Bernmobil setzt auf Vielfalt … und auf Zweideutigkeit
Die Berner Verkehrsbetriebe bemühen sich bei der Personalsuche um Vielfalt und Inklusion
Mit ihrer Personalmarketingkampagne möchte sich Bernmobil auch bei Schwulen und Lesben als attraktive Arbeitgeberin positionieren. Die Berner Verkehrsbetriebe werben unter anderem mit Frauen- und Männerpaaren, lassen aber bewusst Interpretationsspielraum offen.
Die beiden Frauen sind verschmutzt, grinsen aber übers ganze Gesicht. Mit dem Mountainbike haben sie gerade den Singletrail auf dem Gurten, dem Berner Hausberg, absolviert. Sie lachen, die eine Frau nimmt die andere in den Arm und küsst sie auf die Wange. Danach ist die Geküsste auf der Arbeit zu sehen – sie ist als Buschauffeuse für Bernmobil unterwegs.
Die Plakat- und Videokampagne der Berner Verkehrsbetriebe will deutlich machen, dass ihre Arbeitnehmer*innen von attraktiven Arbeitsbedingungen profitieren und so genügend Zeit für einen Ausgleich aufbringen können.
Es scheint offensichtlich: Der Arm um den Hals und der Kuss auf die Wange – bei den beiden Frauen handelt es sich um ein Paar. Oder nicht? Rolf Meyer, Mediensprecher von Bernmobil, verweist auf ein anderes Sujet, das zwei Männer gemeinsam in der Sauna zeigt. Auch hier stellt die Werbung klar: Freizeit und Gesundheit sollen bei Bernmobil nicht zu kurz kommen.
Bernmobil hatte die Kampagne abgelehnt, jetzt hängt sie in Zürcher Trams und Busse
Ob es sich bei den dargestellten Personen aber wirklich um Paare handelt, will Bernmobil bewusst offenlassen. «Dies soll der Interpretation der Betrachterinnen und Betrachter überlassen werden», sagt Meyer gegenüber der Mannschaft. «Die Zweideutigkeit des Sujets war bewusst gewollt, um die Vielfalt bei Bernmobil zu zeigen.»
«Bei Bernmobil sind alle willkommen» Die Sujets der Personalmarketingkampagne von Bernmobil sind tatsächlich vielfältig. Nebst den Männer- und Frauenpaaren sind eine Frau mit dunkler Hautfarbe auf dem Sofa zu sehen, ein Mann und eine Frau kuschelnd auf einem Bett sowie eine Frau mit Kind – hier handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine alleinerziehende Mutter.
«Bernmobil will mit der Kampagne die gesamte Vielfalt aufzeigen, also nicht nur das Thema sexuelle Orientierung», sagt Meyer. «Die Agentur hat dies mit den entsprechenden Sujets umgesetzt.»
Zwei Lesben würden sich anders küssen.
«Ein aktives, positives Frauenbild» Andrea Gurtner, Professorin für Human Ressource Management an der Berner Fachhochschule, fühlt sich vom Sujet der beiden Frauen angesprochen. «Das Bild transportiert für mich ein aktives, positives Frauenbild», sagt sie zur Mannschaft. Hinzu komme, dass die beiden Frauen mit dem Singletrail eine explizit männlich konnotierte Variante einer ohnehin schon von Männern dominierten Sportart, des Velofahrens, ausüben.
Allerdings identifiziere das Bild die beiden Frauen nicht eindeutig als Lesben. «Zwei Lesben würden sich anders küssen», sagt sie. «Ich vermute aber, dass gerade durch diese leise Irritation die Aufmerksamkeit geweckt und das Bild noch ein zweites Mal angeschaut wird.» Diese Irritation spreche für die Werbung von Bernmobil, aber auch für eine positive Wahrnehmung von Lesben. «Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob es Lesben sind oder nicht. Frauen und Lesben sind Teil der Gesellschaft», sagt sie. «Und das ist für mich ein Zeichen von Inklusion: Teil davon sein, vielleicht gleich, vielleicht anders, es ist nicht so wichtig.»
Das Sujet der beiden Männer findet Gurtner weniger treffend. «Die zwei Männer sind nicht als Schwule identifizierbar», sagt sie. Zudem seien «Schwule in der Sauna» ein zu stereotypes Bild. «Hier finde ich die Irritation, falls es eine sein soll, weniger gut gelungen.»
Die Vielfalt als Bereicherung Die in der Kampagne von Bernmobil angesprochenen Arbeitsbedingungen klingen attraktiv: 40-Stunden-Woche, Wunschdienstplan, Gesundheitsmanagement und Lebensarbeitszeitmodell. Bietet Bernmobil auch ein offenes und tolerantes Klima für Personen, die sich als schwul oder lesbisch identifizieren? «Wir betrachten die Vielfalt als Bereicherung und als Potenzial für unsere Entwicklung, das umfasst auch die sexuelle Orientierung», sagt Meyer. «Bei Bernmobil sind alle Personen ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung willkommen.»
Meyer betont, dass man in den letzten Jahren diverse Schulungen, Broschüren und Kommunikationsmassnahmen umgesetzt habe, um die Vielfalt im Unternehmen zu verankern. «Bernmobil hat eine fachverantwortliche Person für das Thema Vielfalt bestimmt und für den Fall von Diskriminierung sowohl interne als auch externe Kontaktpersonen bezeichnet», sagt er.
Das Image gegen aussen ist das eine, ob das LGBTIQ-Engagement gegen innen auch tatsächlich gelebt wird, das andere. «LGBTIQ-Menschen können sich überlegen, ob sie sich beim Unternehmen bewerben wollen», sagt Andrea Gurtner. «Im Bewerbungsgespräch kann das Thema auf jeden Fall mit Verweis auf die Werbung oder die Homepage besser angesprochen werden. Falls es innen nicht gelebt wird, gibt es ja immer noch die sozialen Medien und die Bewertungsplattform Kununu».
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