Alter Ego: Spiessrutenlauf mit Gewissen
Wenn man regional und Bio einkaufen will
Es ist Mittwochnachmittag, und unser Kolumnist schlendert auf der Suche nach Kochinspiration für ein Dinner durch den Supermarkt.
Erster Halt: Obst und Gemüse. Ein Pfund hübsch eingepackter Zwetschgen strahlt ihm entgegen.
Ich: Au ja, Zwetschgentartelettes! Perfekt! Alter Ego: Moment. Gibt es die auch ohne Plastikschale? Die werfen wir zuhause doch eh gleich wieder weg.
Ich: Gute Frage, mal sehen . . . Nein, sieht nicht so aus. Alter Ego: Dann nimm doch Äpfel, die gibt es offen. Ich: Nein, darauf habe ich keine Lust. Aber schau mal die schönen Erdbeeren! Die wären doch auch was fürs Dessert. Alter Ego: Erdbeeren? Um diese Jahreszeit?
Ich: Sie sind jedenfalls aus der Schweiz. Alter Ego: Bio? Ich: Äh . . . Nein.
Mein Alter Ego schweigt vielsagend, und ich lasse die Beeren Beeren sein. Bei den Exoten schiele ich kurz Richtung Mangos, worauf sich mein Alter Ego räuspert, und ich meinen Einkaufswagen rasch in die Kühlabteilung weiterschiebe. Vor der Joghurtwand fällt mir ein, dass ich seit Ewigkeiten keine Vanillecrème mehr gekocht habe und steuere die Milch an.
Alter Ego: Wolltest du nicht etwas weniger tierische Erzeugnisse konsumieren? Ich: Ja, schon, aber auf Milchprodukte zu verzichten, finde ich verdammt schwierig. Alter Ego: Und wieso kaufst du sie nicht wenigstens direkt ab Hof? Du hast doch diesen Flyer mit der Mutter-Kälber-Milch zuhause – die würde dir sogar nach Hause geliefert. Ich: Stimmt. Aber für heute Abend wird das wohl kaum mehr reichen.
Mein Alter Ego schaut demonstrativ weg, während ich zwei Liter Bio-Wiesenmilch in den Korb lege. Weiter geht’s zur Fischtheke, wo ich es nach einem kurzen inneren Gerangel schaffe, unseren Wagen zum Stillstand zu bringen.
Ich (zischend): Ich weiss, ich weiss . . . Aber einheimischen Fisch esse ich hin und wieder.
Mein Alter Ego presst die Lippen zusammen.
Ich: Haben Sie Fisch aus der Umgebung? Verkäufer: Heute nur diese Forellen hier. Ich: Ja, die wären nicht schlecht.
Alter Ego: Gestern noch glücklich schwimmend im See . . . Verkäufer: Wie viele dürfen es denn sein? Ich: Ähm, eigentlich vier Stück. Alter Ego: Guck doch mal, wie die gucken!
Verkäufer (merkt mein Zögern): Wir hätten sonst auch ganz frischen Seeteufel. Ich: Nein, vielen Dank, lieber nichts vom Meer. Alter Ego: Word! Verkäufer: Dann kann ich Ihnen wirklich nur die Forellen anbieten. Ich (murmelnd): Okay. Ja . . . Ich muss dann noch kurz überlegen.
Mein Alter Ego schiebt den Wagen triumphierend weiter, ich verschwinde verschämt im nächsten Gang und steuere zum Ausgang.
Ich: So, fertig! Gibt es halt wieder ein Curry. Natürlich nur mit einheimischem Gemüse vom Markt, Demeter-zertifiziert und von Pro Specie Rara unterstützt. Mit Bio-Reis von der Alp und Kokosmilch von wild lebenden Palmen.
Alter Ego grinst zufrieden.
*Jeden Samstag veröffentlichen wir auf MANNSCHAFT.com einen Kommentar zu einem aktuellen Thema, das die LGBTIQ-Community bewegt. Die Meinung der Autor*innen spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.
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