Bekommt die SPD einen schwulen Vorsitzenden?
Europa-Staatsminister Michael Roth und die frühere NRW-Familienministerin Christina Kampmann haben als erstes Duo angekündigt, für den SPD-Vorsitz zu kandidieren
Seit Montag können sich die Genossen bewerben: Als erstes haben nun Europa-Staatsminister Michael Roth und die ehemalige Familienministerin Christina Kampmann aus NRW ihre Kandidatur für die SPD-Doppelspitze angekündigt.
«Wir beide vertrauen uns gegenseitig. Deshalb trauen wir es uns zu, in einer schwierigen Lage als Team für den Parteivorsitz anzutreten», sagte Kampmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Michael Roth erklärte, die deutschen Sozialdemokraten würden momentan «bestenfalls als ordentlich arbeitender Reparaturbetrieb, aber nicht als spannender Ort grosser Debatten und Visionen wahrgenommen». Das wolle man ändern.
Die beiden SPD-Politiker betonten, sie blickten dem Bewerbungsprozess der kommenden Monate optimistisch entgegen: «Dieser Prozess ist für die SPD eine tolle Chance, sich von ihrer besten Seite zu zeigen: Frischer als bisher und mit einer Streitkultur, die von Respekt getragen ist», sagte Roth dem RND. Laut Kampmann spürten die beiden bereits jetzt «viel Zuspruch» für die Kandidatur; beide freuten sich auf die gemeinsame Tour durch Deutschland.
Mit Roth könnte die SPD den ersten offen schwulen Vorsitzenden bekommen. Im MANNSCHAFT-Interview Ende 2017 sagte er: «Als Europa-Staatsminister wurde mir sehr eindrücklich vor Augen geführt, wie dramatisch schlecht es um LGBTIQ-Rechte in Europa und weltweit steht. Da habe ich mich verpflichtet gefühlt, auch ein öffentliches Bekenntnis abzulegen, und mich persönlich und wahrnehmbarer für LGBTIQ-Rechte einzusetzen.» Es mache Menschen eben in Ländern Mut, in denen Schwule und Lesben massiv unterdrückt und ausgegrenzt werden oder es gar lebensgefährlich ist, homosexuell zu sein.
Null Probleme damit, als schwuler Politiker wahrgenommen zu werden
«Deshalb habe ich null Probleme damit, als schwuler Politiker wahrgenommen zu werden, der ganz aktiv die Interessen von LGBTIQ vertritt. Ich verstehe das genauso wie meinen Einsatz für Roma und Sinti als Menschenrechtspolitik. Unsere Community in Deutschland ist zu sehr auf sich selbst fokussiert. Wir schauen viel zu wenig, wie es andernorts auf der Welt aussieht. Wir haben viel erreicht in vielen europäischen Ländern. Jetzt sollten wir auch mal was zurückgeben – und zwar weltweit», so Roth.
Wenn sich Rechtspopulisten als Homo-Versteher aufspielen
Zuvor war bereits ein Duo ins Gespräch gebracht worden, das ebenfalls aus einem schwulen Mann und einer weiblichen Co-Kanditatin besteht: Juso-Chef Kevin Kühnert und Gesine Schwan. Die 76 Jahre alte Politikwissenschaftlerin, die 2004 und 2009 erfolglos als Bundespräsidentin kandidiert hatte, hatte erklärt, sie könne sich das vorstellen. Der 46 Jahre jüngere Kühnert aber offenbar nicht, jedenfalls hat er sich dazu bisher nicht geäussert. Auch eine MANNSCHAFT-Anfrage liess er unbeantwortet. Jan Feddersen nannte die beiden in der taz ob ihres Altersunterschiedes, aber auch ob der ungewöhnlichen Paarung: eine Art «Harold und Maude» der deutschen Politikgeschichte.
Seit Montag können sich SPD-Mitglieder um den Parteivorsitz bewerben. Zwei Monate ist dafür Zeit: Die Bewerbungsfrist endet am 1. September, danach sollen die Genossen abstimmen.
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