«Besser denn je»: Homo-Ikone Barbra Streisand wird 80

Demnächst erscheint ihre Autobiografie

Barbra Streisand, 2019 (Foto: Chris Pizzello/Invision/AP/dpa)
Barbra Streisand, 2019 (Foto: Chris Pizzello/Invision/AP/dpa)

Vom «Mädchen aus Brooklyn» wurde Barbra Streisand zum Weltstar, gefeiert in Musik, Film, Fernsehen und Theater. Jetzt wird die Diva 80 Jahre alt – und hat die Pandemie-Zeit zum Durchstöbern ihrer Archive genutzt, für neue Alben und eine Autobiografie.

Von Christina Horsten, dpa

Normalerweise schaue sie nur ungern zurück in die Vergangenheit, sagte Barbra Streisand jüngst in einem Interview. «Ich höre mir nicht meine Alben an, oder schaue meine Filme», sagte die Schauspielerin und Sängerin der USA Today: «Ich lebe gerne in der Gegenwart.»

Die Pandemie aber nutzte die Diva, die an diesem Sonntag 80 Jahre alt wird, für eine Reise in die Vergangenheit. «Was in diesem Land passierte, war schlimm. Aber ich konnte mich zu Hause konzentrieren, ohne auf Veranstaltungen gehen zu müssen oder Menschen zu Besuch zu haben, deswegen war es auch eine sehr nachdenkliche Zeit.»

Unter anderem veröffentlichte Streisand das Album «Release Me 2», eine Zusammenstellung aus B-Seiten der vergangenen Jahrzehnte, und ihre Autobiografie, an der sie schon seit rund 40 Jahren arbeitet, steht kurz vor der Fertigstellung.

Wir haben uns nochmal verliebt in dieser Zeit, in der wir jeden Tag zusammen sein mussten, und das hat funktioniert.

Auch ihrer Ehe habe die Pandemie-Zeit gut getan, erzählte Streisands Mann, der Schauspieler James Brolin, kürzlich in einem Interview. «Wir haben uns nochmal verliebt in dieser Zeit, in der wir jeden Tag zusammen sein mussten, und das hat funktioniert.» Er und Streisand seien nun nach fast 25 Jahren Ehe «perfekt» und «besser denn je» zusammen.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert feiert die im New Yorker Stadtteil Brooklyn geborene und inzwischen hauptsächlich an der Westküste der USA lebende Streisand Erfolge: Mehr als 140 Millionen verkaufte Alben, Auszeichnungen wie Oscars, Emmys und Golden Globes und unzählige Fans auf der ganzen Welt.

Trotzdem sieht sie sich nach wie vor als das «Mädchen aus Brooklyn», wie sie einmal der TV-Moderatorin Oprah Winfrey erzählte. «Ich habe zwei Seiten. Zum Beispiel habe ich kein Problem damit, grosse Summen Geld wohltätigen Zwecken zu spenden, aber der Brooklyn-Teil in mir fragt immer noch: ,Kostet diese Fliese wirklich 10,95 Dollar?’» Dabei sammelt und handelt Streisand inzwischen auch mit Kunst und Aktien im Wert von Millionen. «Ich liebe Dinge, die schön sind. Ich denke, ich habe ein gutes Auge dafür – mein ganzes Leben war in gewisser Hinsicht ein Streben nach Schönheit.»

Barbra Streisand mit Oscar für «Funny Girl» (Foto: George Birch/AP/dpa)
Barbra Streisand mit Oscar für «Funny Girl» (Foto: George Birch/AP/dpa)

Öffentliche Auftritte sind ihr dagegen weniger lieb. Jahrzehntelang litt Streisand unter Lampenfieber, «dass es mir fast den Magen umgedreht hat». «Ein Grund, dass ich inzwischen auftreten kann, ist, dass es Tabletten gegen Lampenfieber gibt. Ich wünschte, davon hätte mir jemand schon vor Jahren erzählt.» Auch Auftritte auf roten Teppichen oder Interviews meidet sie so weit es geht.

Die Karriere der 1942 geborenen Streisand begann in den 60er Jahren in Nachtclubs und Broadway-Revuen. In ärmlichen jüdisch-orthodoxen Verhältnissen im New Yorker Bezirk Brooklyn aufgewachsen, der Vater schon sehr früh gestorben, träumte sie schon früh von einer Schauspielkarriere. «Ich nahm Schauspielunterricht, seit ich 14 war, habe mit 15 die Medea gespielt und wollte wirklich eine klassische Schauspielerin werden», sagte sie einmal dem britischen Telegraph.

«Weil ich als ,das Kind vom Strassenblock mit der guten Stimme‘ bekannt war, habe ich mich bei einem Talentwettbewerb beworben. Ich dachte, so kann ich mir ein paar Mahlzeiten leisten, bevor ich Shakespeare oder Ibsen spiele.»

Barbra Streisand als Dolly Levi (Foto: UPI/dpa)
Barbra Streisand als Dolly Levi (Foto: UPI/dpa)

Einen ihrer ersten Auftritte hatte die damals 18-Jährige im Schwulen-Club The Lion im Greenwich Village, New York. Bei weitem nicht der einzige Grund, warum sie eine wichtige Schwulen-Ikone ist (MANNSCHAFT berichtete).

Das klappte – und noch viel mehr. Bei einem Nachtclub-Auftritt trifft Streisand das Songschreiber-Duo Alan und Marilyn Bergman, die ihr jahrzehntelang Hits wie «The Windmills of Your Mind», «Solitary Moon», «The Same Hello, the Same Goodbye» oder «That Face» schreiben werden. «Ich werde nie vergessen, was Marilyn als erstes zu mir gesagt hat: ,Weisst du, wie wundervoll du bist?’»

Aber auch auf der Bühne und in Film und Fernsehen feiert das Multitalent schliesslich Erfolge. Gleich für ihren ersten grossen Hollywood-Film «Funny Girl» (1968) gewinnt sie einen Oscar als beste Hauptdarstellerin. Ihre TV-Shows «My Name is Barbra» und «Color Me Barbra» gehen um die Welt und erzielen Rekordeinnahmen. Filme wie «So wie wir waren», «Hello Dolly», «Nuts», «Is was, Doc?» und «Yentl» werden ebenfalls zu Klassikern.

Ihr Lieblings-Filmpartner sei Robert Redford gewesen, sagt Streisand. «Wir wussten nie genau, was der andere machen würde, haben uns genau beobachtet und waren aneinander interessiert, und ich glaube, die Zuschauer haben das gemerkt.» Streisand wird zum Weltstar mit Wiedererkennungswert – wegen ihrer unvergleichlichen Stimme, aber auch wegen ihrer auffallend grossen Nase. Zu einer Operation habe sie sich aber nie überwinden können.

«Ich hatte Angst vor dem Schmerz. Und wie könnte ich dem ästhetischen Geschmack eines Arztes vertrauen? Wie würde ich wissen, dass er nicht zu viel wegschneidet?»

2015: Barbra Streisand wird von US-Präsident Obama mit der Medal of Freedom ausgezeichnet (Foto: Michael Reynolds/EPA/dpa)
2015: Barbra Streisand wird von US-Präsident Obama mit der Medal of Freedom ausgezeichnet (Foto: Michael Reynolds/EPA/dpa)

Am liebsten ist Streisand zu Hause, in dem aufwendig eingerichteten Anwesen an der Küste Kaliforniens, das sie mit Ehemann Brolin teilt. Aus ihrer ersten Ehe stammt Sohn Jason. Mühelos könne sie Tage mit Zeitunglesen und der Dekoration ihres Anwesens verbringen, erzählt sie in Interviews. Überhaupt gehe nichts über einen Kaffee im Bett. «Ich bin nämlich ziemlich normal, in vielerlei Hinsicht gewöhnlich.»

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