CDU: Grund­gesetz­änderung für LGBTIQ-Schutz unnötig

Foto: Jörg Carstensen/dpa
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Die CDU bremst Forderungen aus, das Diskriminierungsverbot wegen sexueller Identität durch eine Grundgesetzänderung umzusetzen. Es sei schon verwirklicht.

Die CDU-Spitze hält das Vorhaben für unnötig, ein Diskriminierungsverbot wegen sexueller Identität im Grundgesetz zu verankern. «Den Grundrechtekatalog, also die Herzkammer unserer Verfassung anzutasten, bedarf es ganz besonderer Gründe», sagte Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er sei da grundsätzlich skeptisch. «Für eine Änderung des Grundgesetzes sehe ich aber auch keinen Anlass, da der Diskriminierungsschutz aufgrund der sexuellen Orientierung bereits in Artikel 3 verwirklicht ist.»

In Artikel 3 heisst es bisher: «Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.»

Am Wochenende hatten etwa in Berlin Hunderttausende zum Christopher Street Day (CSD) für mehr Menschenrechte von LGBTIQ demonstriert (MANNSCHAFT berichtete). Bei der Kundgebung in Berlin hatte etwa der Sänger Herbert Grönemeyer gefordert, Artikel 3 müsse ergänzt werden um den Zusatz, «dass niemand wegen seiner geschlechtlichen und sexuellen Identität benachteiligt werden darf». Man brauche Ausdauer und weiter viel Mut, rief der Sänger in die Menge.

Die Verankerung von sexueller Identität als Diskriminierungsmerkmal im Grundgesetz steht auch als Vorhaben im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition. Dies umzusetzen ist schwierig: Für eine Grundgesetzänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Aus einigen CDU-geführten Landesregierungen gibt es dafür sogar Unterstützungssignale, etwa aus Berlin. Die Regierung von Kai Wegner in Berlin hat beispielsweise eine Bundesratsinitiative zur Ergänzung von Artikel 3 angekündigt (MANNSCHAFT berichtete).

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese sagte dem RND, die Grundgesetzänderung sei Ziel der Ampel-Koalition. «Leider hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hierzu die Gespräche abgelehnt. Es ist daher zu begrüssen, dass einige CDU-Politiker*innen aus den Ländern sich anders positionieren.» Leider nehme die Spitze diese Politiker nicht ernst. «Der gesellschaftspolitische Rückschritt seit dem Ende der Merkel-Jahre setzt sich bedauerlicherweise an der Spitze der Union ungebremst fort.»

Eine Änderung der Verfassung ist an dieser Stelle seit langem überfällig.

Auch FDP-Vize-Fraktionschef Konstantin Kuhle drängte auf eine Verfassungsänderung. Diese wäre «ein wichtiges Zeichen für politische und gesellschaftliche Akzeptanz», sagte er dem RND. «Eine Änderung der Verfassung ist an dieser Stelle seit langem überfällig.»

Konstantin Kuhle (Foto: Moritz Frankenberg/dpa)
Konstantin Kuhle (Foto: Moritz Frankenberg/dpa)

Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei betonte gegenüber dem RND, durch das Grundgesetz, die europäische Menschenrechtskommission, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz würden Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Identität schon jetzt verboten.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hat immer wieder betont, dass 1949 Homo- und Bisexuelle als einzige Opfergruppe der Nationalsozialisten bewusst nicht in Artikel 3,3 aufgenommen worden seien. So seien gleichgeschlechtlich liebende Männer im demokratischen Nachkriegsdeutschland weiterhin der Verfolgung durch den erst 1994 endgültig abgeschafften Paragrafen 175 im Strafgesetzbuch unterworfen gewesen.

Die Human Rights Campaign (HRC) in den USA schlägt Alarm: Die Diskriminierung gegen queere Menschen nimmt immer mehr zu, deshalb wurde der Notstand ausgerufen (MANNSCHAFT berichtete).

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