtliche Trauung auf jeden Fall dieses Jahr durchzuführen. «Man weiss nicht, wie gross nächstes Jahr der Run ist – und der Ansturm ist ja eh immer gross auf die Standesämter in Berlin. Und dann schaut man vielleicht, dass man den Ersatztermin ein Jahr später plant. Dann hat man auch nochmal so eine Symbolik, zum 1. Jahrestag feiert man die Freie Trauung und dann auch richtig gross.»
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Allen, die 2020 noch heiraten wollten, rät Uli dringend: Sich jetzt schonmal um einen Ersatztermin 2021 kümmern und mit der gebuchten Location sprechen. Da müsse man allerdings flexibel sein. «Wenn alle Hochzeiten von diesem Jahr aufs nächste verschoben werden, kann man als Location oder Dienstleister im nächsten Jahr keine Aufträge mehr annehmen, da fehlt dann ein ganzes Geschäftsjahr.»
Also sollte jedes Paar überlegen, ob es statt die Hochzeit von Samstag auf Samstag zu verlegen, sich für einen Freitag oder Donnerstag entscheidet.
«Viele denken immer, Heiraten geht nur an einem Samstag. Aber jeder Gast hat Verständnis dafür, gerade wenn man es früh genug ankündigt, dass das Fest an einem Donnerstag stattfindet – und dann feiert man ordentlich.»
Paare sollten unbedingt langfristig schauen, etwa ob sie auch alle Dienstleister*innen wie Florist*innen oder DJs auf den neuen Termin umbuchen können. Was bereits geleistete Anzahlungen betrifft, so verhalten sich die meisten Dienstleister*innen aus seiner Erfahrung kulant. Wie die rechtliche Lage bei Stornierungen aussieht, dazu gibt es hier sachdienliche Hinweise.
Wie kommt man als Hochzeitsplaner übers Jahr – ohne Hochzeiten? Uli hat finanzielle Polster, von denen er zehrt. Die Soforthilfe für Soloselbständige vom Land Berlin hat er bereits erhalten, und zur Not ist da ja auch noch sein Mann, der Geld verdient.
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Auch Zwischenrechnungen hat er teilweise schon gestellt. «Viele Paare bieten aber auch an, mir schon einen Vorschuss zu zahlen oder einen grösseren Betrag, als sie es müssten. Dieses Angebot machen mir die Paare von sich aus.»
Aber es ist auch demotivierend, erzählt der Hochzeitsplaner, wenn man immer nur mit Absagen oder dem Verschieben von Terminen zu tun hat. Zudem ist er oft auch als Seelsorger gefragt, weil viele Paare traurig sind, dass sie dieses Jahr nicht heiraten können. In der Not hat er einen Podcast gestartet: «Keep cool and marry on?!»
Existenziell bedrohlich ist die Lage für ihn noch nicht. Aber er schläft schlecht, träumt von Corona und geplatzten Hochzeiten und Terminverschiebungen. Derzeit geht Uli nicht davon aus, dass dieses Jahr noch viel geheiratet wird. Aber wer weiss. «Ich freue mich dann umso mehr, wenn es vielleicht doch noch zwei oder drei Hochzeiten gibt, im Spätsommer oder Herbst.»
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